Freitag, 11. Oktober 2024
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BÖLW: Bio-Lebensmittel können Umsatzplus weitgehend halten

Berlin. (boelw) Bio kann das Umsatzplus aus der Pandemie weitgehend halten. Der Bio-Umsatz liegt im Jahr 2022 bei 15,3 Milliarden Euro und somit 25 Prozent über dem Vor-Corona-Jahr 2019 und nur 3,5 Prozent unter 2021. Jeder 7. Hof wirtschaftete 2022 ökologisch. Mit einem Plus von 3,5 Prozent gibt es nun 36.548 Bio-Höfe in Deutschland. Für mehr Klimaschutz und Artenvielfalt: Die Bio-Flächen stiegen um 3,7 Prozent auf 1.869.227 Hektar. Anlässlich der BioFach 2023, der Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel, und der Vorstellung der Bio-Branchenzahlen, zieht Tina Andres, Vorstandsvorsitzende des Bio-Spitzenverbands Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), folgendes Fazit:

«Der Krieg gegen die Ukraine und seine Folgen zeigten auf dramatische Weise, dass Bio durch die größere Unabhängigkeit von fossilen Energien und den daraus hergestellten synthetischen Düngemitteln krisenfester ist als eine nicht-regenerative Wirtschaftsweise. Über 55.000 Bio-Betriebe in Deutschland zeigen jeden Tag auf dem Feld, im Stall und mit ihrem Unternehmen, dass Bio die unmittelbare und funktionierende Lösung für die Krisen ist, in denen wir uns aktuell befinden: Denn Bio sorgt mit seinen stabilen, regionaler orientierten Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette für weniger Abhängigkeit von fossiler Energie, für mehr Umwelt- und Klimaschutz und für eine sichere, gesunde und vor allem geschmackvolle Ernährung.» Tina Andres kritisiert, dass «bisher ausgerechnet diejenigen durch höhere Steuern bestraft werden, die in Produktion oder Konsum zu mehr Gemeinwohl beitragen. Die Bundesregierung kann und muss jetzt durch Maßnahmen, wie einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Bio-Lebensmittel, zu fairen Wettbewerbsbedingungen beitragen. Eine nicht-nachhaltige Produktion mit jährlich 90 Milliarden Euro Kosten für Umweltfolgeschäden können wir uns nicht mehr leisten.»

Peter Röhrig, geschäftsführender Vorstand des BÖLW, sagt zu den Bio-Branchenzahlen: «Bio kann das Umsatzplus aus der Coronazeit trotz der aktuellen, anspruchsvollen Herausforderungen weitgehend halten: Der Bio-Umsatz liegt im Jahr 2022 bei 15,3 Milliarden Euro und somit 25 Prozent über dem Vor-Corona-Jahr 2019 und nur 3,5 Prozent unter 2021. Wir sehen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher verstärkt zu günstigeren Waren bzw. Einstiegsprodukten innerhalb eines Sortimentes greifen. Auch bei Bio. So zum Beispiel zu günstigen Bio-Nudeln. Somit wurden Bio-Nudeln eines Markenherstellers 2022 weniger oft gekauft. Erkennbar ist ebenso eine Verschiebung im Kaufverhalten von zum Beispiel Bio-Backmischung hin zu Bio-Mehl. Die positive Bio-Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher zu Bio greifen, wenn sie die Wahl haben. In Kantinen, Restaurants und Mensen liegt jedoch aktuell das Bio-Angebot bei mageren 2 Prozent. Umso wichtiger ist es nun, dass Bund, Länder und Kommunen für mehr Bio in der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung sorgen und damit eine gesunde, nachhaltige und kostengünstige Verpflegung für alle ermöglichen.»

Die Entwicklung der Öko-Fläche sowie -betriebe bewertet Röhrig ebenso positiv: «Jeder 7. Hof wirtschaftet 2022 ökologisch. Mit einem Plus von 3,5 Prozent gibt es nun 36.548 Bio-Höfe in Deutschland. Für mehr Klimaschutz und Artenvielfalt werden nun 3,7 Prozent mehr Flächen (insgesamt 1.869.227 Hektar) ökologisch bewirtschaftet. Besonders stark war das Plus bei den Flächen (+ 3,8 Prozent), die auf die hohen Standards der Bio-Verbände umgestellt wurden.»

Die Transformation von Landwirtschaft und Ernährung mit Bio als zentralem Baustein kann jedoch nur gelingen, wenn alle Politikbereiche gemeinsam den Umbau hin zum 30 Prozent Bio-Ziel auf den Weg bringen: das Wirtschaftsministerium mit auf Nachhaltigkeit fokussierte Förderprogramme und Bio-Gründungsfonds, das Finanzministerium mit einer ökologischen Steuerreform, das Forschungsministerium mit gut ausgestatteten Öko-Forschungsprogrammen sowie mehr Bildung zu Bio, das Umweltministerium mit Konzepten, die das volle Umweltleistungspotenzial von Bio heben, das Verteidigungsministerium durch Bio-Verpflegung der Bundeswehr und nicht zuletzt muss das Landwirtschaftsministerium Bio in allen Gesetzgebungsverfahren – von der GAP bis zur Kennzeichnung – einplanen. Transformation braucht Mut.

Bio-Entwicklung in Zahlen

Landwirtschaft: 66.996 Hektar neue Bio-Flächen für zukunftsfeste Höfe, Klimaschutz und gutes Essen: Öko-Bäuerinnen und -Bauern, die ihre Höfe nach der EU-Öko-Verordnung – und damit auf den mit Abstand höchsten gesetzlichen Standard der Landwirtschaft – umstellten, trugen mit geschätzten 23.107 Hektar neuer Öko-Fläche (+ 3,5 Prozent) zu mehr nachhaltig bewirtschafteten Acker-, Obst- und Gemüsebau-, Wein- oder Grünlandflächen bei. Stärker legte die Bio-Fläche, die nach den Regeln der Bio- Anbauverbände bewirtschaftet wurde, zu. Sie stieg um 41.738 Hektar (3,8 Prozent). Die gesamte Öko-Fläche beträgt nun 1.869.227 Hektar. Jeder 7. Hof wirtschaftete 2022 ökologisch, insgesamt 36.548 Höfe in ganz Deutschland. Im Jahr 2022 stellten 784 konventionelle Betriebe neu auf Bio um. Damit sind 14 Prozent aller Höfe in Deutschland Bio-Höfe.

Bio-Marktentwicklung: Bio kann das große Umsatzplus aus der Coronazeit weitgehend halten. Die Bio-Umsätze in Deutschland lagen 2022 mit 15,3 Milliarden Euro 25 Prozent über dem Vor-Corona-Jahr 2019 und nur 3,5 Prozent unter 2021. Trotz der Rückkehr der Menschen in Restaurants und Kantinen, in denen es zumeist kein Bio-Angebot gibt, kann Bio also neu gewonnene Kunden aus der Pandemiezeit halten.

Die Bedeutung des Lebensmitteleinzelhandels für Bio nimmt weiter zu: Treibende Kraft beim Bio-Umsatz war 2022 der Lebensmitteleinzelhandel, der seine Erlöse um 3,2 Prozent auf 10,2 Milliarden Euro erhöhte. Zwei Drittel des Bio-Marktes entfallen damit auf den Lebensmitteleinzelhandel. Insbesondere die Discounter lockten die Kunden mit einem vergrößerten Angebot in die Läden, auch wenn dort die Preise für viele Bio-Produkte deutlicher anstiegen als in anderen Handelsbereichen. Bei den Vollsortimentern blieben der Bio-Umsatz und die Bio-Verbraucherpreise weitgehend stabil. Günstigere Handelsmarken waren mit Abstand die Umsatzgewinner. Der Umsatz mit Bio-Markenprodukten ging nach zwei starken Vorjahren in allen Verkaufskanälen zurück.

Der Naturkostfachhandel mit seinem 100-Prozent Bio-Angebot weist für 2022 einen Umsatz von 3,83 Milliarden Euro auf. Er realisiert mit seinen rund 2.200 Verkaufsstellen 6 Prozent der insgesamt 36.000 Lebensmittelverkaufsstellen in Deutschland. Dies entspricht 20 Prozent des gesamten Bio-Umsatzes. Trotz des Rückgangs um 12,3 Prozent im Naturkostfachhandel liegt sein Gesamtumsatz bei rund 2 Prozent über jenem von 2019 (3,76 Milliarden) und damit über dem Niveau vor der Coronapandemie.

Die sonstigen Einkaufsstätten, zu denen Hofläden, Online-Handel (inkl. Lieferdienste), Wochenmärkte, Bäckereien, Metzgereien und Reformhäuser zählen, verfehlten den Umsatz aus dem Jahr 2021. Mit einem Minus von 18 Prozent gegenüber 2021 erreichen sie jetzt 1,97 Milliarden Euro Umsatz und damit 13 Prozent der Bio-Umsätze. Nach dem Run auf die erzeu-gernahen Einkaufsstätten in den beiden Vorjahren war der Rückgang zu erwarten. Die Einkaufstätten konnten ein Plus von 19 Prozent gegenüber 2019 halten.

Preisentwicklung: In Zeiten hoher Inflationsraten wurden auch Bio-Lebensmittel teilweise teurer. Allerdings deutlich weniger als konventionelle Lebensmittel. Der AMI Verbraucherpreisindex zeigt für Bio-Frischeprodukte eine Preissteigerung von 6,6 Prozent, bei konventionellen Produkten ist sie mit 12,1 Prozent fast doppelt so hoch.

Wo bio trendet: Die stärksten Zuwächse beim Absatz erzielten ein weiteres Jahr in Folge Bio-Milch- und Fleisch-Ersatzprodukte: 2022 wurden 4 Prozent mehr pflanzliche Bio-Drinks gekauft und 4 Prozent mehr Haushaltsbudget ausgegeben. Der klare Gewinner ist hier der Haferdrink. Zudem stieg die Absatzmenge von Bio-Fleischersatzprodukten um 4 Prozent. Verbraucher gaben dafür genauso viel Geld aus wie im Vorjahr. Bei beiden Produktgruppen wurde zu günstigeren Produkten im Sortiment gegriffen. Inflationseffekte wurden so mehr als ausgeglichen. Beide Produktgruppen verzeichnen mit 61 Prozent und 26 Prozent sehr hohe Bio-Anteile an den Verkaufsmengen (Foto: pixabay.com).