Berlin. (zv) Jetzt weiß der Schwabe Cem Özdemir auch, wie schwäbische Brezeln handwerklich hergestellt werden. Die entsprechenden Fähigkeiten erlernte der amtierende Botschafter des Deutschen Brotes bei einem gemeinsamen Backen mit dem Inhaber der Bäckerei Baier, Jochen Baier, und der Vorstandsvorsitzenden der Werbegemeinschaft des deutschen Bäckerhandwerks Maren Andresen in Herrenberg. Natürlich durfte der Grünen-Politiker dabei auch selbst zu Werke gehen – und bewies durchaus Geschick beim Schlingen, Einritzen und Salzen des schwäbischen Nationalgebäcks. «Sie machen das gut», lobte Baier den Gast aus Bad Urach.
Ein Ort ohne Bäckerei verliert einen Teil seiner Identität
Im Mittelpunkt des Meinungsaustauschs zwischen Politik und Handwerk stand die Nachwuchskampagne «Back dir deine Zukunft» der Werbegemeinschaft des Deutschen Bäckerhandwerks, die der Brotbotschafter als Schirmherr begleitet. «Ich möchte für die Ausbildung in diesem tollen Beruf werben, der für mich einen hohen Stellenwert genießt, und den es auch in Zukunft noch geben muss», sagte Özdemir. Ein Studium, erklärte der Grünen-Spitzenkandidat, sei nicht die einzig denkbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Karriere.
Zugleich appellierte er an die Verbraucher, selbst einen Beitrag zur Zukunft des Handwerks zu leisten: «Das kann jeder von uns tun, in dem er das Brot dort kauft, wo man es kaufen sollte, also beim Bäcker». Für ihn, sagte Özdemir weiter, seien Handwerksbetriebe ein zentrales Merkmal der Infrastruktur von Städten und Gemeinden: «Ein Ort ohne Bäckerei oder Metzgerei verliert einen Teil seiner Identität».
Junge Menschen für das Bäckerhandwerk begeistern
Maren Andresen, die auch dem Präsidium des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks (ZV) angehört, bezeichnete die 2010 aufgenommene Kampagne «Back dir deine Zukunft» als großen Erfolg in dem Bemühen, junge Menschen für das Bäckerhandwerk zu begeistern: «Allein im ersten Halbjahr 2017 verzeichnete die Webseite mehr als 100.000 Besucher und 330.000 Seitenaufrufe».
Zu den beliebtesten Seiten im selben Zeitraum gehöre die Stellenbörse mit 180.000 Aufrufen. Für den Erfolg der Kampagne spreche zudem, dass sie zu 80 Prozent die gewünschte Zielgruppe der 15- bis 24-Jährigen erreiche. Zwei Drittel der Auszubildenden im Bäckerhandwerk haben sich laut Andresen vor dem Start ins Berufsleben auf der Webseite informiert. «Das kann sich sehen lassen».
Stellenjbörse stößt auf große Resonanz
Vor diesem Hintergrund appellierte die Bäckermeisterin an ihre Kollegen, verstärkt freie Ausbildungsplätze auf der Stellenbörse anzubieten. Ebenso erfolgreich wie die Webseite sei ihr Ableger auf Facebook mit bisher 180.000 «Fans». «Wir brauchen den gut ausgebildeten Nachwuchs, um uns im Kampf mit der Brotindustrie weiterhin behaupten zu können», betonte Andresen.
Wichtige Protagonisten der Veranstaltung waren nicht zuletzt Baiers Auszubildende Nora Volbracht und Kira Kusterer. Die 24-jährige Nora Volbracht hat gerade ihr zweites Lehrjahr zur Konditorin begonnen und meistert den Spagat zwischen ihrer Familie mit zwei kleinen Kindern und dem Beruf. «Das ist eine Herausforderung, passt aber unter einen Hut, weil ich schon wieder zuhause bin, wenn meine Söhne aus der Kita kommen», sagt die junge Mutter, für die Konditorin der Traumberuf ist.
Ihre 17-jährige Kollegin Kira Kusterer aus Nagold startet im September ins zweite Lehrjahr zur Bäckerin. Sie hat ihr Hobby zum Beruf gemacht, möchte gleich nach der Prüfung noch Konditorin lernen und dann ihre Meistertitel erwerben. Und sie hat keinen Zweifel an der Zukunft des Handwerks: «Bäcker werden immer gesucht und gebraucht». Wenn sie ihren Meister in der Tasche hat, möchte Nora erst einmal auf Weltreise gehen und ihr Können auf einem Schiff unter Beweis stellen.
«Handwerkerstolz» mit mehr Selbstverständnis leben
Für Jochen Baier liegt der Schlüssel darin, «… unseren Handwerkerstolz noch intensiver zu leben und ihn an die jungen Menschen weiterzugeben». Wichtig sei überdies, das Bewusstsein potenzieller Auszubildender für den Wert der Arbeit des Bäckers zu schärfen, um so die Identifikation mit dem Beruf zu erhöhen. Der Herrnberger Bäcker- und Konditormeister plädierte zudem dafür, die Auszubildenden nicht als günstige Arbeitskräfte zu betrachten, sondern ihnen frühzeitig Verantwortung zu übertragen.
Darüber hinaus müssten sich die Betriebe laut Baier verstärkt in ihre Auszubildenden hineinversetzen sowie mit Feingefühl und Menschenkenntnis auf sie zugehen. Ein entscheidender Punkt ist seiner Meinung nach auch die Vorbildfunktion des Meisters: «Ich kann nur das einfordern, was ich auch selbst erbringe», betonte Baier, dessen Bäckerei von der Handwerkskammer Stuttgart zum besten Ausbildungsbetrieb der Region gekürt worden ist (Foto: Werbegemeinschaft des Deutschen Bäckerhandwerks e.V. / Martin Blath).
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