Berlin. (bul) Die Bio-Bäckerei Beumer + Lutum feiert ihr 30-jähriges Bestehen. Was in einer kleinen Kreuzberger Hinterhofbäckerei zu zweit als Experiment begann, hat sich heute zu einem mittelständischen Unternehmen entwickelt mit eigenen Filialen und 10,42 Millionen Euro Umsatz per Anno. Trends setzt die Bio-Backerei seit dem ersten Tag.
Wer Anfang der 1990er Bio-Brote und -Gebäck haben wollte, der blickte vor allem auf viel Vollkorn mit teils doch sehr fester Konsistenz. Über die «Bio-Ziegel» wurde oft geschmunzelt. Antonius Beumer wollte dies ändern. Er wollte 1993 den Beweis antreten, dass Bio nicht nur gesund sein, sondern vor allem lecker schmecken kann. So fing Beumer + Lutum an, mit Weißmehl zu arbeiten und helle, feinere Backwaren zu produzieren. Diese durften auch gerne mal luftig-leicht sein. Die Leckereien kamen an. So wurde von Anfang an nicht nur für den eigenen kleinen Verkaufsraum gebacken, sondern auch für erste Wiederverkäufer. «Brot für die Bewegung», hieß es damals.
Breites Sortiment
Schon zu Beginn stand ein vielfältiges Sortiment aus Brot und Feingebäck im Fokus. So buk man hier das möglicherweise erste Bio-Baguette der Stadt. Franzbrötchen und Paderborner Brot folgten, heute längst Klassiker. Mittlerweile umfasst das Sortiment 130 Produkte. Neben Brot, Brötchen und Feingebäck finden sich Kuchen und herzhafte Snacks, dazu viele vegane Spezialitäten. Die Bio-Bäckerei will kreative, smarte Produkte für ein urban-vielseitiges Publikum schaffen und gleicht ihr Sortiment daher immer wieder dem Geschmack des Zeitgeists an. Auch sich ändernde Ernährungsgewohnheiten stehen im Fokus. Besonderheit ihres Backhandwerks ist, dass Beumer + Lutum vollkommen ohne künstliche Zusatzstoffe auskommt – also auch jene, die im Bio-Bereich sogar erlaubt wären. Kennzeichnend für den guten Geschmack sind die lange Teigführung und sorgsame Handarbeit, deren schweren Anteile teils durch moderne Technik erleichtert wird. Ihr Getreide bezieht die Bio-Bäckerei überwiegend regional aus Brandenburg.
Sechs Filialen und 200 Verkaufsstellen
Ab 2003 kamen zur Gründerzelle in der Cuvrystraße weitere Filialen hinzu. Sie befinden sich in beliebten Szenevierteln im Prenzlauer Berg und Kreuzberg. Mittlerweile vertreibt Beumer + Lutum seine Waren in sechs eigene Bäckerei-Cafés. Darüber hinaus gehen die Produkte täglich an 200 Wiederverkaufsstellen, davon vornehmlich Naturkostfachgeschäfte und Bio-Supermärkte in Berlin und Umland. Heute beschäftigt das Unternehmen 185 Mitarbeitende, davon 38 Azubis. Ausgebildet wird in drei unterschiedlichen Berufen. Beschwingt durch das stete Wachstum zog die Brot- und Feinbäckerei 2008 in die ehemalige Karstadtbäckerei in Neukölln. Mit Einzug in die größeren Produktionsflächen wurde auch das Schweizer Brot nach modernisierter Original-Rezeptur entwickelt, seitdem ein Bestseller vom Beumer + Lutum. Bis dato gab es dies so in der Berliner Bio-Szene nicht. In der Cuvrystraße besteht weiterhin die Konditorei, die auch traditionell ein erlesenes Weihnachts- und Ostersortiment herstellt.
Toast – und das in Bio?
Im Jahr 2015 stellte Beumer + Lutum erneut seine Innovationsfähigkeit unter Beweiskraft. Als einzige Berliner Bio-Bäckerei widmeten sie sich dem Bio-Toastbrot. Denn Toast ist zuweilen eine recht trockene Angelegenheit. Dies wollten die Bäcker ändern. Also entstand ein handwerklich gebackenes Toast, welches mit fluffig-weicher Krume daher kommt. Und so zeigten sie einmal mehr, dass dies – auch ganz ohne Zusätze – gut in Bio-Qualität schmecken kann.
Die erfolgreiche Range umfasst mittlerweile vier Sorten: Veganes Sandwich-Toast sowie Weizen-Vollkorn-Toast, dazu Dinkel und Chia-Vital-Dinkel. Das Weizen-Vollkorn-Toast wird mittlerweile bundesweit über die Denn’s-Bio-Märkte des Großhändlers Dennree vertrieben. 2021 erhielt dieses sogar ein «sehr gut» der Zeitschrift Ökotest.
Vom Preis und seinem Wert
«Seit den Anfängen ist unser Motiv, hochwertige Produkte aus der Region zu einem erschwinglichen Preis anzubieten. ‚Preiswert‘ hat für uns vor allem die Bedeutung, dass unsere Waren ihren Preis auch wert sind – und alle in der Wertschöpfungskette mitgenommen werden», berichtet Gründer Antonius Beumer. Aus diesem Grund ist Beumer + Lutum auch Mitglied bei «fair + regional», dem Märkischen Wirtschaftsverbund sowie der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau in Berlin und Brandenburg.
Die Grundidee ist, die regionale Bio-Wirtschaft weiterhin zu entwickeln und zu stärken. «Wir haben bewiesen, dass man es schaffen kann, eine Firma groß zu machen – auch ohne das Ziel stetiger Gewinnmaximierung», unterstreicht Beumer, der selbst in der Landwirtschaft groß geworden ist.
Zukunftsweisende Perspektiven
Auch eine nachhaltige Entwicklung der Stadt ist dem Unternehmen sehr wichtig. Daher hat es sich zum Klimaziel gesetzt, die CO2-Emissionen sukzessive auf Neutralität zu reduzieren. Eine Solaranlage auf dem Dach wurde bereits vor einigen Jahren realisiert, der bezogene Strom ist zu 100 Prozent Ökostrom. Gebacken wird in Thermo-Öl-Öfen, die eine hohe Wärmerückgewinnung haben. Auch die Auslieferung soll künftig emissionslos erfolgen. Deswegen wird der Fuhrpark schrittweise auf Elektromobilität umgestellt, bis dato bereits die Hälfte der Wagenflotte.
Ebenso leistet Beumer + Lutum einen Beitrag zu 6 der UN-Nachhaltigkeitsziele. Beispielsweise zum Ziel 5: Geschlechtergerechtigkeit. Obschon das Bäckerhandwerk traditionell männlich geprägt ist, hat Beumer + Lutum bereits einen Anteil von 40 Prozent Frauen in seiner Belegschaft und richtet Beschäftigungsverhältnisse familienfreundlich aus.
Und für die weitere Zukunft? «Wir wollen weiterhin innovativ bleiben, neue Ideen umsetzen und organisch gesund weiter wachsen», verrät Antonius Beumer. «Ich bin sicher, wir bekommen das gut gebacken» (Fotos: BUL).
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