München. (liv) Über 400 Delegierte und Gäste zählte der Verbandstag des Landesinnungsverbands für das bayerische Bäckerhandwerk (LIV) Ende Juni an der Isar. Ministerpräsident Horst Seehofer hielt die Festrede und bevor die Delegierten mit den turnusgemäßen Vorstandswahlen einen Generationswechsel vollzogen, holte der scheidende Landesinnungsmeister Heinrich Traublinger MdL a. D. bei seinem Jahresbericht noch einmal richtig aus und nutzte die Gelegenheit, um eine Reihe von aktuellen branchenrelevanten politischen Themen anzusprechen. Für das Bäckerhandwerk als energieintensive Branche kam dabei die Energiewende der Bundesregierung deutlich zur Sprache: «Was wir vermissen», monierte Traublinger, «ist ein umfassendes Konzept in der Energiepolitik. Es kann jedenfalls nicht sein, dass die Verbraucher und die mittelständische Wirtschaft nahezu ausschließlich die Kosten tragen». In seiner Festrede, in der Seehofer einige Vorlagen Traublingers aufgriff, würdigte er gleichwohl die Sachkunde und Durchsetzungskraft, die Traublinger über Jahre hinweg an der Spitze des bayerischen Bäckerhandwerks auszeichneten.
Die bestätigte der Landesinnungsmeister auch beim Vortrag seines Berichts. Temperamentvoll setzte er sich vor allem mit den lebensmittelrechtlichen Themen Farbbalken-Kennzeichnung und Novelle des Verbraucherinformationsgesetzes auseinander. Traublinger erinnerte daran, dass vor einem Jahr in der Verbraucherschutzministerkonferenz Bayern als einziges Bundesland gegen die Einführung einer verpflichtenden Farbbalkenkennzeichnung, mit der die Kontrollergebnisse der Lebensmittelüberwachung transparent gemacht werden sollen, gestimmt hat. Traublinger appellierte an den Ministerpräsidenten, dass sich Bayern nicht vom Weg der Vernunft abbringen lassen soll: «Wir gehen davon aus, dass Bayern auch künftig jeglichen bloßstellenden Transparenz-Lösungen eine unmissverständliche Absage erteilen wird».
Gegen die Neufassung des Verbraucherinformationsgesetzes, die am 01. September in Kraft treten wird, äußerte der scheidende Landesinnungsmeister erhebliche juristische Vorbehalte: Die gravierendste Belastung sieht das Bäckerhandwerk dabei in dem beschlossenen Eingriff des neuen Verbraucherinformationsgesetzes in den Paragraph 40 Lebensmittel- und Futtermittel-Gesetzbuch (LFGB). Demnach müssen die Behörden künftig Informationen von Fällen der Lebensmittelhygiene-Überwachung, in denen ein Bußgeldbescheid von 350 Euro zu erwarten ist, zwingend im Internet veröffentlichen, wurde in nicht unerheblichem Maße oder wiederholt gegen Verbraucherschutzvorschriften verstoßen. Dieses Vorhaben läuft laut Traublinger auf einen «Internet-Pranger» hinaus.
Mit Interesse beobachtet das Bäckerhandwerk deshalb ein laufendes Verfahren beim Europäischen Gerichtshof (EuGH). Darin geht es darum, dass bereits der bisherige Paragraph 40 LFGB nicht mit dem EU-Recht konform geht. Dem EuGH liegt ein Gutachten vor, wonach das in Paragraph 40 LFGB verankerte Recht der zuständigen Behörden, die Öffentlichkeit in bestimmten Fällen auch unter Nennung des Firmennamens über eine Missachtung von Vorschriften zum Verbraucherschutz zu informieren, gegen die Bestimmung der EU-Basisverordnung 178/2002 verstoße. Danach ist eine Information der Öffentlichkeit nur dann zulässig, wenn ein hinreichender Verdacht besteht, dass ein Lebensmittel ein Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier mit sich bringt. Eine dauerhafte Stigmatisierung der Betriebe ist für Traublinger nicht tragbar: «In einem Markt, der so dicht besetzt ist wie der Backwarenmarkt, kann das für betroffene Bäckereien sehr schnell das Aus bedeuten».
Delegiertentag wählt Karl-Heinz Hoffmann zum neuen Landesinnungsmeister
An die Reden von Landesinnungsmeister Traublinger und Ministerpräsident Seehofer schloss sich der geschäftsmäßige Teil der Mitgliederversammlung mit den Regularien und den Neuwahlen für den Vorstand und alle anderen Verbandsgremien an, die die Delegierten mit großer Einmütigkeit bestritten. Zum neuen Landesinnungsmeister (LIM) wählten die Delegierten Karl-Heinz Hoffmann, Obermeister (OM) der Bäckerinnung (BI) München und bisher einer der zwei Stellvertreter Traublingers. Als stellvertretende LIM gehören auch Josef Magerl, Bezirksobmann für die Oberpfalz sowie Kurt Held, Bezirksobmann (BOM) Mittelfranken dem neu gewählten Vorstand an. Weitere Vorstandsmitglieder sind Peter Mück (BOM Schwaben), Heinrich Traublinger jun. (BOM Oberbayern), Peter Landshuter (BOM Niederbayern), Harald Friedrich (BOM Oberfranken) sowie Wolfgang Rhein (BOM Unterfranken). Für sein herausragendes Engagement wurden Heinrich Traublinger sen. zudem höchste Ehren zuteil, in dem ihn die Delegierten zum Ehren-Landesinnungsmeister ernannten – in dankbarer Würdigung der Verdienste als stellvertretender LIM von 1975 bis 1990 sowie LIM von 1990 bis 2012. Von 1986 bis 2008 saß der Bäcker- und Konditormeister zudem im bayerischen Landtag. Als Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern sowie Präsident des Bayerischen Handwerkstags zeichnet er nach wie vor verantwortlich.