Donnerstag, 28. März 2024
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FODMAP: Über den Einfluss der Bäckerhefe beim Reizdarmsyndrom

Karlsruhe. (mri) Brot steht wie kein anderes Lebensmittel, symbolisch und real, für die Ernährung des Menschen. Doch bei manchen Menschen können bestimmte Backwaren auch negative Wirkungen haben. Am Max Rubner-Institut (MRI), Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, wird daran geforscht, wie diese vermieden werden können. Der Herstellungsprozess und sein Einfluss auf die Gruppe der Kohlenhydrate, die unter «FODMAP» zusammengefasst werden, ist dabei entscheidend.

Eine der häufigsten gastrointestinalen Funktionsstörungen ist das sogenannte Reizdarmsyndrom. Die Symptome und Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten beinhalten unter anderem Blähungen, Völlegefühl und Durchfall. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen wurden unverdauliche, osmotisch aktive und durch Darm-Mikroorganismen fermentierbare Kohlenhydrate als Auslöser der Symptome identifiziert, die unter dem Akronym FODMAP (fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide, sowie Polyole) zusammengefasst werden. Dazu gehören unter anderem Fruktose, Laktose und Mannitol, aber auch Frukto- und Galaktooligosaccharide.

Lange Teigführung allein nicht ausreichend wirksam

Zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln in der europäischen Ernährung gehören Brot und Backwaren. Doch auch diese Lebensmittel sind eine Quelle für FODMAP in der menschlichen Ernährung. Anhand der wissenschaftlichen Literatur wurden verschiedene Ansätze zur Herstellung FODMAP-armer Backwaren identifiziert. Diese beinhalten unter anderem längere Teiggaren, den Einsatz alternativer Hefen, sowie den gezielten Einsatz von Sauerteig. Als Grundlage für die im Labormaßstab hergestellten Gebäcke wurden dabei Auszugs- und Vollkornmehle aus Weizen verwendet. Studien zur Herstellung FODMAP-armer Backwaren unter praxisüblichen Bedingungen, auch unter Verwendung von Roggenmehlen, fehlten aber bislang.

Studien, die in den vergangenen vier Jahren am MRI Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide in Detmold durchgeführt wurden, zielten auf die Analyse des FODMAP-Gehalts und weiterer relevanter Kohlenhydrate in verschiedenen Broten aus unterschiedlichen Mehlen und unter Berücksichtigung verschiedener praxisüblicher Herstellungsverfahren, ab. Die ersten Ergebnisse haben gezeigt, dass praxisnah produziertes Weißbrot generell als FODMAP-arm angesehen werden kann. Eine spezielle FODMAP-Reduktion ist bei Produkten aus Weizenauszugsmehl somit nicht nötig. Allerdings sind die FODMAP-Gehalte in Weizenvollkornmehl und in Roggenmahlprodukten deutlich höher. Wegen ihrer gesundheitsfördernden Eigenschaften sollten aber bevorzugt Roggen- und Vollkornbrote verzehrt werden. Dementsprechend erfordern aus diesen Mehlen hergestellte Backwaren einen angepassten Herstellungsprozess, um auch vom Reizdarmsyndrom-Betroffene bekömmlich zu sein. Daher wurden die oben genannten Ansätze zur FODMAP-Reduktion (längere Teiggare, alternative Hefen, Verwendung von Sauerteig) im Produktionsprozess unter der Vorgabe, dass das resultierende Gebäck sowohl Verbraucherakzeptanz als auch Marktfähigkeit erreichen muss, angewendet.

Ein ausführlicher Blick auf die Hefestämme kann helfen

Die einfachste Modifikation im Produktionsprozess ist die Verlängerung der Teiggare, um der Bäckerhefe mehr Zeit für die Stoffwechselvorgänge zu geben. Dadurch können einige FODMAP-Komponenten, wie kurzkettige Fruktane und Fruktose weiter reduziert, jedoch nicht vollständig eliminiert werden. Insbesondere langkettige Fruktane können durch die Enzyme der Bäckerhefe nicht abgebaut und dementsprechend auch durch eine verlängerte Teiggare nicht eliminiert werden. Da der alleinige Einsatz von Bäckerhefe zur Teiglockerung demnach keine ausreichende FODMAP-Reduktion bewirkt, wurde auch die Eignung der Hefe Kluyveromyces marxianus untersucht. Diese Hefe baut FODMAP, insbesondere Frukto-Oligosaccharide, sehr effektiv ab. Jedoch ist die Herstellung qualitativ hochwertiger Gebäcke eingeschränkt, da diese Hefe im Vergleich zur Bäckerhefe nicht genügend Triebkraft aufweist. Allerdings konnten durch die Verwendung von Co-Kulturen der beiden Hefen Brote hergestellt werden, die sich von Broten, in denen konventionelle Bäckerhefe verwendet wurde, nicht unterscheiden, und dennoch eine effektive FODMAP-Reduktion aufwiesen, indem Fructane nicht nur zu Fruktose abgebaut, sondern die Fructose weiter verstoffwechselt wurde.

Darüber hinaus können Brote mit Sauerteig zubereitet werden. Gängige Verfahren sind die Detmolder Drei- und Einstufenführung. In der Brotherstellung wird Sauerteig häufig wegen seines Beitrages zur Verbesserung von Aroma, Textur und Haltbarkeit der hergestellten Brote eingesetzt. Gleichzeitig verändert dieser Prozess aber auch die Qualität und die Zusammensetzung der im Mehl enthaltenen Nährstoffe. In Bezug auf FODMAP erleichtert die Sauerteigfermentation den Abbau von Fruktanen, kann aber im Gegenzug zur Freisetzung von Mannitol führen. So konnte durch den Einsatz von Sauerteig nur eine Veränderung des FODMAP-Profils, aber keine ausreichende Reduktion der zu den FODMAP gehörenden Verbindungen gezeigt werden.

Weitere praktische Untersuchungen sind geplant

Die bisherigen Untersuchungen haben verdeutlicht, dass eine Verlängerung der Teiggare oder die Verwendung von Sauerteig in Weizenvollkorn- und Roggenbroten die FODMAP-Gehalte reduzieren. Die Reduktion reicht aber nicht aus, um diese auch für Patientinnen und Patienten mit Reizdarmsyndrom bekömmlich zu machen. Außerdem sind bisher FODMAP-arme Lebensmittel aus Weißmehl naturgemäß ballaststoffarm, was einer guten Darmgesundheit der Betroffenen entgegenwirkt. Um diese Problematik näher zu untersuchen, ist ein weiterführendes Forschungsprojekt zur Herstellung von FODMAP-armen, aber ballaststoffangereicherten Backwaren am Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide geplant. Damit soll der selektive Abbau der FODMAP bei gleichzeitigem Erhalt der nicht-FODMAP Ballaststoffe in Gebäcken auf Basis von Weizen und Roggen weiter untersucht und optimiert werden. Außerdem sollen dann auch weitere Rohstoffe untersucht werden, die in Bezug auf die FODMAP-Problematik bisher kaum Beachtung fanden.

Wissenschaftliche Publikation (engl.)

Schmidt, M., Sciurba, E. Determination of FODMAP contents of common wheat and rye breads and the effects of processing on the final contents. Eur Food Res Technol 247, 395-410 (2021) – https://link.springer.com/article/10.1007/s00217-020-03633-6.

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