Bonn. (ifm) Die Europäische Kommission hat eine Reihe von Maßnahmen zur Regulierung auf den Weg gebracht, um öffentliche und private Finanzmittel für die Transformation zur Nachhaltigkeit der Wirtschaft zu mobilisieren. So werden ab 2025 auch größere mittelständische Unternehmen (KMU) ohne Kapitalmarktorientierung dazu verpflichtet, Informationen zur Nachhaltigkeit in ihrem Lagebericht zu veröffentlichen. Sie sind somit direkt von den Maßnahmen der EU-Kommission betroffen. Bisher ist dies nur gut der Hälfte der künftig Berichtspflichtigen bekannt, sagt das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn. In den kommenden Monaten bestehe daher weiterer Bedarf zur Sensibilisierung, um den Betrieben die nötige Vorbereitungszeit zur Erfüllung der rechtlichen Vorgaben zu geben.
Mehrheit der mittelständischen Unternehmen indirekt betroffen
Viele KMU müssen schon heute Verbrauchsdaten für Großkunden bereitstellen. Dies gilt besonders für Industrieunternehmen: Nahezu jedes Zweite wurde schon nach entsprechenden Infos gefragt. Die EU-Regulierung wird zu einer Ausweitung dieser Bedarfe führen, da berichtspflichtige KMU die Nachhaltigkeit ihrer Lieferkette und Banken und Sparkassen die Nachhaltigkeit ihres Kreditportfolios aufzeigen müssen. Die Unternehmen rechnen schon – auch aufgrund des deutschen Lieferkettengesetzes – mit vermehrtem Infobedarf in der Lieferkette. Den erhöhten Bedarf der Finanzierungspartner sehen sie noch nicht.
Nachholbedarf bei Erhebung der CO2-Emissionen
Viele Unternehmen erheben schon jetzt eine Reihe an Verbrauchsdaten, etwa für Strom, Wasser oder Treibstoff. Der zusätzliche Erhebungsaufwand, der sich durch die Regulierung ergibt, ist in diesem Bereich also begrenzt. Nachholbedarf besteht hingegen bei der Erfassung der eigenen CO2-Emissionen sowie bei der Aufschlüsselung von Verbrauchs- und Emissionsdaten auf einzelne Kunden und Aufträge. Die Betriebe messen der Erhebung dieser Daten einen hohen Aufwand bei.
Herausforderungen bei der Finanzierung der Transformation
Zwei von drei Unternehmen planen in den kommenden drei Jahren Investitionen in mehr Nachhaltigkeit. Diese wollen sie – neben dem Einsatz von Eigenkapital – vor allem über Bank- und Förderkredite finanzieren. Damit hängt die Nachhaltigkeitswende entscheidend vom Kreditzugang und den Konditionen für KMU ab. Es gibt Faktoren, die die Finanzierung erschweren: So besteht weiterhin Unsicherheit, ob und wie der Markt die Investitionen in grünere Produktionsprozesse honoriert. Auch erschwert die mangelnde Infrastruktur wie fehlender Zugang zu grünem Strom und Wasserstoff die Planbarkeit und Beurteilung der Rentabilität entsprechender Investitionen.
Auswirkungen auf die Kreditvergabe an KMU schwer abzusehen
Die Auswirkungen der Regulierung auf die KMU-Finanzierung lassen sich aktuell schwer abschätzen. Sie hängen stark davon ab, wie Banken künftig ESG-Kriterien bei der Kreditvergabe berücksichtigen. Erschwert wird die Finanzierung von Krediten durch einen Webfehler der Taxonomieregulierung: So wirken sich Kredite an KMU derzeit grundsätzlich negativ auf die Nachhaltigkeitsbilanz einer Bank aus. Dieser Fehler muss zeitnah beseitigt werden. Andernfalls drohen Kredithürden für KMU und Probleme für KMU-finanzierende Banken. Diese Kredithürden können dazu führen, dass KMU Investitionen in nachhaltige Technologien gar nicht oder nur im geringeren Maße durchführen.
EU muss indirekt entstehende Informationsbedarfe frühzeitig mitdenken
Die Bemühungen der EU-Kommission, vereinfachte Berichtsstandards für KMU auf den Weg zu bringen, sind zu begrüßen. Sie sollte sich damit aber beeilen, da schon jetzt Informationsbedarfe von verschiedener Seite an KMU herangetragen werden. Künftig sollten die indirekten Wirkungen regulatorischer Eingriffe auf KMU – besonders neu entstehende Informationsbedarfe – frühzeitig berücksichtigt werden, um einen Wildwuchs an Abfragen und damit eine unkontrollierte Zunahme der Bürokratielast zu vermeiden.
Die Förderung nachhaltiger Finanzierung durch die EU – Auswirkungen auf den Mittelstand – Format PDF | 34 Seiten. IfM Bonn – Jonas Löher, Markus Rieger-Fels, Sebastian Nielen, Christian Schröder – für die regionalen Sparkassen und Volksbanken in Siegen-Wittgenstein und Olpe und die IHK Siegen.
WEITERE THEMEN AUS DIESER RUBRIK FÜR SIE:
- Lohnsteuerhilfe: Höhe der Aussetzungszinsen verfassungswidrig?
- BürokratieentlastungsG IV kann nur ein Auftakt sein
- BayWa AG: Außerplanmäßige Abschreibungen belasten das Ergebnis
- Bundestag debattiert Jahressteuergesetz 2024
- Agravis AG: investiert deutlich in die Stückgutlogistik
- Özdemir zur EUDR: «Kommissionspräsidentin ist am Zug»
- »HerBo43«: Lidl Herne erreicht Meilenstein
- Globus Markthallen: wollen fünf Standorte abgeben
- Logistikzentrum Lauenau: Vorreiter in der Region
- StrongPoint: installiert vollautomatisches Tiefkühllager
- Südzucker: Fallende Preise sorgen für sinkende Prognose
- Systemgastronomie: NGG vertagt Verhandlungen auf November
- Brenntag: weiht größten eigenen Solarpark in Mexiko ein
- Bühler AG: kündigt Integration von Esau + Hueber an
- Strukturreform: Zentralverband treibt seine Modernisierung voran
- Nachhaltig: Kaffeeverband ist «Verband des Jahres»
- DUH gegen Back-Factory: Mehrweg muss immer ausreichend vorrätig sein
- Coop Schweden: 125 Jahre im Dienst der Mitglieder
- Valeo Foods: kündigt Übernahme von I.D.C. Holding an
- EU AI Act: Unternehmen sehen neue Regeln mit Skepsis