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20170623-MEHL

Groupe Minoteries: Der starke Franken wird zunehmend zur Last

Granges-Marnand / CH. (gmsa / eb) Wenn der Euro gegenüber dem Schweizer Franken derzeit rund zehn Prozent unter dem seinerzeit (06.09.2011 bis 15.01.2015) von der Schweizerischen Nationalbank festgelegten Mindestkurs von CHF 1.20 gehandelt wird, dann sind die Folgen auch für die Hersteller von Brot-und Backwaren – und damit die Kunden der Müller aus dem Kanton Waadt – kaum schwer auszumachen, schreibt die Groupe Minoteries SA (GMSA) in ihrem Bericht über das erste Halbjahr 2019, das in Granges-Marnand am 30. Juni endete.

Die Müller sind richtiggehend sauer und haben für den Euro nur Verachtung übrig. Originalton: «Die Importe solcher Produkte haben in den letzten 10 Jahren um rund 66 Prozent zugenommen und dürften – sofern die auf Sand gebaute Gemeinschaftswährung der EU noch stärker erodieren dürfte – noch weiter zunehmen.» Man kann von den europäischen Währungshütern halten was man will. Auch aus bundesdeutscher Perspektive gibt es durchaus Kritik. Andererseits ist die europäische Währungspolitik die unabhängige Politik für gut 500 Millionen Europäer. Die Schweiz hat nur 8,5 Millionen Einwohner und vielleicht ist die Frage gestattet, ob die Politik der Schweizerischen Nationalbank nicht langsam zur Last wird für die Eidgenossen. Diese Frage ist jedoch tabu. Lieber lässt man den Kurs des Schweizer Franken (CHF) in schwindelerregende Höhen wachsen und echauffiert sich im Gegenzug über die Billigländer, die rings um die Schweiz herum entstanden sind. Die Konsequenzen für die eidgenössische Wirtschaft sind gravierend besonders für den Mittelstand. Die üblichen Konzerne hingegen werden Produktionen längst automatisiert oder ins Ausland verlagert haben.

Importdruck lässt den eidgenössischen Markt schrumpfen

Aus der Perspektive der helvetischen Müller, die wahrscheinlich nur Rohstoffe von Schweizer Getreidebauern verarbeiten, stellt sich der Markt wie folgt dar: Der Importdruck von Fertigprodukten in Kombination mit einem seit Jahren rückläufigen Brotkonsum pro Kopf, hat den Mehlmarkt schrumpfen lassen, was für die Groupe Minoteries in einem mengenmäßigen Umsatzrückgang von 5.6 Prozent (Mehle für die menschliche Ernährung / Spezialprodukte und Mehle auf der Basis der reduzierten Zollerleichterungsverordnung) im 1. Halbjahr zum Ausdruck kam. Dass die GMSA nicht die Funktion einer Bank wahrnehmen kann – und will – weil sie sich Debitorenverluste bei der knappen Ertragslage schlichtweg nicht leisten kann, kommt auch im vorgenannten mengenmäßigen Umsatzverlust zum Ausdruck. Rund 2/3 der vorerwähnten 5.6 Prozent sind dieser – im vollem Bewusstsein gewählten – äußerst vorsichtigen Politik geschuldet.

Kerngesund und solide in einem turbulenten Marktumfeld

Der Betriebsgewinn (Ebit) reduzierte sich denn auch zwischen dem 1. Halbjahr 2018 (CHF 2.6 Millionen), was einem Wert von 3.8 Prozent entsprochen hat und dem 1. Semester 2019 auf CHF 2.4 Millionen (3.6 Prozent). Dass dieses Resultat unter den widrigen Wettbewerbsverhältnissen überhaupt erreicht werden konnte, ist der Tatsache geschuldet, dass die betrieblichen Aufwendungen um rund 3.2 Prozent und die Personalaufwendungen um 3.1 Prozent gesenkt werden konnten. Verschiebungen innerhalb der Fertigproduktpalette (Verteilung der Anbauformen: konventionell/IPSuisse/Bio) haben den frankenmäßigen Gesamtumsatz nicht im Gleichschritt mit dem Mengenverlust, sondern etwas geringer, nämlich um 2.8 Prozent (2019: CHF 66.65 Millionen / 2018: CHF 68.6 Millionen) zurückgleiten lassen. Das Nettoergebnis erhöhte sich von CHF 2.1 Millionen (1. Semester 2018) auf CHF 2.8 Millionen im 1. Halbjahr 2019, was ausschließlich auf steuerliche Einmaleffekte zurückzuführen ist. Der Eigenkapitalanteil – dem die Müller als besonne Unternehmer in einem turbulenten Marktumfeld besondere Beachtung schenken – stellt mit 74.5 Prozent (!) einen sehr guten Wert dar, was auch Ausdruck der kerngesunden und soliden Bilanz ist.

Gute Getreideernten sorgen für strukturelle Überversorgung

Nach einer – in qualitativer und quantitativer Hinsicht – befriedigenden Brotgetreideernte 2019 und einer überdurchschnittlichen Mengenbilanz aus den Jahren 2017/2018, zeichnet sich in der Schweiz eine strukturelle Überversorgung des Rohstoffs ab, der kostenmäßig rund 70 Prozent des Nettoumsatzes der Mühlen im Kanton Waadt verursacht. Das ist nicht etwa auf eine Ausdehnung der Flächen – die sich im Verlaufe der letzten fünf Jahren kaum verändert haben – zurückzuführen, sondern ist vielmehr das Ergebnis von drei aufeinanderfolgenden Ernten mit wenig Verlusten («Auswuchsgetreide»/Keimung = Umwandlung von Stärke zu Zucker), notabene bei schrumpfenden Marktvolumen, trotz stetig steigenden Bevölkerungszahlen.

Preise für Schweizer Getreide bleiben auf hohem Niveau

Diese Situation, die in einem freien, völlig ungehindert funktionierenden marktwirtschaftlichen Gefüge ohne jede Leitplanke zumindest für die Verarbeiter eine gute Nachricht wäre, weil die Rohstoffpreise – entsprechend der ökonomischen Logik – nachgeben sollten, macht der Mühlengruppe wider Erwarten jedoch gewisse Sorgen. Als Konsequenz der Überhänge wurden von den Vermarktungsorganisationen «strategische» – nicht aufeinander abgestimmte – Lager angelegt, die jedoch erhebliche finanziellen Lasten (Lagerung/ Umschlag / zusätzliche Transporte / Finanzierung) verursachen. Darüber hinaus erweist sich «Deklassierung» (Denaturierung/Umwandlung von Brotgetreide zu Futtergetreide) als ein ausgesprochen kostspieliges Unterfangen. Mit anderen Worten: Eine Entspannung beim größten Ausgabeposten der Mühlen (Rohstoffe) ist mitnichten zu erwarten, weshalb es für eine Mühlenunternehmung nur noch eine wirkungsvolle Handlungsachse gibt, um das finanzielle Resultat zu halten, nämlich die innerbetrieblichen Kosten weiter zu komprimieren, wobei das Potential in diesem Bereich groß ist, Fehler zu machen, wenn es an Erfahrung, Fingerspitzengefühl oder schlichtweg am notwendigen Fachwissen fehlt.

Groupe Minoteries rechnet mit Marktbereinigung unter den Mühlen

Auch wenn die «G-7» (die sieben größten Mühlen der Schweiz) derzeit knapp 89 Prozent des Marktvolumens (Zahlenbasis Getreidejahr 2017/2018) auf sich vereinigen tummeln sich in der Müllerei – so wie übrigens ganz allgemein in vielen anderen gewerblich / industriellen Tätigkeiten – aufgrund des außer Rand und Band gekommenen Zinsumfelds, wo Geld offenbar nichts mehr kostet – aber auch nichts mehr wert ist – noch einige «Zombie-Mühlen». Doch auch diese Phase wird dereinst vorübergehen und der Groupe Minoteries nach eigenen Angaben damit Möglichkeiten eröffnen, Volumen durch Akquisitionen zu generieren, was erlauben sollte weitere Synergien zu erzielen und damit auch Kosten zu komprimieren. Eine gewisse Geduld – im Sinne der Redewendung «reculer pour mieux sauter» – sei derzeit angesagt, um in der der Mühlengruppe zu Verfügung stehenden Zwischenphase die betrieblichen Strukturen in allen Prozessbereichen weiter zu optimieren (Foto: pixabay.com).