München. (wib) Neuerdings schafft es das Thema Getreide locker, in den Olymp der allgemeinen Wirtschafts- und Finanznachrichten aufzusteigen. Lange genug hat es ja gedauert, werden Sie denken. Doch es brauchte seine Zeit, bis sich verschiedene Erkenntnisse durchsetzten. Sicher sein können wir uns dennoch nicht, dass entsprechende Zusammenhänge von nun an selbständig geknüpft werden. Derzeit staunt der Durchschnittsmensch zum Beispiel darüber, dass die Erzeugung von einem Kilogramm Fleisch sieben Kilo Getreide kostet. Neben T-Bone-Steaks und Hamburgern ist die Chicken Soup nicht zu vergessen; allgegenwärtiger Ausdruck asiatischer Vorliebe für Geflügel, die schon beim Frühstück beginnt. «Vor allem in China und Indien wächst der Verbrauch enorm», sagt Wolfgang Deml. Der Vorstandsvorsitzende der BayWa AG in München muss es wissen, denn BayWa ist Deutschlands größter Agrar-Großhändler. Kurzum: Wohlstand kostet Getreide, weil auf den Speisezetteln aufstrebender Nationen zunehmend Fleisch und Geflügel steht – man will sich schließlich was gönnen. «Die Spekulation mit Getreide wird drastisch zunehmen», sagt Deml. Wobei die Europäische Union in den kommenden Jahren kein Problem mit Grundnahrungsmitteln haben wird. «Das Problem haben andere», sagt Deml mit Blick auf Entwicklungs- und Schwellenländer gegenüber dem «Handelsblatt». Doch treibt den BayWa-Chef mehr noch das Thema Biokraftstoffe um. «Global wird zu viel Getreide für deren Produktion verwandt». Die Preissteigerungen von bis zu 70 Prozent für Weizen oder Mais in den letzten zwölf Monaten markierten nicht das Ende der Entwicklung. «Die extremen Investitionen in nachwachsende Rohstoffe werden zu weiteren Preissteigerungen führen». Wie stark der Boom sei, zeige sich in den USA. Der weltgrößte Agrarproduzent will seine Produktion von Bioethanol aus Futtermais in den kommenden drei Jahren von derzeit 45 auf 90 Millionen Tonnen verdoppeln. Das entspreche der jährlichen Anbaumenge von Futtermais in der gesamten EU. Die deutsche Landwirtschaft gehöre zu den Gewinnern. Seit 2006 müssten die Preise für Weizen nicht mehr künstlich gestützt werden. Mit 150 Euro je Tonne liege der Marktpreis heute deutlich über dem Interventionspreis von rund 100 Euro. Die Lager der Bundesanstalt für landwirtschaftliche Entwicklung leerten sich. Von den 3,5 Millionen Tonnen Weizen 2006 seien nur noch 200.000 Tonnen übrig.