Frankfurt. (fag) Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie haben das Geschäft des Flughafenbetreibers Fraport AG in den ersten drei Monaten des Jahres massiv getroffen. Zum ersten Mal seit dem Börsengang im Jahr 2001 war das Konzern-Ergebnis im ersten Quartal negativ. Die Umsatzeinbußen aufgrund der im März eingebrochenen Passagierzahlen konnten durch Kostensenkungen nur teilweise ausgeglichen werden. Im März lag der Rückgang der Passagierzahlen am Flughafen Frankfurt bei 62 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, in der letzten März-Woche bei 90 Prozent. Im April ging das Passagieraufkommen auf Wochenbasis um bis zu 97 Prozent zurück. Auch an allen internationalen Beteiligungsflughäfen war das Verkehrsaufkommen im März rückläufig. Im April hat sich diese negative Entwicklung noch verstärkt.
Schulte: «Größte Krise der weltweiten Luftfahrt»
Dr. Stefan Schulte, Vorstandsvorsitzender der Fraport AG: «Wir befinden uns in der größten Krise der weltweiten Luftfahrt und unseres Unternehmens. Wir haben frühzeitig umfassende Kostensenkungen eingeleitet. Dennoch hinterlässt die aktuelle Situation tiefe Spuren in unserem Unternehmen. Eine konkrete Prognose für das Gesamtjahr ist derzeit weiterhin nicht möglich. Wir wissen nicht, wie lange die Reiseeinschränkungen noch andauern, und wie stark die weltweite Wirtschaft einbrechen wird. Sicher ist: Die Luftfahrt wird danach eine andere sein. Hierauf bereiten wir unseren Flughafen und unser Unternehmen vor.»
Deutlicher Rückgang beim Umsatz – negatives Konzernergebnis
Der Konzernumsatz ging im ersten Quartal um 17,8 Prozent auf 661,1 Millionen Euro zurück. Bereinigt um Erlöse, die im Zusammenhang mit Ausbauinvestitionen in den internationalen Konzerngesellschaften stehen (nach IFRIC 12), verringerte sich der Umsatz um 12,6 Prozent auf 593,2 Millionen Euro. Das Konzern-Ebitda lag mit 129,1 Millionen Euro um 35,6 Prozent unter dem Wert des Vorjahresquartals. Das Konzern-EBIT belief sich auf 12,3 Millionen Euro, ein Rückgang um 85,7 Prozent. Das EBT verringerte sich auf minus 47,6 Millionen Euro (Q1 2019: 36,5 Millionen Euro). Das Konzern-Ergebnis lag bei minus 35,7 Millionen Euro gegenüber einem Plus von 28,0 Millionen Euro im Vorjahresquartal. Mit Ausnahme der Beteiligung in Lima lieferten auch alle internationalen Beteiligungen einen negativen Ergebnisbeitrag.
Umfassende Kostenmaßnahmen umgesetzt
Um die Folgen der Covid-19-Pandemie möglichst abzufedern, hat Fraport frühzeitig die Kosten reduziert und Kurzarbeit eingeführt. Mehr als 18.000 der rund 22.000 Beschäftigten der Fraport AG am Standort Frankfurt sind derzeit in Kurzarbeit. Durchschnittlich ist die Arbeitszeit über die gesamte Belegschaft im April und Mai um rund 60 Prozent reduziert. Auch die Nutzung der luft- und landseitigen Infrastruktur hat das Unternehmen an die neue Lage angepasst. Die Landebahn Nordwest sowie die Startbahn West wurden temporär außer Betrieb genommen. Die Passagierabfertigung wurde auf Terminal 1 Halle A und B konzentriert, Terminal 2 wird bis auf weiteres nicht mehr für Passagierabfertigung genutzt.
Schulte: «Wir bewerten fortlaufend neu, ob die derzeitigen Kostenmaßnahmen ausreichen, um unser Unternehmen sicher durch diese Krise zu steuern. Dazu gehört auch, dass unser Personalbedarf zum großen Teil vom Verkehrsaufkommen abhängt. Je nachdem, wie lange diese Krise noch andauert, wie tief die weltweite Wirtschaft in eine Rezession abrutscht und auf welchem reduzierten Niveau der Luftverkehrsmarkt nach der Corona-Krise wieder anläuft, werden auch wir unsere Materialausgaben und Personalkapazitäten entsprechend reduzieren müssen.»
Investitionsprojekte müssen warten, Liquiditätsreserven aufgestockt
Auf lange Sicht bleibt Fraport für die Entwicklung des Luftverkehrs positiv eingestellt und hält an den langfristigen Ausbauprojekten fest. Dazu zählen insbesondere der Bau von Terminal 3 in Frankfurt sowie die Erweiterungen in Griechenland sowie Brasilien. Teils ist allerdings die Verfügbarkeit von Dienstleistern und Subunternehmen eingeschränkt, so dass es zu zeitlichen Streckungen einzelner Baumaßnahmen wie beim Terminal 3 kommen wird. In Lima (Peru) wurden die Bauarbeiten im Zusammenhang mit der vorübergehenden Schließung des Flughafens zunächst gestoppt, auch hier wird es entsprechend zu Verzögerungen kommen. Dadurch verringert sich der Mittelabfluss im laufenden Geschäftsjahr gegenüber der ursprünglichen Planung.
Die Fraport AG hat im ersten Quartal des Jahres knapp 900 Millionen Euro an zusätzlichen Krediten aufgenommen und verfügt zum Stichtag 31. März 2020 über mehr als 2,2 Milliarden Euro an liquiden Mitteln und zugesicherten Kreditlinien. Weitere Finanzmittel von über 300 Millionen Euro wurden seit dem Bilanzstichtag gesichert. Damit kann das Unternehmen die aktuelle Situation auch über viele Monate durchstehen.
Ausblick
Aufgrund der nach wie vor hohen Unsicherheit kann für das laufende Geschäftsjahr weiterhin keine konkrete Prognose abgegeben werden. Der Vorstand bestätigt aber den gegebenen Ausblick, dass sich alle finanziellen Leistungsindikatoren deutlich negativ entwickeln werden und erwartet für das Geschäftsjahr 2020 ein negatives Konzern-Ergebnis.
Schulte: «Seit über sechs Wochen sehen wir in Frankfurt praktisch keinen Passagierverkehr. Dennoch halten wir den Flughafen offen, weil er für die Versorgung Deutschlands mit dem Fracht- und Warenverkehr von höchster Bedeutung ist. Die wirtschaftlichen Auswirkungen werden im laufenden Quartal noch massiver sein als im Berichtszeitraum, in dem wir zumindest in den Monaten Januar und Februar noch Passagierverkehr auf einem annähernd normalen Niveau hatten. Wir fokussieren uns derzeit darauf, wie wir als Branche und als Flughafen Frankfurt ein sicheres Wiederhochfahren des Luftverkehrs gewährleisten können. In einer globalisierten Welt wird die Luftfahrt weiterhin ein wichtiger Treiber der wirtschaftlichen Entwicklung und des Wohlstandes sein. Deshalb gehen wir langfristig weiterhin von Wachstum aus – auch wenn es wohl viele Jahre dauern wird, bis wir die Passagierzahlen aus dem vergangenen Jahr wieder erreichen.»
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