Mittwoch, 16. Oktober 2024
Deutsch Englisch

BMEL: Klimafolgen mindern die Erträge deutlich im Erntejahr 2024

Berlin. (bmel) Der Klimawandel stellt die Landwirtschaft zunehmend vor große Herausforderungen: Die sich ändernden Witterungsverhältnisse beeinflussen nicht nur Ernteerträge, sondern gefährden regional abhängig ganze Ernten, schreibt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zu seinem Erntebericht 2024.

Den zunehmenden Klimawandel bestätigt der vorläufige amtliche Erntebericht 2024, den Bundesminister Cem Özdemir (BMEL) in dieser Woche vorstellte. Demnach schmälerten etwa ein nasser Herbst 2023, ein rekordverdächtig warmer Frühling 2024 mit Spätfrösten, vielerorts Hochwasser und ein feuchter Sommer mit zahlreichen heftigen Unwettern die Ernteergebnisse.

Die Agrarfachleute ernteten rund 34,5 Millionen Tonnen Getreide (ohne Körnermais), das ist ein Minus von 9,1 Prozent. Regional erschwerten Niederschläge die Aussaat des Wintergetreides, so dass Getreide insgesamt auf nur 5,27 Millionen Hektar Fläche angebaut wurde (-5,7 Prozent). Die Getreidequalität schwankte regional witterungsbedingt. Die Raps-Anbaufläche sank um 7,3 Prozent auf 1,09 Millionen Hektar. Die vorläufige Ernteermittlung liegt bei 3,6 Millionen Tonnen Winterraps (-14,3 Prozent). Auch der Kartoffelanbau sowie der Obst- und Weinbau litten regional deutlich unter den vielen Wetterkapriolen.

Die Häufigkeit von Extremwetterereignissen macht deutlich, dass es neben dem Klimaschutz auch zunehmend um Maßnahmen der Klimaanpassung gehen muss, damit Landwirtschaft widerstandsfähig sowie zukunftsfest wird und bleibt. Entsprechend passen sich viele Betriebe heute schon an das veränderte Klima an. Wenngleich nicht alle witterungs- und klimabedingten Ernteausfälle verhindert werden können, sorgen robuste Sorten, resiliente Kulturpflanzen, diversifizierte Fruchtfolgen oder veränderte Anbaumethoden dafür, Ernten zu stabilisieren. Das BMEL unterstützt hier aktiv, indem es Maßnahmen zur Klimaanpassung und zum Klimaschutz fördert, in Forschung und Entwicklung sowie den Wissenstransfer investiert.

Bundesminister Cem Özdemir: «Sich an den Klimawandel anzupassen, ist auf vielen Betrieben längst Realität. Sorten oder Kulturen anzubauen, die mit Hitze oder Trockenheit gut funktionieren, den Boden durch Humusaufbau verbessern oder mit Agroforst für Schatten sorgen, das bedeutet schlichtweg, sich klimafest aufzustellen. Wir unterstützen die Agrarfachleute mit einer Vielzahl an Maßnahmen und indem wir den Rahmen anpassen, damit die Betriebe gut wirtschaften können.»

Gemeinsam mit den anderen Ressorts gestaltet das BMEL den Wandel aktiv, indem es etwa Maßnahmen zur Klimaanpassung und zum Klimaschutz fördert:

  • Nationale Wasserstrategie: Gesunde Böden, die Wasser speichern und nachhaltiges Wassermanagement ermöglichen, tragen maßgeblich zu einem ausgeglichenem Landschaftswasserhaushalt bei. Damit wird die Grundlage für eine widerstandsfähigere Landwirtschaft geschaffen.
  • Förderung der Pflanzenzüchtung: In über 200 Projekten wird an der Entwicklung neuer, resilienter Sorten gearbeitet, die den Herausforderungen der Zukunft gewachsen sind.
  • Anreize für Agroforstsysteme: Diese Systeme bieten bedeutende ökologische Vorteile, insbesondere für den Klimaschutz, aber auch als Maßnahme zur Anpassung an den Klimawandel. Sie werden durch neue Förderungen unterstützt.
  • Stärkung der betrieblichen Anpassungsfähigkeit: Betriebe werden durch Innovationen, Forschungsförderung und Wissenstransfer in die Lage versetzt, die notwendigen Anpassungsmaßnahmen erfolgreich umzusetzen.
  • Klimaschutzprogramm 2030: Dieses Programm umfasst eine Vielzahl von Maßnahmen, die zu einer Emissionsminderung in der Landwirtschaft beitragen sollen.
  • Bio-Strategie 2030: Mit dem Ziel, den Anteil ökologisch bewirtschafteter Flächen auf 30 Prozent zu steigern, wird eine nachhaltige Zukunft aktiv gestaltet.
  • Abbau unnötiger Bürokratie: Damit Agrarfachleute sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können, hat das BMEL zudem eine umfangreiche Initiative zum Abbau unnötiger Bürokratie aufgenommen. Einige Verbesserungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) konnten bereits umgesetzt werden, weitere Vereinfachungen der GAP, aber auch bei Melde- und Dokumentationspflichten usw. werden folgen.

Kennzahlen aus dem Erntebericht 2024

Getreide: Die Getreideernte insgesamt (ohne Körnermais) wird sich voraussichtlich auf rund 34,5 Millionen Tonnen belaufen und fällt um 9,1 Prozent kleiner als im Vorjahr aus. Gegenüber dem sechsjährigen Durchschnitt ergibt sich eine Abnahme um 9,9 Prozent. Angesichts der recht stabilen und nur unwesentlich unter dem langjährigen Mittel liegenden Hektarerträge geht der Rückgang der Erntemenge damit vor allem auf die witterungsbedingte Reduzierung der Anbaufläche zurück. Gute Ergebnisse brachten vor allem die Sommerungen wie Sommerweizen, Sommergerste oder Hafer.

Winterweizen: Die Erntemenge an Winterweizen erreicht voraussichtlich 18,0 Millionen Tonnen. Im Vergleich zum Vorjahr wäre das eine Abnahme um 14,8 Prozent. Das Ergebnis bleibt um 15,7 Prozent hinter dem mehrjährigen Durchschnitt zurück. Aufgrund widriger Witterungsbedingungen zur Aussaat ging sein Anteil an der gesamten Getreidefläche von 46 auf 43 Prozent zurück. Die Anbaufläche verringerte sich gegenüber dem Vorjahr um 11,8 Prozent auf 2,49 Millionen Hektar. Im Durchschnitt liegt der vorläufige Hektarertrag bei 72,4 Dezitonnen und damit 3,4 Prozent unter dem Vorjahr. Regional schwankten die Hektarerträge stark zwischen minus 13,2 Prozent in Nordrhein-Westfalen und plus 5,5 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern. Winterweizen ist die wichtigste Getreidekultur ist in Deutschland.

Sommerweizen: Die Erntemenge bei Sommerweizen beläuft sich mit 473.600 Tonnen auf fast das Vierfache der Vorjahresmenge, auch der mehrjährige Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2023 wird mit 91,1 Prozent deutlich überschritten. Die Anbaufläche von Sommerweizen wurde in Folge der nässebedingten Probleme bei der Winterweizenaussaat stark vergrößert (+179,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) und beläuft sich auf rund 85.100 Hektar. Auch die Hektarerträge liegen mit 55,7 Dezitonnen deutlich höher als im Vorjahr (+30 Prozent).

Raps: Die Winterrapsernte 2024 fällt mit voraussichtlich 3,6 Millionen Tonnen durchschnittlich aus. Auch die Qualität des Rapses ist zufriedenstellend – wenn es auch hier regionale Unterschiede gibt. Die Winterrapsfläche liegt bei 1,09 Millionen Hektar, was einen Rückgang um 7,3 Prozent im Vergleich zum Jahr 2023 bedeutet. Dennoch übertrifft der Anbauumfang den des Jahres 2022. Auch fällt die deutsche Rapsanbaufläche 2024 gegenüber dem sechsjährigen Durchschnitt 2018 bis 2023 um knapp vier Prozent höher aus. Gegenüber 2023 ging die Erntemenge um 14,3 Prozent zurück. Im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2023 war dies jedoch nur ein leichter Rückgang von 1,6 Prozent. Der Winterraps ist in Deutschland mit großem Abstand die dominierende Ölfrucht und macht 94 Prozent der Anbaufläche der Ölfrüchte zur Körnergewinnung aus.

Hülsenfrüchte: In Deutschland bleibt die Felderbse die dominierende Körnerleguminose. Die noch vorläufigen Anbauzahlen für das Jahr 2024 belaufen sich auf rund 129.400 Hektar. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einer Ausweitung um knapp zehn Prozent. Damit wird der Umfang der Anbauzunahme aus dem Vorjahr bestätigt. Es folgen die Ackerbohnen mit knapp 62.000 Hektar und – hinter der Sojabohne an vierter Stelle – die Süßlupinen mit rund 26.100 Hektar. Hülsenfrüchte (Leguminosen) wie Soja, Ackerbohnen oder Erbsen sind wesentliche Bestandteile einer nachhaltigen Landwirtschaft. Diese Pflanzen sind in der Lage, Stickstoff aus der Luft zu binden und als Nährstoff zu nutzen.

Obst: Ende April führten Spätfröste zu erheblichen Schäden in den Obstbauregionen in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg, aber auch in Teilen von Hessen, Rheinland-Pfalz, Franken und Baden. Massiv geschädigt wurden Apfel, Kirsche und Pflaume. Regional kam es zum Teil zu Totalausfällen. Feuchtwarme Witterung in der Obstregion am Bodensee führte zusätzlich regional zur verstärkten Schorfbildung. Nach einer Schätzung vom Juli 2024 können voraussichtlich rund 734.000 Tonnen Äpfel geerntet werden. Das wären 261.300 Tonnen – und damit mehr als ein Viertel – weniger (-26,3 Prozent) als im Durchschnitt der letzten zehn Jahre.

Kartoffeln: Laut der vorläufigen Ergebnisse der Bodennutzungshaupterhebung beläuft sich die Kartoffelanbaufläche in Deutschland im Jahr 2024 auf rund 289.300 Hektar. Damit würde das Vorjahresniveau um deutliche 9,3 Prozent und der sechsjährige Durchschnitt um 9,4 Prozent übertroffen. Aktuelle Prognosen gehen für Deutschland von einem Hektarertrag von 41,1 Tonnen aus; das wäre ein Rückgang um sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr und um zwei Prozent gegenüber dem sechsjährigen Durchschnitt. Nach einer durch Nässe erschwerten Kartoffelernte im Herbst 2023 wurden die Auspflanzungen im Frühjahr 2024 in weiten Teilen Deutschlands durch Niederschläge und schwer befahrbare Ackerböden verzögert. Die feuchten Bedingungen haben außerdem das Auftreten der Kraut- und Knollenfäule stark begünstigt.

Hopfen: Seit diesem Jahr ist Deutschland wieder der weltweit größte Hopfenerzeuger, nachdem in den letzten neun Jahren die USA die Spitzenposition innehatte. Für die Ende August anlaufende Ernte 2024 ist nach Schätzungen davon auszugehen, dass die Erntemenge voraussichtlich rund 49.000 Tonnen erreichen wird, was einer leicht überdurchschnittlichen Ernte entspricht. Die durchschnittliche Hopfenernte der letzten zehn Jahre betrug 45.000 Tonnen (Foto: Piet van de Wiel).