Bonn. (kd) Die Mitglieder des Verbands Kulinaria Deutschland trafen sich zu ihrer Mitgliederversammlung 2023 in Hamburg. Neben den Sachthemen verschiedener Fachgruppen diskutierte die Versammlung unter anderem über die angespannte Situation zwischen Industrie und Handel sowie über das geplante Werbeverbot des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).
Werbeverbot
Zu den Plänen des BMEL, «an Kinder gerichtete» Lebensmittelwerbung einzuschränken, nahm Prof. Dr. Martin Holle von der HAW Hamburg eine rechtliche Einordnung vor und zog Parallelen zum Verbot der Tabakwerbung sowie zum (erfolglosen) Werbeverbot in Großbritannien. Zum geplanten Werbeverbot in Deutschland zog Holle ein klares Fazit: Der Entwurf des BMEL ist in der vorliegenden Form verfassungswidrig. Das umfassende Verbot der Werbung für etwa 70 Prozent der im Markt befindlichen Lebensmittel gehe weit über das zum Schutz von Kindern erforderliche Maß hinaus.
Wirtschaftskrise
Die Veranstaltung bot auch Gelegenheit, über die aktuelle Wirtschaftslage und die derzeit angespannten Beziehungen zwischen Industrie und Handel zu diskutieren. Einigkeit besteht darüber, dass die inflatorische Preisentwicklung auf dem Markt zwar abgebremst ist; die Nachwirkungen der vielfältigen Krisen belasten die Unternehmen der Lebensmittelindustrie aber nach wie vor. Vereinzelt fallende Rohstoffpreise wirken sich nicht unmittelbar auf langfristig angelegte Kontrakte der Hersteller aus. Zudem ist die Preisentwicklung durchaus dynamisch und nicht in allen Bereichen gleichgerichtet. So fällt aktuell zum Beispiel der Zuckerpreis nicht, sondern steigt im Gegenteil weiter an. Und auch die Energiekosten bewegen sich immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Hinzu kommen steigende Personalkosten vor dem Hintergrund aktueller Tarifabschlüsse, die die Situation der Hersteller ebenfalls belasten. Die Lage bleibt daher angespannt. «Die zum Teil wahrzunehmende Polemik hilft hier nicht weiter. Stattdessen sollten der Handel und seine Partner gemeinsam daran arbeiten, die Sortimentsbreite aufrecht zu erhalten», kommentiert Dr. Markus Weck, Hauptgeschäftsführer des Verbands, die aktuelle Situation.
Wandel
Im Anschluss an die Sachthemen betrachtete Ulrich Köhler vom Trendbüro, Beratungsunternehmen für gesellschaftlichen Wandel, die Zukunft der Ernährung. Zu beobachten sei eine fortschreitende Politisierung des Essens. Nach «Flightshame» und «Bodyshame» ist die Diskussion längst beim Thema «Foodshame» angekommen. Eine Herausforderung für die Hersteller: Im Zeitalter von Hyperindividualisierung und Digitalisierung müssten heutige Marken starke Erzählungen bieten, Identifikationspotenzial haben und einen funktionalen Mehrwert für Verbraucher schaffen.
Nach Angaben des Verbands Kulinaria Deutschland wären auch Brot (einschließlich gesüßtes Brot), ungesüßte Backwaren, Knäckebrot, Zwieback und ähnliche Waren (inklusive Teig zur Herstellung dieser Waren) vom geplanten Werbeverbot betroffen, sofern sie mehr als 10 Gramm Fett und/oder 10 Gramm Zucker und/oder 1,2 Gramm Salz je 100 Gramm Lebensmittel enthalten. Beispiel: Selbst eine Laugenbrezel, bei der das sichtbare Salz entfernt sei, enthalte noch 1,9 Gramm Salz je 100 Gramm und dürfte nicht mehr beworben werden. Der Verband mit Sitz in Bonn vertritt bundesweit 130 Mitgliedsunternehmen, die mit rund 10’000 Arbeitsplätzen per Anno einen Branchenumsatz von insgesamt zwei Milliarden Euro generieren (Foto: Öksana Dolzhko).
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