Samstag, 20. April 2024
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FEI: Gesundheitlicher Mehrwert durch ballaststoffreiche Vorteige

Bonn. (fei) Brot und Backwaren sind in Deutschland sehr beliebt: Bei rund 77 Kilogramm lag der Pro-Kopf-Verbrauch von Brotgetreide im Jahr 2020/2021; ballaststoffarme Weizenbrote, Toastbrote und Mischbrote sind dabei besonders gefragt. Durch den hohen Brotverzehr wird eine große Menge gut verdaulicher Kohlenhydrate in Form von Stärke aufgenommen, die den Blutglucosespiegel ansteigen lässt. Ein übermäßiger Konsum leicht verdaulicher Kohlenhydrate kann jedoch auch zu Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes Typ 2 führen. Ballaststoffhaltige Lebensmittel schaffen hier Abhilfe, indem sie länger satt machen und den Blutglucosespiegel nur langsam ansteigen lassen: Zu den ballaststoffreichen Backwaren gehören unter anderem Sauerteigbrote aus Vollkorn- statt aus Weißmehl – diese sind jedoch weit weniger beliebt. Nur etwa 10 Prozent des verzehrten Brots waren 2021 laut GfK Vollkornbrote.

Dies ist der Hintergrund eines aktuellen Projekts der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF), an dem ein Team der Universität Halle-Wittenberg seit 2021 forscht: Ziel ist, den Ballaststoffgehalt in Broten durch eine Sauerteigführung und/oder den Einsatz von Enzymen deutlich zu erhöhen, ohne die Rezepturen wesentlich zu ändern und so eine hohe Akzeptanz, ebenso wie eine leichtere Verarbeitbarkeit, zu erhalten.

Statt die Stärke in Brot von menschlichen Verdauungsenzymen aufspalten zu lassen, bietet es sich an, kohlenhydratmodifizierende Enzyme schon bei der Verarbeitung des Teiges wirken zu lassen: Es wurde nachgewiesen, dass einige Milchsäurebakterien, die bei der Sauerteigführung eingesetzt werden, 4,6-α-Glucanotransferasen bilden – Enzyme, die die Stärke in Isomalto-/Malto-Polysaccharide (kurz: IMMPs) umwandeln, die wiederum als unverdauliche Ballaststoffe fungieren und präbiotisch wirken können.

Für eine gezielte Erhöhung des Ballaststoffgehalts in Backwaren wird im Rahmen der Forschungsarbeiten ermittelt, mit welchen Milchsäurebakterien als Starterkulturen und unter welchen Fermentationsbedingungen eine bestmögliche Stärkemodifikation und damit ein möglichst hoher Ballaststoffgehalt erreicht werden kann. Ebenfalls sollen die Auswirkungen der IMMP-Bildung auf die Teigrheologie untersucht werden – dies ist für die spätere Umsetzung in die Praxis von hohem Interesse.

Vielversprechend sind die Ergebnisse des Forschungsvorhabens sowohl aus ernährungsphysiologischer Sicht als auch in wirtschaftlicher Hinsicht: Besonders bei einer möglichen Auslobung der Brote als «ballaststoffreich» gemäß Health-Claims-Verordnung (mindestens 6 Gramm Ballaststoffe pro 100 Gramm) ließen sich deutliche Umsatzsteigerungen erzielen – besonders vor dem Hintergrund, dass für die In-situ-Erhöhung des Ballaststoffgehalts keine kennzeichnungspflichtigen Zutaten oder Zusätze benötigt werden. Zudem ist die fermentative Produktion von IMMPs nicht mit Mehrkosten und Mehraufwand verbunden, so dass die Erkenntnisse zügig in kleineren und größeren Bäckereien angewendet werden können.

Weiterführende Informationen zum IGF-Projekt AiF 21647 BR «Gezielte enzymatische und mikrobielle Modifikation von Stärke in Sauerteig» finden Interessenten auf der Webseite des Forschungskreises der Ernährungsindustrie (FEI) in Bonn (Foto: pixaby.com).

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