Bonn. (fei / eb) Wie der Forschungskreis der Ernährungsindustrie (FEI) berichtet, koordiniert er aktuell ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) unter dem Titel «Kultiviertes Fleisch als Lösung für die Fleischproduktion der Zukunft: Forschungsteam entwickelt Stützstrukturen für kultiviertes Fleisch».
Vor dem Hintergrund des Klimawandels, des zunehmenden Wohlstands (und höheren Fleischkonsums) in den Boomregionen dieser Welt sowie daraus resultierenden ethischen Fragen gilt «Novel Meat», das kultivierte Fleisch aus dem Bioreaktor, als vielversprechender Lösungsansatz für die Herausforderungen dieser Zeit. Die Entwicklung von konkurrenzfähigem weißen Fleisch (Geflügel), roten Fleisch (Rind) und Fisch ist unterschiedlich weit fortgeschritten. Konsequent vorangetrieben und am weitesten entwickelt sind die Bemühungen mit in Israel. Dort hat Premierminister Benjamin Netanjahu schon 2020 die ersten Erzeugnisse inspiziert – siehe «Premierminister testet erstes kultiviertes Rindersteak». Das erste Geflügelfleisch mit weltweit erster behördlicher Zulassung wurde 2021 von der amerikanischen Eat Just Inc. in Singapur präsentiert – siehe «Chicken-Nuggets aus dem Bioreaktor gibt’s jetzt auch im Restaurant». 2023 gehörte die Aufmerksamkeit wieder Israel, als Benjamin Netanjahu «Fisch aus dem 3D-Druck» verkostete. Die Frage nach dem industriellen Maßstab stellt sich seit Forschungsbeginn und wurde 2021 beantwortet mit der Nachricht «FMT nimmt weltweit erste Industrieanlage in Betrieb». Das im industriellen Maßstab erzeugte Novel Meat soll gegenüber konventionellem Fleisch konkurrenzfähig sein.
(Foto: Koby Gidon – Pressestelle der Regierung – GPO – Israel 2020)
Während in Europa (a) die traditionelle Tierzucht und Fleischverarbeitung erfolgreich ihre Felle verteidigt, (b) ein Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft nach wie vor von Bullerbü träumt und (c) immer mehr Forscher dem europäischen Markt enttäuscht den Rücken kehren, werden in anderen Teilen dieser Welt Vertriebsstrukturen aufgebaut und Märkte etabliert. Unter den Akteuren an vorderster Front mit dabei sind die Konzerne der Fleischwirtschaft, weil sie am ehesten wissen, wie Absatzmärkte zu erschließen und anzukurbeln sind. Das ist kein Widerspruch, denn der gesunde Menschenverstand wirkt rund um den Globus zielstrebig darauf hin, das Tierleid und die damit verbundenen Belastungen für die Umwelt – bei steigendem Appetit auf Fleisch – möglichst bald zu beenden oder doch mindestens zu reduzieren.
Vor diesem Hintergrund ist zu begrüßen, dass sich auch die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) in Deutschland dieses Themas annehmen will: Durch die Gewebezüchtung mit dem Ziel, Fleisch im industriellen Maßstab in vitro herzustellen, werde eine nachhaltige und ethisch vertretbare Produktion von Fleisch ermöglicht. Nicht zu vergessen wären hygienische Aspekte, muss man hinzufügen. Steigt der Konsum von Novel Meat, sollte dies umgehend an einem sinkenden Krankenstand abzulesen sein. Maläsen wie zum Beispiel die Volkskrankheit Campylobacter träten dann deutlich seltener auf.
Um sowohl qualitativ als auch preislich mit Tierprodukten konkurrenzfähig zu werden, seien noch viele Hürden zu nehmen, heißt es aus Bonn. Doch sind diese Hürden eindeutig überwindbar, möchte man mit Blick auf die weltweiten Entwicklungen (siehe oben) ergänzen. Einen wichtigen Beitrag könne ein an der TU Berlin durchgeführtes IGF-Projekt des FEI leisten, in dem erforderliche Stützstrukturen für kultiviertes Fleisch gezielt hergestellt werden. Na dann mal los… (Titelfoto: Future Meat Technologies 2021).
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