Sonntag, 1. Dezember 2024
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Foodwatch: »Wie Ministerin Klöckner den Nutri-Score auszubremsen versucht«

Berlin. (fw) Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), hält eine wissenschaftliche Studie zurück, die offenbar der Lebensmittelampel «Nutri-Score» ein positives Zeugnis ausstellt. Das geht aus internen E-Mails aus dem BMEL hervor, die Foodwatch jetzt veröffentlicht hat. Foodwatch Deutschland fordert die Bundesministerin auf, die Studie umgehend herauszugeben.

Immer mehr Länder in Europa führen die sogenannte Nutri-Score-Ampel ein, in Deutschland haben Hersteller wie Iglo und Danone begonnen, Produkte freiwillig mit dem Farbsystem zu kennzeichnen. Die deutsche Bundesministerin Julia Klöckner lehnt die Lebensmittelampel allerdings bisher ab. Und inmitten dieser Debatte kommt jetzt heraus: Frau Klöckner hält eine zentrale Studie zurück, die dem Nutri-Score offenbar ein positives Zeugnis ausstellt. Das zeigen interne E-Mails aus dem BMEL, die Foodwatch durch einen Antrag gemäß Informationsfreiheitsgesetz (IFG) erhalten hatte.

Ministerin verlangte «größte Vertraulichkeit»

Die E-Mails belegen, dass das staatliche Max-Rubner-Institut bereits im Herbst 2018 dem BMEL einen Bericht vorgelegt hatte, in dem die Wissenschaftler verschiedene Systeme zur Kennzeichnung von Zucker, Fett, Salz und anderen Nährwerten untersuchten. Die Experten kamen zu dem Ergebnis, dass die Nutri-Score-Ampel nach französischem Vorbild «grundsätzlich vorteilhaft für eine «Front of Pack»-Nährwertkennzeichnung» sei – so lautete die klare Einschätzung aus dem Bundesministerium zu den Forschungsergebnissen. Das BMEL hatte diese Studie selbst in Auftrag gegeben. In einem internen Vermerk heißt es allerdings, Ministerin Klöckner habe «ausdrücklich darum gebeten, (…) größte Vertraulichkeit sicherzustellen». Und weiter: Das Max-Rubner-Institut habe die Ampel «lediglich wissenschaftlich bewertet» und sich einer politischen Einschätzung enthalten. Die «Prüfung der MRI-Studie» bedürfe noch «der Abstimmung mit anderen Referaten».

Foodwatch-Nachfrage bleibt unbeantwortet

Ein halbes Jahr später veröffentlichte das Bundesministerium dann eine offenbar überarbeitete Fassung der Studie. Bei der Vorstellung Anfang April bewertete Klöckner den Nutri-Score zurückhaltend und betonte, man wolle mit Befragungen und weiteren Untersuchungen ein eigenes Modell zur Nährwertkennzeichnung entwickeln. Die ursprüngliche Studie des Max-Rubner-Instituts zur Nährwertkennzeichnung wurde bis heute nicht veröffentlicht und wurde Foodwatch auch nicht im Rahmen des IFG-Antrages übermittelt. Als Foodwatch nachfragte, verwies das Ministerium lediglich auf die von Klöckner im April 2019 vorgestellte Fassung des Berichts. Eine weitere Nachfrage blieb vom Ministerium unbeantwortet.

Luise Molling von Foodwatch zu diesem Vorgang: «Politik auf der Basis von Wissenschaft und Fakten, wie von Frau Klöckner immer wieder betont, braucht keine Geheimhaltung von wissenschaftlichen Studien. Über das Informationsfreiheitsgesetz haben Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch auf Informationen von Behörden und Ministerien. Es ist inakzeptabel, dass Frau Klöckner eine von Steuerzahlern bezahlte Studie des staatlichen Max-Rubner-Instituts einfach als «vertraulich» einstuft und die Veröffentlichung verweigert – und stattdessen nur eine überarbeitete Version herausgibt.»