Bissendorf. (eb) Aktionismus, zu finden unter Hashtags wie #wirbackendas oder #offenfürdich, können sich Deutschlands Bäckereien schenken. Die sind bestimmt gut gemeint. Nur bringen tun sie nix. Im Gegenteil: Die Kampagnen lenken nur ab vom Wesentlichen. Das weiß jetzt auch die Bäckerei Brinkhege GmbH + Co. KG aus dem Landkreis Osnabrück, vertreten durch die Bäckerei Brinkhege Beteiligungsgesellschaft mbH einerseits sowie Marianne Brinkhege andererseits. Beide sind persönlich haftende Gesellschafterinnen.
Vor dem Amtsgericht Osnabrück hat die Bäckerei Brinkhege am 26. Mai 2020 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und auf Anordnung der Eigenverwaltung gestellt. Zum vorläufigen Sachwalter bestellte das Amtsgericht den Rechtsanwalt Stefan Meyer von der Pluta Rechtsanwalts GmbH in Osnabrück (AZ:60.IN.12/20). Die Osnabrücker Zeitung titelt sofort: «Opfer der Corona-Krise – Bäckerei Brinkhege stellt Insolvenzantrag». Leider ist das nur bedingt richtig.
Gewiss wurde das strukturell gesunde Unternehmen mit 42 Filialen und gut 450 Mitarbeitenden kalt erwischt von der Covid-19-Pandemie. Folgerichtig führt Geschäftsführerin Heike Brinkhege die finanziellen Probleme auf die Einschränkungen zurück, die durch die Pandemie ausgelöst wurden. In der Folge ticken nun Kunden anders, muss das Filialgeschäft anderen Dynamiken gehorchen und stornieren nicht wenige Großkunden gewohnte Großaufträge – zum Beispiel Kantinen. Auch (oder gerade …) das BrinkhegeCatering ist momentan nicht geeignet, Umsatzeinbrüche an anderer Stelle aufzufangen.
Die mittel- bis langfristigen Zukunftsaussichten des 1929 gegründeten Familienbetriebs beurteilt Heike Brinkhege optimistisch. Statt neue Schulden zu machen, hat sie sich deshalb für die Insolvenz in Eigenverwaltung entschieden. Die Arbeitsplätze bleiben nach Möglichkeit alle erhalten, ein Sanierungsplan soll in spätestens drei Monaten vorliegen. Davor haben wir nicht wenigen Respekt.
Andererseits: Die Coronakrise hat den Siegeszug des Onlinehandels noch einmal deutlich beschleunigt. Hier muss kritisch hinterfragt werden, welche Bäckereien über genug Kreativität verfügen, um mit dieser Entwicklung Schritt halten zu können.
Brinkhege hat hier zwei Pluspunkte. Das Unternehmen ist seit jeher dafür bekannt, Impulse zu setzen und hat für seinen Innovationsgeist schon mehrere Auszeichnungen erhalten. Zudem ist die Bissendorfer Traditionsbäckerei schon vor der Coronakrise erste Schritte in Richtung E-Commerce gegangen. Durch die Kooperation mit dem Osnabrücker StartUp meinfruehstueck24.de hat Brinkhege Weitsicht gezeigt und die eigene Beweglichkeit im digitalen Raum unter Beweis gestellt. Hier warten neue Geschäftsfelder darauf, vollständig erschlossen zu werden. Bei der Wahrnehmung dieser Chancen erübrigen sich dann auch die eingangs genannten Hashtags – weil Bäcker wieder als das auftreten können, was sie sind: Lösungsanbieter. Frei nach dem Motto #WIRmachendas! (Foto: pixabay.com).
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