Dienstag, 19. März 2024
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Backhefe: Energie- und Rohstoffkrise bedroht die Herstellung

Bonn. (dvh) Die Hefeindustrie nimmt innerhalb der komplexen Lieferketten der Ernährungsindustrie eine Schlüsselposition ein, weil sie für zahlreiche Branchen – allen voran Handwerks- und Großbäcker, Brauereien und Winzer – eine wertvolle und unersetzliche Zutat bereitstellt: Hefe.

Die deutsche Hefeindustrie spielt somit für die lokale Versorgungssicherheit mit Grundnahrungsmitteln, wie zum Beispiel Brot, eine unersetzliche Rolle. Die besorgniserregenden Entwicklungen auf dem Energie- und Rohstoffmarkt bedrohen derzeit aber massiv die Herstellung von Backhefe.

Die Produktion von Backhefe beruht auf der natürlichen Vermehrung von Hefezellen in großen Fermentern. Um sich optimal vermehren zu können, benötigt die Hefe ausreichend Nährstoffe, eine kontinuierliche Luftzufuhr und eine ununterbrochene Kühlung. Daneben muss das Nährmedium nach der Trennung von der Hefe aufwendig aufbereitet werden, um daraus wertvolle Futtermittel und Agrarrohstoffe im Rahmen der Kreislaufwirtschaft zu erzeugen.

Darüber hinaus müssen die verwendeten Fermenter, Tanks und Rohrleitungen regelmäßig und gründlich mit Dampf gereinigt werden, um eine Kontamination der Hefe zu vermeiden. Für all diese Prozessschritte ist eine ausreichende Versorgung mit Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen unabdingbar. Insofern sind die Produktionsbetriebe von den sprunghaft angestiegenen Energiekosten extrem betroffen. Neben der zuvor beschriebenen Energieversorgung ist die Versorgung der Hefeindustrie mit den für die Hefevermehrung essenziellen Nährstoffen entscheidend.

Neben Vitaminen und Mineralstoffen ist insbesondere eine ausreichende Zufuhr von stickstoff- und phosphathaltigen Nährstoffen erforderlich. Hieraus folgt eine große Abhängigkeit der Hefeindustrie von den Stickstoff- und Phosphatherstellern, die seit dem russischen Überfall auf die Ukraine ebenfalls unter einem erheblichen Druck stehen. Derzeit sind zirka 70 Prozent der Stickstoff-produzierenden Kapazitäten in der europäischen Union aufgrund der hohen Gaspreise abgeschaltet oder produzieren auf Minimallast. Betroffen hiervon ist nicht nur die europäische Düngemittelindustrie, sondern auch die Hefeindustrie, die von der Versorgung mit diesem Grundstoff in hohem Maße abhängig ist. Ohne die sichere Versorgung mit stickstoffhaltigen Nährstoffen kann die Hefeindustrie ihren Versorgungsauftrag weder quantitativ noch qualitativ erfüllen. Um es deutlich zu sagen: Kein Stickstoff – Keine Hefe – Kein Brot.

Vor diesem Hintergrund wird klar, dass nur ein wettbewerbsfähiger Gas- und Energiepreis in Deutschland und der EU die Situation entspannen könnte, auch was die Versorgung mit wichtigen Nährstoffen betrifft. Die Hefeindustrie als Teil der Ernährungsindustrie und deren Zulieferindustrie benötigen von der Politik dringend eine spürbare Entlastung, um die aktuelle Energie- und Rohstoffkrise zu überstehen und am Standort Deutschland weiterhin produzieren zu können. Das sich abzeichnende »Aus« für die Gasumlage ist aus Sicht der Lebensmittel produzierenden Unternehmen zu begrüßen, aber weitere Entlastungen werden unerlässlich sein.

Der Deutsche Verband der Hefeindustrie (DVH) berät seine Mitglieder und vertritt ihre wirtschaftlichen und fachlichen Interessen gegenüber Behörden und Regierungsstellen. Der Deutsche Verband der Hefeindustrie wirkt als Mitglied des Europäischen Verbandes der Hefehersteller (COFALEC) aktiv an dessen Entscheidungen und Empfehlungen mit (Foto: pixabay.com).

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