München. (bag) Als «unangebracht und höchst unsolidarisch» kritisiert BayWa CEO Prof. Klaus Josef Lutz ein Anfang März in Ungarn in Kraft getretenes Dekret, das den Export mehrerer Grundnahrungsmittel in der EU und international einschränkt. Bis einschließlich 15. Mai behält sich Ungarn ein Vorkaufs- respektive Ankaufsrecht für Weizen und andere Getreidearten, Mais, Soja sowie Sonnenblumenkerne vor. Die Orbán-Regierung will so die Futter- und Lebensmittelversorgung in Ungarn sichern. «Während wir derzeit rund um den Globus eine Welle des Miteinanders und der Hilfsbereitschaft für die Menschen in und aus der Ukraine erleben, fällt die ungarische Regierung zurück in Kleinstaaterei. Die Getreidepreise gehen jetzt schon durch die Decke und werden durch Handelsbeschränkungen wie diese zusätzlich angeheizt. Als EU-Mitglied Milliarden erhalten und sich jetzt so unsolidarisch verhalten, das lässt tief blicken. Das ist ein Bruch des gemeinsamen EU-Binnenmarktes und billiger Populismus im Vorfeld der Wahlen am 03. April», sagt Prof. Lutz. «Mit ihrem Eingriff in den freien Handel verschärft die Orbán-Regierung die sich abzeichnende Verteilungskrise und den Hunger in der Welt.»
Die Weltmarktpreise für Agrarrohstoffe sind zuletzt binnen Tagen exorbitant gestiegen. Durch den Krieg in der Ukraine fällt das Land, das als Kornkammer Europas gilt, als Lieferant für Agrarrohstoffe überwiegend aus. Hauptabnehmer von Brotgetreide aus der Schwarzmeerregion sind vor allem Nordafrika und arabische Länder. Während sich die EU bei Weizen selbst versorgen kann, ist sie bei Mais oder Non-GMO-Soja auf Importe angewiesen – bisher hauptsächlich aus der Ukraine. Die wichtigsten Maisproduzenten innerhalb der EU sind Rumänien, Frankreich und Ungarn.
Nachtrag: Den Vorwurf an Ungarn bestätigt Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie an der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). In ihrer Exportbilanz 2021 der österreichischen Lebensmittelindustrie weist Koßdorff darauf hin, dass Hersteller aufgrund der Lage in der Ukraine gezwungen seien, auf alternative Beschaffungsmärkte auszuweichen. Auch habe jüngst Ungarn vorläufige Exportbeschränkungen für diverse Agrarwaren festgelegt. «Das ist ein massiver Eingriff Ungarns in den freien Warenverkehr innerhalb der EU, der nicht akzeptabel ist. Es wurde bereits eine Protestnote an die EU-Kommission gesendet», erklärt Koßdorff in ihrem Bericht.