Donnerstag, 18. April 2024
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BDSI: Süßwarenindustrie blickt auf schwieriges Jahr 2021 zurück

Bonn. (bdsi) Der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) blickt für die Branche mit ihren genussbringenden Produkten im Jahr 2021 auf eine weitgehend stabile Entwicklung bei Absatz und Umsatz zurück. Die Produktionsmenge lag knapp über Vorjahresniveau (+1,3 Prozent), der Umsatz stieg um +2,2 Prozent. Die statistische Datenlage verstellt allerdings den Blick auf die wirtschaftlich deutlich angespannte Situation in der Branche. Die teils dramatische Steigerung von Rohstoffpreisen und auch der Kosten für Energie, Logistik und Verpackungsmaterialien machen den über 200 industriellen Herstellern von Süßwaren und Knabberartikeln in Deutschland neben den Auswirkungen der Corona-Pandemie besonders zu schaffen.

Folgen der Pandemie machen der deutschen Süßwarenindustrie stark zu schaffen

Derzeit erleben die Unternehmen an allen Stellen enorme Kostensteigerungen. Dies betrifft die Kosten für Rohstoffe, Verpackungen, Logistik, Energie, aber auch für Arbeitsschutz und Personal. Diese Belastungen sind in dieser Form bislang einmalig.

«Der Markt für wichtige Rohstoffe ist leergefegt, langjährig bestehende Lieferketten funktionieren nicht mehr. Dies kann auch Folgen für das bevorstehende Ostergeschäft haben, etwa dass nicht alle beliebten Produkte wie Schoko-Hasen wie geplant produziert werden können, weil wichtige Rohstoffe, Verpackungsmaterialien oder Frachtkapazitäten nicht ausreichend verfügbar sind», erläutert BDSI-Hauptgeschäftsführer Dr. Carsten Bernoth. «Besonders zu spüren bekommen die Hersteller deutliche Preiserhöhungen und teilweise auch Lieferschwierigkeiten beim Einkauf wichtiger agrarischer Rohstoffe wie Weizen, Soja und Zucker, aber auch bei Verpackungsmaterialien.»

Der Weizenpreis kletterte am Warenterminmarkt binnen eines Jahres um 50 Prozent auf ein neues Allzeithoch. Auch die Kosten für Milchpulver, Zucker, Sonnenblumen- oder Sojaöl sind stark gestiegen. Verursacht wurden diese Bewegungen unter anderem durch niedrigere Ernteerträge, geringere Importe aus Drittländern, aber auch einen Anstieg der Nachfrage in Asien.

Ebenfalls deutlich gestiegen sind die Kosten bei der Beschaffung von Verpackungsmaterialien und in den Bereichen Logistik und Energie. So hat sich der Strompreis für Industriekunden innerhalb eines Jahres verdoppelt. Am Terminmarkt der Energiebörse EEX kostet eine Megawattstunde (MWh) Strom knapp 70 Euro. Getrieben wird der Preis vom ebenfalls steilen Anstieg des CO2-Preises. Seit Anfang 2022 beträgt er 30 Euro pro Tonne Kohlendioxid.

Zudem gibt es in der internationalen Logistik weiterhin unzureichende Frachtkapazitäten auf der Straße und der Schiene wie auch auf Containerschiffen. Container sind für den Transport von Waren rund um den Globus Mangelware. Als Folge der Corona-Pandemie und eines zeitweise brachliegenden Welthandels haben viele Firmen ihre Kapazitäten und Bestände abgebaut. Nun treffen diese verkleinerten Produktionskapazitäten auf eine sprunghaft steigende Nachfrage. Kostete der Transport eines Standard-40-Fuß-Containers von Shanghai nach Rotterdam im Dezember 2020 noch rund 2.000 US-Dollar, lagen die Frachtraten ein Jahr später (Dezember 2021) bei fast 10.000 US-Dollar (World Container Index).

«Die Belastungsgrenze ist erreicht. Die Politik ist jetzt gefordert, besonders mittelständische Unternehmen vor weiteren kostspieligen und bürokratischen Belastungen zu schützen. Ansonsten droht mittelfristig der Verlust der sich bislang als robust erwiesenen mittelständischen Wirtschaftsstruktur in Deutschland», so Dr. Carsten Bernoth weiter.

Bei den Herstellern von Süßwaren und Knabberartikeln wächst zudem die Sorge vor Personalengpässen in der Produktion: Durch die sich schnell ausbreitende Omikron-Variante drohen steigende Krankenstände und Quarantäne-Ausfälle. In Einzelfällen gibt es schon jetzt vorübergehende Lieferengpässe durch Corona-Ausbrüche. «Für unsere Branche können wir sagen: Die Hersteller und ihre Beschäftigten unternehmen alle organisatorischen und finanziellen Anstrengungen, um während der Krise weiterhin lieferfähig zu bleiben», erläutert Dr. Carsten Bernoth.

Zunehmender Mangel an Fachkräften

Die Süßwarenindustrie ist in allen Regionen Deutschlands ein bedeutender und stabiler Arbeitgeber und leistet gerade im ländlichen Raum einen wichtigen Beitrag für Wohlstand und Beschäftigung. Die deutsche Süßwarenindustrie beschäftigte als viertgrößte Branche in der Ernährungsindustrie im Jahr 2021 rund 50.000 Mitarbeiter. Zu den zentralen Herausforderungen für fast alle Unternehmen gehört die Rekrutierung von Fachkräften, besonders in der Produktion, aber auch in den Arbeitsfeldern Logistik und Vertrieb. Auch die Suche nach Saisonarbeitskräften gestaltet sich für viele Unternehmen immer schwieriger. In vielen Regionen herrscht Vollbeschäftigung und Fachkräfte sind kaum zu bekommen.

Konjunkturentwicklung der deutschen Süßwarenindustrie 2021

Nach Schätzungen des BDSI stieg die Produktion der in Deutschland hergestellten Süßwaren und Knabberartikel im Jahr 2021 leicht auf 3,9 Millionen Tonnen (+1,3 Prozent). Wertmäßig entwickelte sich die Produktion mit rund 13,1 Milliarden Euro ebenfalls positiv (+2,2 Prozent). Den Schätzungen des BDSI liegen die amtlichen Zahlen des Statistischen Bundesamtes und die Marktdaten der einschlägigen Marktforschungsinstitute zugrunde.

Das Inlandsangebot (= Produktion + Einfuhr – Ausfuhr) lag im Jahr 2021 mengenmäßig bei knapp 2,7 Millionen Tonnen (-0,2 Prozent), der Inlandsumsatz bei schätzungsweise 9,2 Milliarden Euro (+2,1 Prozent).

Erholung des wichtigen Exportgeschäfts mit Süßwaren trotz Brexit

Das für die deutsche Süßwarenindustrie so wichtige Exportgeschäft mit Süßwaren und Knabberartikeln konnte sich im Jahresverlauf 2021 trotz der globalen Coronavirus-Krise und weiterer Unwägbarkeiten im Welthandel, wie die Folgen des Brexits, erholen. Insgesamt wurden schätzungsweise 2,3 Millionen Tonnen Süßwaren und Knabberartikel exportiert. Dies bedeutet gegenüber dem Vorjahr einen Zuwachs von +3,4 Prozent. Der Exportumsatz stieg im Jahr 2021 um +4,2 Prozent auf rund 8,9 Milliarden Euro und erreicht damit das Niveau von 2019 vor der Coronazeit. Im Jahr 2020 hatte die deutsche Süßwarenindustrie aufgrund der Corona-Pandemie Rückgänge von 3,3 Prozent im Exportgeschäft verzeichnet.

Deutlich abgenommen hat 2021 hingegen die Bedeutung Großbritanniens als Exportmarkt. Das Exportgeschäft ist 2021 hier in der Menge um -3,7 Prozent und im Wert um -6,0 Prozent gesunken.

Mit einem Exportanteil in der Menge von über 50 Prozent geht mehr als jede zweite Tonne deutscher Süßwaren in den Export. Rund 80 Prozent aller Süßwarenausfuhren werden in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union geliefert, doch steigt der Export in Drittstaaten seit Jahren kontinuierlich an.

Sorge vor weiterer Zersplitterung des Binnenmarktes

Durch den Brexit hat der europäische Binnenmarkt rund 67 Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher verloren. Zu dieser Schwächung kommt hinzu, dass die Mitgliedstaaten etwa bei der Nährwertkennzeichnung, der Umwelt- bzw. Recyclingkennzeichnung eigene Wege beschreiten. Dies führt zu enormen Belastungen der Unternehmen, müssen sie doch im schlimmsten Fall für jeden Mitgliedstaat eine eigene Verpackung vorhalten. Dies wurde zuletzt beim Nutri-Score deutlich. In Italien ist derzeit ein Verfahren gegen ein Produkt anhängig, welches europaweit vertrieben wird und den Nutri-Score trägt. «Wir als mittelständische Branche fordern, dass hier die europäische Politik wieder einheitliche Rahmenbedingungen für die Unternehmen schafft und die nationale Politik den europäischen Binnenmarkt ernst nimmt. Sonst droht eine Marktbereinigung zulasten kleinerer und mittelständischer Unternehmen über die nationalen Gesetzgebungen», so Dr. Carsten Bernoth.

Innovationen 2022 – leckere Produkte für die kleinen Freuden im Alltag

Die Süßwarenindustrie gehört zu den besonders innovativen Branchen und wird auch im Jahr 2022 eine Vielzahl von Produktneuheiten auf den Markt bringen. Bereits heute gibt es neben den klassischen, traditionellen Produkten, die seit Jahren erfolgreich am Markt sind, eine Reihe von Varianten mit reduziertem Zucker-, Fett- bzw. Salzgehalt, vegane, gluten- und laktosefreie Erzeugnisse sowie weitere innovative Produkte.

Im Trend liegen Anfang 2022 Produkte mit natürlichen Zutaten wie Nüssen, getrockneten Beeren oder Sesam. Viele Hersteller setzen dabei auf pflanzliche Proteinquellen. Immer mehr Produkte beinhalten etwa Hafer, Kürbiskerne, Sonnenblumenkerne, Soja, Linsen- oder Erbsenproteine. Auch Produkte mit verringertem Zuckergehalt gehören wie schon in den Vorjahren zu den Produkttrends. Bei den Salzigen Snacks liegen weiterhin besonders Nüsse, Nuss- sowie Nuss-Frucht-Mischungen im Trend. Immer mehr Marken im Knabber-Regal greifen verbraucherrelevante Aspekte wie Natürlichkeit und Convenience in ihrem Sortiment auf. In der Regel werden Nüsse und Hülsenfrüchte zum sofortigen Verzehr aufbereitet, das heißt geröstet und gesalzen/gewürzt. Aber auch ungesalzene und gebackene Produkte werden nachgefragt.

Zu den gesamtgesellschaftlichen Trends gehören Nachhaltigkeit und Klimaschutz, wozu auch die deutsche Süßwarenindustrie ihren Beitrag leistet. Die Nachhaltigkeitsanstrengungen der Branche sind nicht nur bei neuen Rezepturen, dem Einsatz zertifizierter Rohstoffe und den Herstellungsprozessen, sondern auch im Bereich Verpackungen zu beobachten. Viele Unternehmen testen vermehrt alternative Verpackungsmöglichkeiten oder erhöhen den Rezyklatanteil in ihren Sekundärverpackungen.

Starkes Engagement der deutschen Süßwarenindustrie für Nachhaltigkeit

Der Einsatz von nach Nachhaltigkeitsstandards zertifizierten Rohstoffen in Süßwaren und Knabberartikeln wird von der deutschen Süßwarenindustrie seit vielen Jahren intensiv vorangetrieben. Dies gilt besonders für Kakao, den wichtigsten Rohstoff der Schokolade. Die Zertifizierung ist dabei ein bedeutender Baustein für die Entwicklung eines nachhaltigeren Kakaosektors. Im Jahr 2020 erreichte der Anteil an zertifiziertem Kakao 77 Prozent. Bei der ersten Erhebung des BDSI für das Jahr 2011 lag dieser Anteil bei nur zirka 3 Prozent. Die Süßwarenindustrie ist somit auf einem sehr guten Weg.

Dies gilt auch für das in der Süßwarenproduktion eingesetzte Palmöl bzw. Palmkernöl. 94 Prozent des in der deutschen Süßwarenindustrie verwendeten Palmöls ist bereits heute zertifiziert. Damit nimmt die deutsche Süßwarenindustrie eine führende Rolle ein.

Weiterhin engagiert sich der BDSI intensiv im «Forum Nachhaltiger Kakao», einer 2012 gegründeten Gemeinschaftsinitiative. Neben Mitgliedern aus der Schokoladen- und Süßwarenindustrie sowie des Lebensmittelhandels setzen sich in dieser Organisation u. a. auch die Bundesregierung und standardsetzende Vereinigungen wie Fairtrade und die Rainforest Alliance sowie Vertreter der Zivilgesellschaft ein. Auch in der Multistakeholder-Initiative «Forum Nachhaltiges Palmöl» gehört der BDSI zu den engagierten Mitgliedern.

Entwicklung bei den einzelnen Produktgruppen

Schokoladewaren

Die mengenmäßige Produktion von Schokoladewaren entwickelte sich nach Schätzungen des BDSI im Jahr 2021 positiv. Insgesamt wurden in Deutschland zirka 1,2 Millionen Tonnen Schokoladewaren produziert (+2,7 Prozent). Der Produktionswert stieg um etwa +5,4 Prozent auf rund 5,9 Milliarden Euro. Der Export von Schokoladewaren entwickelte sich 2021 in der Menge (+0,2 Prozent), wie auch im Wert positiv (+2,3 Prozent).

Feine Backwaren

Die Hersteller von Feinen Backwaren verzeichneten 2021 keine zufriedenstellende Entwicklung. In der Menge sank die Produktion von Feinen Backwaren auf Basis der Schätzungen des BDSI um -4,1 Prozent. Insgesamt wurden etwa 740.000 Tonnen Feine Backwaren produziert. Wertmäßig sank die Produktion um -1,3 Prozent auf rund 2,2 Milliarden Euro. Auch die Exporte verzeichneten 2021 bei den Feinen Backwaren einen Rückgang von -0,4 Prozent in der Menge. Der Exportwert hingegen stieg um +3,0 Prozent.

Bonbons und Zuckerwaren

Die Hersteller von Zuckerwaren verzeichneten 2021 eine positive Entwicklung. Die mengenmäßige Produktion stieg im Vergleich zu 2021 um schätzungsweise 4,0 Prozent auf 598.000 Tonnen, im Wert um +2,2 Prozent auf zirka 1,6 Milliarden Euro. Die Entwicklung der Exporte war 2021 bei den Bonbons und Zuckerwaren mit einem Zuwachs von +8,3 Prozent in der Menge und +7,3 Prozent im Wert ebenfalls positiv.

Knabberartikel

Die Hersteller von Knabberartikeln verzeichneten 2021 leichte Rückgänge. Die Produktionsmenge sank nach Schätzungen des BDSI um -1,0 Prozent auf rund 372.000 Tonnen. Im Wert sank die Produktion um -0,1 Prozent auf etwa 1,7 Milliarden Euro. Die Exporte entwickelten sich 2021 bei den Knabberartikeln ebenfalls negativ, sie sanken gegenüber dem Vorjahr um -5,7 Prozent in der Menge und -4,8 Prozent im Wert (Foto: pixabay.com).

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