Freitag, 29. März 2024
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Brot + Co.: Wollen Verbraucher wirklich immer volle Regale?

Bonn. (aid) Die Optimierung der Retouren aus Bäckereien und Bäckerei-Filialen ist der wichtigste Hebel zur Vermeidung von Lebensmittelmüll bei Backwaren. Dazu muss ein Bäckereiunternehmen zunächst den Status Quo erheben, schreibt der aid Infodienst: An welchen Wochentagen und in welchen Filialen fallen die meisten Reste an, welche Produkte sind wo besonders gefragt und selbst die Wetter-Prognosen müssen Eingang in eine optimierte Planung finden.

Ergebnisse hierzu stellten Professor Guido Ritter und Lena Heitkönig von der FH Münster während der Tagung «Von der Verschwendung zur Wertschätzung von Lebensmitteln» des Umweltministeriums NRW vor (MKULNV). Es habe sich gezeigt, dass allein das Erfassen der Backwarenabfälle in den kooperierenden Bäckereien zu einem Umdenken und besserer Planung geführt hätten. Bei den sechs teilnehmenden Handwerksbäckern waren vorab Retourenquoten von 3,8 bis über 16 Prozent ermittelt worden. Das waren durchschnittlich 2.730 Kilogramm für eine Bäckerei. Der monetäre Verlust war entsprechend erheblich: Der Gesamtabfall in einer Messwoche in einer Bäckerei summierte sich auf durchschnittlich 15.700 Euro.

Die Wissenschaftler haben im Rahmen einer Befragung von 500 Verbrauchern (online und in persönlichen Interviews) ermittelt, dass die Hälfte der Befragten das große Brot-Angebot oft eher als «Belastung» empfindet. Also ein echtes Luxusproblem. Überdies gaben viele an, ab 18.00 Uhr reduzierte Angebote gerne annehmen zu wollen.

Was offensichtlich in den Bäckereien oder Filialen von Großbäckern gleichermaßen fehlt, ist eine qualifizierte Beratung zu Themen wie Lagerung und zum optimalen Genusszeitpunkt verschiedener Brote. So würden auch Roggenbrote, die ihren Geschmack erst gereift entfalten, viel zu früh als «alt» entsorgt. Auch Fragen zum sogenannten «rework» würden die Verbraucher interessieren. Unter «rework» versteht die Branche den Einsatz von Restbrot in der Herstellung von Brot- und Backwaren, der vielfach eine erhebliche Qualitätsverbesserung mit sich bringt.

Das Beratungspotenzial halten die Münsteraner daher für bei weitem nicht ausgeschöpft. Kurzfristiges Ziel in der Verbraucherkommunikation müsse die Sensibilisierung für das Thema sein. Langfristig helfe nur, die Wertschätzung für das Produkt zu erhöhen und die Bedeutung eines authentischen Geschmacks von Brot wieder zu beleben.

Vorbild für eine konzertierte Aktion zur Reduktion der Abfälle bei den Backwaren könnte Großbritannien sein. Dort wurden im Rahmen des «Waste and Ressources Action Programme«» (WRAP) in fünf Jahren bereits 228.000 Tonnen Backwarenabfälle eingespart, die nicht weggeworfen werden mussten. Das entsprach einer Verringerung von 34 Prozent.

Die Studie «Verringerung von Lebensmittelabfällen – Identifikation von Ursachen und Handlungsoptionen in NRW» (180 Seiten, 20’534 KB) können sich Interessenten seit nunmehr zwei Jahren vom Server der Fachhochschule Münster herunterladen. Die Studie gibt es auch als Kurzfassung, wobei Interessenten mit der Langfassung besser bedient sind. Suchen Sie innerhalb der PDF-Datei mit «F3» nach «bäcker», dann kommen Sie an allen für Sie relevanten Textpassagen vorbei.

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