München. (olg) Das Oberlandesgericht München hat in dieser Woche die Berufung des Klägers – der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs – zurückgewiesen und damit die Entscheidung des Landgerichts München II bestätigt (Aktenzeichen: 6.U.2188/18).
Der Kläger verlangt von der Beklagten, einer Bäckerei, die Brot-, Back- und Konditoreiwaren herstellt und in Filialen in München vertreibt, wegen angeblicher Verstöße gegen die Bestimmungen des Ladenschlussgesetzes es zu unterlassen, Backwaren zum Mitnehmen an Sonn- und Feiertagen über eine Dauer von mehr als drei Stunden zum Verkauf anzubieten. Das Landgericht München II hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hiergegen blieb nun ohne Erfolg.
Anlass des Rechtsstreits sind einige Testkäufe, bei denen in Filialen der Beklagten in München an verschiedenen Sonn- respektive Feiertagen Vollkornsemmeln, Römer-Semmeln, Brezen, Brote und andere Backwaren verkauft wurden und zwar in einem Zeitraum, der über die drei Stunden hinausgeht, die das Ladenschlussgesetz und die Verordnung über den Verkauf bestimmter Waren an Sonn- und Feiertagen vorsehen. Die Beklagte unterhält in diesen Filialen Bäckerei-Verkaufsstellen mit Sitzgelegenheiten zum Verzehr von Speisen und Getränken vor Ort. Ob es sich hierbei um den Betrieb einer Gaststätte im Sinne des Gaststättengesetzes handelt, ist zwischen den Parteien umstritten.
Das Landgericht hatte die Klage auf Unterlassung des Verkaufs von unbelegten Semmeln und Broten an Sonn- und Feiertagen über einen Zeitraum von mehr als drei Stunden abgewiesen, weil es davon ausging, dass die Verkäufe, die der Kläger der Beklagten zur Last legt, durch das Gaststättengesetz gedeckt seien. Danach, das heißt nach der Regelung in Paragraf 7 Abs. 2 Nr. 1 des Gaststättengesetzes dürfe der Schank- oder Speisewirt auch außerhalb der Sperrzeit zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch zubereitete Speisen, die er in seinem Betrieb verabreiche, an jedermann über die Straße abgeben. Einen Verstoß gegen das Ladenschlussgesetz verneinte das Landgericht.
Der 6. Senat des Oberlandesgerichts München hat in seiner jetzigen Entscheidung nun bestätigt, dass dem Kläger keine Unterlassungsansprüche gegen die beklagte Bäckerei zustehen. Die streitgegenständlichen Verkäufe von unbelegten Brötchen und Broten begründen nach Auffassung des OLG keinen Verstoß gegen die Regelungen des Ladenschlussgesetzes (Paragraf 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 12 LadSchlG) und der Sonntagsverkaufsverordnung (Paragraf 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SonntVerkV), weil sie nach dem Gaststättengesetz (Paragraf 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG) erlaubt seien.
Der Senat stellte zunächst fest, dass der Verkauf von Backwaren durch die Beklagte an Sonn- und Feiertagen über einen Zeitraum von mehr als drei Stunden an den genannten Tagen unstreitig sei. Diese Verkäufe seien jedoch durch die Ausnahmeregelung im Gaststättengesetz gedeckt und damit zulässig. Dies deshalb, weil die Beklagte in den jeweiligen Filialen ein Gaststättengewerbe betreibe, da in den Filialen Sitzgelegenheiten vorhanden seien, an denen die Kunden vor Ort Speisen und Getränke zu sich nehmen könnten. Es handle sich um sogenannte Mischbetriebe aus Ladengeschäft und Cafébetrieb. Dabei komme es auch nicht darauf an, welcher Teil überwiege. Ausreichend sei, dass die Bewirtungsangebote mit Sitzgelegenheiten in Bäckereibetrieben mit angeschlossenen Cafés auch tatsächlich genutzt würden.
Die weiteren Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung des Gaststättengesetzes bejahte der Senat. Insbesondere könne sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es sich bei den an der Verkaufstheke verkauften Backwaren nicht um «zubereitete Speisen» im Sinne des Gaststättengesetzes handeln würde. Denn bei den von der Beklagten hergestellten Brote und Brötchen handele es sich um verzehrfertige Nahrungsmittel, deren Rohstoffe durch den Backvorgang zum Genuss verändert worden seien. Die Brote und Brötchen würden auch im jeweiligen Betrieb der Beklagten verabreicht. Es entspreche der Lebenserfahrung, dass die Gäste eines Cafés mit angeschlossener Bäckerei dort auch unbelegte Brötchen und/oder Brot und sonstige Backwaren bestellen können, etwa im Rahmen eines Frühstücks. Solange es sich bei dem Straßenverkauf nicht um größere Mengen handle, sei davon auszugehen, dass die verkaufte Ware auch zum alsbaldigen Verzehr respektive Verbrauch bestimmt sei.
Der Senat hat dem Kläger die ebenfalls geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten nicht zuerkannt und die Anschlussberufung der Beklagten, die mit Widerklage ihre vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von dem Kläger erstattet verlangt, ebenfalls zurückgewiesen.
Der Senat hat die Revision zum BGH zugelassen, weil er davon ausging, dass über die Auslegung der maßgeblichen Vorschrift im Gaststättengesetz bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden ist und sich diese Frage in einer Vielzahl weiterer Fälle stellen kann.
WEITERE THEMEN AUS DIESER RUBRIK FÜR SIE:
- Zahl der Insolvenzen steigt statistisch gesehen deutlich
- Circus SE: beabsichtigt die Übernahme der Campo Group
- Globus: behauptet sich auch 2023-2024 erfolgreich
- Stack.IT: Schwarz Gruppe kooperiert umfassend mit Google
- Circus Group: partnert mit High-Tech-Auftragsproduzenten
- Migros Zürich: beschließt umfassende Sanierung von Tegut
- Mit Ministerin: Spatenstich für «Plant Based Ingredients»
- Delivery Hero: kommt im Q3-2024 kontinuierlich gut voran
- Studie bestätigt: Nachhaltigkeit muss wirtschaftlich sein
- Nestle AG: Modern Arbeiten in der neuen Deutschlandzentrale
- Fazer: stellt Dampferzeugung auf fossilfreie Energie um
- Migros Gruppe: Investitionen treiben Transformation voran
- HelloFresh: kann Gruppenumsatz im Q3-2024 halten
- UTP: BLE untersagt Edeka zu lange Zahlungsziele
- EUDR: BMEL leitet Länder- und Verbändeanhörung ein
- KI: Wirtschaft wünscht sich Lösungen aus Deutschland
- Starbucks: veröffentlicht vorläufige Ergebnisse und suspendiert Prognose
- EPP kooperiert mit Jufeba auf dem britischen Markt
- Just Eat Takeaway: veröffentlicht Q3-2024 Handels-Update
- Coop Schweiz: übernimmt Pronto vollständig