Samstag, 3. Juni 2023
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Insolvenz-Ursache Nr. 1: Nichts geht ohne Eigenkapital !

Wien / AT. (ksv) Mehr als die Hälfte der insolventen Unternehmen scheiterte im Jahr 2014 aufgrund unternehmensinterner Verluste, und dabei spielte der Mangel an Eigenkapital eine der Hauptrollen. Weit abgeschlagen folgen Fahrlässigkeit und externe Auslöser als Ursachen für Insolvenzen – je mit 15 Prozent.

Um nicht in die Falle der «unternehmensinternen Verluste» zu gehen, ist es unbedingt notwendig, Unternehmen mit ausreichend Eigenkapital auszustatten. Die Zeiten des Wachstums auf Kredit sind vorbei. Nicht weil der Kredit so teuer wäre, ganz im Gegenteil. Das Wachstum ist nicht da. Und da lässt sich nur mit Eigenkapital vernünftig wirtschaften. Die Investoren gibt es, nur die Unternehmer müssen noch lernen, mit Eigenkapital zu arbeiten und mit Investoren zu kommunizieren. Es ist viel leichter, auf Basis eines guten Businessplans und dem darin abgebildeten Optimismus Geldgeber zu überzeugen, als wenn eine Kapitalspritze nur noch die Pleite abwenden helfen soll.

KSV 1870 Insolvenzexperte Dr. Hans-Georg Kantner setzt sich mit den Gründen des Scheiterns seit vielen Jahren auseinander und weiß: «Es zeigt sich, dass auch schon länger tätige Unternehmer oft keinen «Plan B» haben oder/und sich überhaupt zu wenig mit der Zukunft auseinandersetzen. Geschäftsmodelle altern heute viel schneller als noch vor einer Generation. Da bedarf es der Fähigkeit, die Zeichen der Zeit zu erkennen und danach zu handeln, das Zepter nicht aus der Hand zu geben und selbst die nötigen Schritte zu setzen».

Zu den «externen Auslösern» (15 Prozent) zählen etwa Kreditrestriktionen der Hausbank, Änderung rechtlicher Rahmenbedingungen oder verschärfter Wettbewerb. Fehlendes Debitorenmanagement und Dominoeffekte bei Großinsolvenzen gehören weitgehend der Vergangenheit an. Seit der Pleite des «Konsum» im Jahr 1995 weiß man, dass es keine unsinkbaren Schiffe gibt und Unternehmer haben daraus gelernt. So sind die Insolvenzen als Folge einer Lieferanten- oder Abnehmerinsolvenz mit insgesamt zwei Prozent ausgesprochen selten.

Der Preis der Selbständigkeit

In kaum einem europäischen Land gibt es so wenig Unternehmen, wie in Österreich. Auch wenn sich schon einiges gebessert hat, hat Österreich immer noch zu wenig Selbstständige, die Innovationen vorantreiben, Arbeitsplätze schaffen und Steuern zahlen. Österreich verzeichnet über die Jahre eine Insolvenzquote von etwa 1,3 Prozent aller aktiven Unternehmen. Das bedeutet, dass immerhin über 98 Prozent der Unternehmen über die Runden kommen. Knapp die Hälfte der Insolvenzen entfällt auf Unternehmen, die nicht älter als fünf Jahre sind. Für Dr. Hans-Georg Kantner ist das keine Überraschung: «Das entspricht ja auch der Lebenserfahrung, dass jeder sich erst einmal beweisen und behaupten muss. Wem das gelungen ist, der ist mit einer deutlich unterdurchschnittlichen Insolvenzgefahr konfrontiert».

Insolvenz kein Stigma mehr

In den vergangenen 20 Jahren hat die Insolvenz schrittweise ihr Stigma verloren. Langsam spricht sich herum, dass es ein Leben nach der Insolvenz gibt, dass unternehmerisches Scheitern einen Lerneffekt hat und dass eine Restrukturierung ein Unternehmen schlagkräftiger und leistungsfähiger machen kann. Gescheiterte Unternehmer erfahren meist die Solidarität ihrer Gläubiger, denen in vielen Fällen ein momentaner Geldverlust leichter verschmerzbar erscheint, als der Verlust eines langjährigen Kunden.

«Wenn alles nichts hilft, dann ist daher ein gut überlegter und vorbereiteter Insolvenzantrag immer noch der weitaus bessere Weg, als das «Weiterwursteln». Unternehmer, die selbst frühzeitig die unliebsamen Schritte setzen, beweisen Handlungsfähigkeit und können damit nicht selten ihre Gläubiger und Mitarbeiter bei der Stange halten. Immerhin münden mehr als 30 Prozent aller Insolvenzverfahren in Österreich in einem Sanierungsplan. Es geht irgendwie weiter, man muss sich nur rechtzeitig darum bemühen», fasst der KSV1870 Experte Hans-Georg Kantner die Situation zusammen.

Zur Analyse

Die Experten des Kreditschutzverbands von 1870 (KSV 1870) werten in rund 95 Prozent aller Insolvenzfälle die Ursachen aus. Der Einfachheit halber tun sie das nach einem Multiple Choice-Verfahren, das 18 typische Ursachen vorgibt. Dadurch entstehen klare und trennscharfe Ergebnisse.

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