Bielefeld. (oe) Unter Berücksichtigung der herausfordernden Rahmenbedingungen infolge des Kriegs in der Ukraine, gelang es der Oetker-Gruppe im Geschäftsjahr 2022, ein noch ordentliches Ergebnis zu erzielen. Die Geschäftsbereiche Nahrungsmittel, Bier und alkoholfreie Getränke sowie Weitere Interessen erreichten einen konsolidierten Nettoumsatz in Höhe von 6.508 Millionen Euro und wuchsen damit im Vergleich zum Vorjahr um 11,6 Prozent.
«Der im Februar 2022 ausgebrochene Krieg in der Ukraine hat alles verändert: Neben den gravierenden gesellschaftlichen und politischen Folgen, die der Krieg verursacht, musste auch die Weltwirtschaft schwere Rückschläge hinnehmen. Die Rohwaren- und Energiepreise auf den Weltmärkten stiegen in bislang nicht bekannte Höhen – und zwar in kürzester Zeit. Eine alle Bereiche des Lebens beeinflussende Inflation, die alle Verbraucherinnen und Verbraucher bis heute tagtäglich vor allem an den Supermarktkassen spüren, war die Folge. Umso erfreulicher ist es, dass es der Oetker-Gruppe gelungen ist, diesen Herausforderungen dank hohem Kostenbewusstsein Stand zu halten und ihre Umsätze auf 6,5 Milliarden Euro zu steigern», kommentiert Dr. Albert Christmann, persönlich haftender Gesellschafter der Dr. August Oetker KG, die jetzt veröffentlichten Zahlen.
Für das laufende Geschäftsjahr äußert sich Christmann vorsichtig optimistisch: «Unsere hohe Resilienz darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir nach wie vor mit signifikanten Kostensteigerungen in nahezu allen betrieblichen Bereichen, vor allem aber auf der Beschaffungs- und Lohnseite, zu kämpfen haben. Dies zwingt uns zu massiven Maßnahmen zur Kosteneinsparung, die uns wahrscheinlich noch in den kommenden beiden Jahren begleiten werden. Allerdings bin ich zuversichtlich, dass wir die Herausforderungen gemeinsam im Gruppenverbund nicht nur lösen, sondern die sich hieraus ergebenden Opportunitäten auch beherzt ergreifen werden. Dazu gehören die Nutzung der sich ergebenden Marktchancen wie auch das Vorantreiben der digitalen Transformation unserer Unternehmen. Am Ende werden wir gestärkt aus diesen Krisenzeiten hervorgehen.»
Das Geschäftsjahr 2022 im Detail:
Umsätze der Oetker-Gruppe
Die Oetker-Gruppe erzielte 2022 insgesamt Umsatzerlöse in Höhe von 6.508 Millionen Euro; dies entspricht einer Steigerung um 11,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Alle Geschäftsbereiche konnten ihre Umsatzerlöse gegenüber dem Vorjahr steigern, wobei der Geschäftsbereich Weitere Interessen mit 30,3 Prozent das stärkste relative Wachstum verzeichnete und somit seinen Anteil am Gesamtumsatz ausbauen konnte. Getrieben wurde dieses Umsatzwachstum in erster Linie durch die digitalen Geschäftsmodelle, allen voran Flaschenpost. Die Unternehmensgruppe transformiert sich erfolgreich vom Getränkesofortlieferanten zum Online-Supermarkt und konnte infolgedessen im Umsatz erheblich zulegen. Daneben profitierten die beiden Hotels davon, dass internationale Tourismusreisen wieder nahezu uneingeschränkt möglich waren. Dies spiegelte sich entsprechend in signifikanten Wachstumsraten der Hotels wider. Die Umsätze der konsumgüterorientierten Geschäftsbereiche Nahrungsmittel sowie Bier und alkoholfreie Getränke lagen ebenfalls jeweils deutlich über dem Niveau des Vorjahres, wobei Preiserhöhungen teilweise ursächlich für den Umsatzanstieg waren. Sowohl Dr. Oetker als auch die Radeberger Gruppe lagen beim Umsatz im Rahmen des Erwartbaren. Die Biersparte wuchs um 14,6 Prozent auf 1.858 Millionen Euro. Nach den Corona-bedingten Einschränkungen in den Vorjahren wirkte der im Jahr 2022 wieder anziehende Außer-Haus-Konsum belebend auf die Ab- und Umsätze im Geschäftsbereich Bier und alkoholfreie Getränke. Dr. Oetker steigerte zusammen mit der Conditorei Coppenrath + Wiese die Umsatzerlöse um 7,5 Prozent auf 3.963 Millionen Euro. Besonders erfreulich entwickelten sich das Pizza- und Professional-Geschäft.
Der in Deutschland erzielte Umsatz der Nahrungsmittel-Sparte erhöhte sich um 14,8 Prozent auf 3.645 Millionen Euro. Der Anteil des außerhalb Deutschlands erzielten Umsatzes liegt bei 44 Prozent des Gesamtumsatzes.
Investitionen
Die Investitionen der Oetker-Gruppe (ohne Erstkonsolidierungen) in Höhe von 231 Millionen Euro lag um 16,3 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres (267 Millionen Euro). Der Rückgang resultierte aus geringeren Volumina in der Biersparte und im Geschäftsbereich Nahrungsmittel, auch infolge der krisenbedingten Vorsichtsmaßnahmen sowie immer noch gestörter Supply Chains auf der Lieferantenseite. Die Investitionen des Geschäftsbereichs Weitere Interessen waren mit 41 Millionen Euro annähernd so hoch wie im Vorjahr. Der Großteil der Investitionen von insgesamt 231 Millionen Euro entfiel auf den Geschäftsbereich Nahrungsmittel, die Ausgaben sind dort wiederum schwerpunktmäßig im Produktions- und Logistikbereich angefallen.
Mitarbeiter
Die erstmals auf vollzeitäquivalenter Basis ausgewiesene Anzahl der Beschäftigten wuchs im Berichtsjahr um 5,2 Prozent auf 29.399 (Vorjahr: 27.949). Im Jahr 2022 waren 19.210 Mitarbeiter innerhalb und 10.189 Mitarbeiter außerhalb Deutschlands für die Gruppe tätig.
Geschäftsverlauf der einzelnen Geschäftsbereiche
Geschäftsbereich Nahrungsmittel erzielt Ergebnis über den Erwartungen
Der Geschäftsbereich Nahrungsmittel setzt sich aus den Unternehmen Dr. Oetker und Conditorei Coppenrath + Wiese zusammen. Im Geschäftsjahr 2022 erwirtschaftete er insgesamt Umsatzerlöse in Höhe von 3.963 Millionen Euro. Im Jahr 2022 waren sämtliche Landesgesellschaften der beiden Nahrungsmittelunternehmen von einem massiven Kostenauftrieb in noch nie dagewesenem Ausmaß betroffen. Daraufhin erfolgten Preiserhöhungen, die nicht den externen Kostenanstieg kompensierten, sowie signifikante Einschnitte auf der Kostenseite. Allerdings war schnell im Laufe des ersten Halbjahres 2022 absehbar, dass die Preiserhöhungen sowie alle Kostenmaßnahmen nicht ausreichen würden, um die zunehmende Ergebnisauswirkung der inflationären Kostensteigerungen zu kompensieren. Daraufhin hat sich die Gruppe zur Initiierung eines Effizienzprogramms entschieden, mit dem strukturell und somit nachhaltig Kosten eingespart werden. Das Programm konzentriert sich in erster Linie auf die Verschlankung von Strukturen und Prozessen. Insgesamt sollen jährliche Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe weltweit realisiert werden. Sie werden es der Unternehmensgruppe ermöglichen, ihre Widerstandsfähigkeit zu erhöhen und ihre Produkte weiterhin zu wettbewerbsfähigen Preisen anzubieten. Auf diesem Wege soll zumindest ein Teil des erheblichen, vor allem von Energie und Rohwaren getriebenen Kostenanstiegs kompensiert und in nachhaltiges Wachstum investiert werden. Die Umsetzung der verschiedenen Maßnahmen hat 2022 begonnen und wird 2023 Schritt für Schritt fortgesetzt.
Das Umsatzwachstum im Geschäftsbereich Nahrungsmittel resultierte in Teilen aus den beschriebenen Preiserhöhungen. Gegenläufig wirkte sich die Aufgabe des Geschäfts von Dr. Oetker in Russland aus: Direkt nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine hatte Dr. Oetker alle Exporte nach Russland, alle Investitionen in die russische Schwestergesellschaft sowie sämtliche Marketingaktivitäten gestoppt. In der Folge gab Dr. Oetker alle Anteile an der russischen Dr. Oetker Organisation ab und beendete damit sämtliche Aktivitäten in Russland. Neben dem Ausfall an Umsatz und Ergebnis war zudem ein nennenswerter und deswegen merklich spürbarer Einmalaufwand zu verzeichnen.
Zusätzlich zu den Änderungen im Konsolidierungskreis haben sich Wechselkurseffekte auf die Umsatzentwicklung ausgewirkt. Die insgesamt positiven Kurseinflüsse resultierten vor allem aus der Schwächung des Euro gegenüber den nord- und südamerikanischen Währungen. Nach Bereinigung um Währungseinflüsse und konsolidierungskreisbedingte Effekte verzeichneten die beiden Nahrungsmittelunternehmen zusammen ein organisches Wachstum von 5,7 Prozent.
Dr. Oetker steigerte seine Umsatzerlöse um 7,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und konnte organisch um 4,9 Prozent wachsen. Auch im Geschäftsjahr 2022 waren innovative, nachhaltige und gesündere Produkte ein Erfolgsfaktor für Dr. Oetker. Gleichwohl mussten absatzseitig zum Teil Mengenverluste hingenommen werden, vor allem bei Dekorationsartikeln in der Kategorie Kuchen und Dessert, bei denen die Verbraucher als Reaktion auf die hohen Inflationsraten mit Kaufzurückhaltung reagierten. Dies hat besonders bei Wilton in den USA, dem Marktführer für Tortendekoration, sowie im Geschäft mit Backspezialartikeln der sogenannten Specialty-Retail-Unternehmen zu Umsatzeinbußen geführt. Insgesamt konnten die Umsatzerlöse der Kategorie Kuchen und Dessert gegenüber dem Vorjahr aber leicht zulegen. Grund hierfür ist vor allem ein preisbedingtes Wachstum bei den Backprodukten und Pulverdesserts.
In der Kategorie Pizza sind trotz der notwendigen Preiserhöhungen Mengeneinbußen im Wesentlichen ausgefallen. Dies lag einerseits an erfolgreichen Promotions-Aktivitäten; andererseits wirkten sich die rezeptorische Überarbeitung der wichtigen Pizza-Submarken sowie die Produktinnovationen La Mia Grande und La Mia Pinsa positiv aus. Die Umsatzerlöse haben in der Kategorie Pizza das Vorjahresniveau übertroffen.
Das Professional-Geschäft entwickelte sich nach den starken pandemiebedingten Einbußen in den Vorjahren ordentlich. Allerdings sinkt die Nachfrage im Außer-Haus-Markt nach würzigen Nährmittelprodukten seit Jahren kontinuierlich. Dadurch war die Produktion des Werks Ettlingen defizitär, was im Geschäftsjahr zur Einstellung der Produktion an diesem Standort geführt hat. Demgegenüber verzeichneten die Märkte für Pizza, Kuchen und Dessert – die strategischen Sortimente von Dr. Oetker – auch im Außer-Haus-Geschäft positive Entwicklungen. Entsprechend wird sich der Bereich Professional in Zukunft auf den Vertrieb dieser Sortimente fokussieren. Die insgesamt deutliche Erholung im Jahr 2022 zeigte sich über alle Länder hinweg, wobei besonders in Indien das Geschäft mit Schnellrestaurantketten die Erwartungen übertroffen hat.
Das Umsatzwachstum fand in allen Regionen statt: So konnten die europäischen Märkte, vor allem in Deutschland und Osteuropa, sowie die Region 3A (Afrika/Asien/Australien) zulegen, während das Wachstum in der Region Amerika in erster Linie währungsbedingt war.
Nach einem bereits guten Vorjahr verzeichnete die Region Westeuropa erneut Umsatzzuwächse, die höher als erwartet ausfielen. Gleichwohl war die Mengenentwicklung in einigen Ländern herausfordernd: Vor allem in Italien war Dr. Oetker mit einem rückläufigen Markt für Nährmittel konfrontiert. In Spanien und Portugal zeigten sich negative Mengeneffekte aufgrund einer preiselastischen Nachfrage der Verbraucher ebenso wie in Österreich.
In Osteuropa erzielte Dr. Oetker trotz negativer Währungseffekte und der Aufgabe des Geschäftes in Russland einen Umsatzzuwachs gegenüber dem Vorjahr. Hierzu beigetragen haben besonders zusätzliche Listungen bei verschiedenen Kunden in Polen.
Die Umsätze der Region Amerika wuchsen moderat, besonders in den Märkten Kanada und Brasilien.
Auch die Geschäftsentwicklung in der Region 3A lag umsatzseitig über Vorjahr. Zuwächse konnten vor allem in Indien, bedingt durch die erfreuliche Entwicklung im Professional-Geschäft, und in Südafrika erzielt werden. Dagegen war Ägypten besonders von den Folgen des Kriegs in der Ukraine betroffen: Signifikante Preissteigerungen für Basis-Backzutaten wie Mehl, Zucker und Eier haben zu einem Rückgang der Backintensität und somit zu einer geringeren Nachfrage nach Backpulver und Vanillin geführt.
Das Geschäft mit Backspezialartikeln der sogenannten Specialty-Retail-Unternehmen war gekennzeichnet von der Konsumzurückhaltung der Hobbybäcker bei Dekorartikeln. Insgesamt verzeichnete der Bereich dieser neuen Geschäftsmodelle ein deutliches Wachstum, das allerdings auf die erstmals ganzjährige Berücksichtigung der im Vorjahr akquirierten Create Better Group zurückzuführen ist.
Die Conditorei Coppenrath + Wiese erzielte im Jahr 2022 einen deutlichen Umsatzanstieg um 11,3 Prozent. Dieses Wachstum resultierte auch aus Preiserhöhungen, die als Reaktion auf massive Kostensteigerungen trotz signifikanter interner Effizienzsteigerungen nicht völlig zu vermeiden waren. Während das Handelsmarkengeschäft in Deutschland weiter zurückging, konnte sich das Markengeschäft besonders in den strategischen Segmenten Blechkuchen und Brötchen sowie Torten behaupten. Die kleinen Produkte, wie zum Beispiel kleine Back- und Blechkuchen, sind vergleichsweise preiselastischer und waren daher stärker von Konsumzurückhaltung betroffen. In Großbritannien sind die Bedingungen aufgrund der Post-Brexit-Situation, des noch immer ungünstigen Wechselkurses des britischen Pfunds zum Euro sowie hoher Inflationsraten weiterhin herausfordernd. Dennoch konnte die Conditorei Coppenrath + Wiese ihr dortiges Geschäft weiter ausbauen. Das Geschäft in Nordamerika entwickelte sich anhaltend positiv.
Die Investitionen im Geschäftsbereich Nahrungsmittel lagen im Jahr 2022 mit 125 Millionen Euro um 7,6 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres (136 Millionen Euro). Mit dem weiterhin hohen Investitionsniveau schaffen die Unternehmen nicht nur die Grundlagen für künftiges Wachstum in den kommenden Jahren und gewährleisten den aktuellen Stand der Technik, sondern investieren auch massiv in Nachhaltigkeitsprojekte gemäß ihrer Sustainability Charter sowie in die zukunftsfähige, datengetriebene Digitalisierung aller Unternehmensprozesse. Wesentliche Projekte, die im letzten Jahr fertiggestellt wurden, betreffen beispielsweise die Automatisierung von Produktionslinien, das Sozialgebäude am Standort Wittenburg, den Aufbau einer neuen Linie für innovative Produkte sowie erste Investitionen in Solaranlagen am Standort Wittlich, die Inbetriebnahme eines neuen Lagers am Standort Leyland in Großbritannien sowie Werks- und Lagererweiterungen in Mexiko. Die Conditorei Coppenrath + Wiese hat im abgelaufenen Geschäftsjahr Investitionen in Aus- und Weiterbildungseinrichtungen sowie in den Neubau eines Gebäudes für Forschung und Entwicklung getätigt, nachdem in den Vorjahren maßgeblich in den Ausbau der Fertigungs- und Lagerkapazitäten investiert wurde.
Die in Vollzeitäquivalenten angegebene Anzahl der Beschäftigten im Geschäftsbereich Nahrungsmittel ist mit 16.924 stabil geblieben.
Der Geschäftsbereich Bier und alkoholfreie Getränke erreicht deutliches Umsatzplus
Die Umsatzerlöse der Radeberger Gruppe beliefen sich im Geschäftsjahr 2022 auf 1.858 Millionen Euro und konnten im Rahmen der Erwartungen gegenüber dem Vorjahr gesteigert werden (+14,6 Prozent). Angesichts der herausfordernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist diese Entwicklung umso erfreulicher, wobei der Geschäftsverlauf innerhalb der einzelnen Unternehmensbereiche im Jahr 2022 unterschiedlich ausgeprägt war.
Im Brauereigeschäft haben sich die Exportabsätze rückläufig entwickelt, unter anderem wegen der Einstellung des Geschäftes mit Russland, aber auch aufgrund der Geschäftsentwicklung in den USA, dem größten Exportland, das unter gestörten Lieferketten gelitten hat. Neben den Mengenverlusten im Exportgeschäft belasteten signifikant gestiegene Beschaffungs- und Transportkosten das Ergebnis. Zur Gegensteuerung wurden Preisanpassungen und darüber hinaus interne Kosteneinsparungsmaßnahmen eingeleitet. Bei den Getränkefachmärkten musste Getränke Hoffmann nach zwei Rekordjahren infolge der Corona-Pandemie einen Teil der Absätze erwartungsgemäß wieder an den Out-of-Home-Absatzkanal abgeben. Zudem führten höhere Energiekosten, gestiegene Mietaufwendungen sowie die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns zu einer spürbaren Ergebnisbelastung. Hingegen profitierten die DrinkPort-Betriebe von dem anziehenden Außer-Haus-Konsum. Die Streckenlogistik, die gemeinsam mit Veltins über das Joint Venture Deutsche Getränke Logistik (DGL) betrieben wird, war ebenfalls mit zunehmenden und kostenintensiven Störungen der Lieferkette konfrontiert, konnte sie aber erfolgreich bewältigen. Der Leergutspezialist H. Leiter GmbH blieb eine entscheidende Stütze bei der Absicherung der Lieferfähigkeit der Radeberger Gruppe. Allerdings belasteten auch hier erhöhte Aufwendungen für Personal, Personaldienstleister und Energie das Ergebnis.
Der allgemeinen Marktentwicklung folgend erzielte das Portfolio der Radeberger Gruppe im abgelaufenen Berichtsjahr in der Summe ein erfreuliches Absatzwachstum. Hierzu beigetragen haben auch die erfolgreiche Umsetzung diverser Marketingmaßnahmen sowie die Einführung von weiteren Neuprodukten. Die nationalen Marken verzeichneten insgesamt ein leichtes Absatzwachstum im Vergleich zum Vorjahr. So konnte der Absatz der fassbierstarken Marke Radeberger Pilsner um 5,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesteigert werden.
Bei den nationalen Spezialitäten konnte sich die Marke Allgäuer Büble Bier sehr erfolgreich entwickeln, auch die Marke Oberdorfer überzeugte mit einem erfreulichen Wachstum gegenüber dem Vorjahr.
Im Segment der regionalen Premiummarken verzeichnete die stärkste Marke des Segments, Ur-Krostitzer, einen Absatzrückgang ausgelöst durch Kapazitätsengpässe in der Produktion sowie bewusst reduzierter Promotion-Aktivitäten. Ein großer Teil der Nachfrage konnte auf die ostregionale Marke Freiberger umgeleitet werden, die sich entsprechend positiv entwickelte. Aber auch die meisten anderen regionalen Premiummarken steigerten ihre Absätze, dies gilt besonders für die Hauptstadt-Marken Berliner Kindl und Berliner Pilsner. In der Gesamtbetrachtung war die Entwicklung der Absatzzahlen für dieses Segment recht erfreulich.
Das Segment der alkoholfreien Getränke mit seinem starken Fokus auf dem Außer- Haus-Markt respektive der Gastronomie hat sich von den Einflüssen der Corona-Pandemie erholt und legte im Jahr 2022 beim Absatz wieder deutlich zu.
Die Investitionen der Radeberger Gruppe summierten sich auf 65 Millionen Euro und lagen damit unter dem hohen Niveau des Vorjahres (99 Millionen Euro). Ein Großteil der Investitionen betraf den Standort Radeberg. Hier wurden neben technischen Anlageinvestitionen für die Entalkoholisierung auch entsprechende Gebäudeinvestitionen getätigt. Darüber hinaus gab es weitere standortspezifische Veränderungen zur Optimierung von Produktions- und Logistikprozessen, wie zum Beispiel am Brauereistandort Dortmund, wo eine neue Dosenabfüllanlage installiert wurde. In Krostitz wurde eine neue Hefebierrückgewinnungsanlage in Betrieb genommen.
Im Herbst 2022 hat die Radeberger Gruppe die Schließung des Brauereistandorts in Frankfurt am Main und die Verlagerung der dortigen Produktions- und Abfüllmengen auf andere Brauereistandorte der Gruppe beschlossen. Damit stellt sich die Radeberger Gruppe vorausschauend auf einen durch strukturelle Veränderungen langfristig weiter rückläufigen Biermarkt ein, der vor allem durch die weiteren Folgen der Krisen zusätzlich empfindlich unter Druck stehen wird: Wirtschaftlich stark belastende Überkapazitäten werden aus dem Markt genommen und die übrigen Braustandorte in allen Regionen Deutschlands optimal ausgelastet und gestärkt. Bereits im Jahr 2021 wurde die Verlagerung der Produktion und Abfüllung von dem Köln-Mülheimer Brauereistandort zur Cölner Hofbräu Früh, mit der seit 2019 eine strategische Partnerschaft besteht, abgeschlossen. Infolgedessen kam es im abgelaufenen Geschäftsjahr zum Rückbau des Kölner Standorts.
Im Jahr 2022 lag die in Vollzeitäquivalenten angegebene Anzahl der Beschäftigten mit 6.122 etwa auf Vorjahresniveau.
Der Geschäftsbereich Weitere Interessen wächst dank Flaschenpost
Der Geschäftsbereich Weitere Interessen umfasst neben neuen Geschäftsmodellen wie Flaschenpost weitere Unternehmen für Beschaffungs- und Logistikdienstleistungen, den IT-Dienstleister Oediv, die Hotels Brenner’s Park Hotel in Baden-Baden und Hôtel du Cap-Eden-Roc in Antibes sowie Oetker Digital.
Im Hinblick auf die verschiedenen Märkte haben sich die Firmen unterschiedlich entwickelt. Insgesamt verzeichnete der Geschäftsbereich Weitere Interessen gegenüber dem Geschäftsjahr 2021 einen Umsatzanstieg um 30,3 Prozent auf 687 Millionen Euro. Ursächlich hierfür war in erster Linie die positive Entwicklung bei Flaschenpost. Die Investitionen im Geschäftsbereich Weitere Interessen betrugen insgesamt 41 Millionen Euro im Berichtsjahr gegenüber 42 Millionen Euro im Jahr zuvor. Die Zahl der Beschäftigten auf Basis von Vollzeitäquivalenten erhöhte sich von 4.846 auf 6.353 im Jahr 2022, besonders aufgrund unterjähriger Personalaufstockungen bei Flaschenpost.
Seit der erfolgreichen Integration von Durstexpress in der ersten Jahreshälfte 2021 vollzieht Flaschenpost die konsequente Transformation vom Getränkesofortlieferdienst zum vollständigen Online-Supermarkt. Auch das Geschäftsjahr 2022 war geprägt von zahlreichen Supermarkt-Rollouts: Inzwischen bietet die Unternehmensgruppe an allen Standorten ein vollwertiges Supermarkt-Sortiment inklusive Frischwaren, Tiefkühlprodukten und Drogerieartikeln. Die dazugehörigen Prozesse in der Beschaffung, Lagerung und Logistik wurden über Anfangsinvestitionen erfolgreich angepasst. Ebenso ist die Warenauswahl weiter optimiert worden. Durch diese Transformation nutzt Flaschenpost die Chancen des dynamischen Marktumfelds und partizipiert am Wachstum des Online-Lebensmittelhandels. So konnten die Umsätze 2022 erwartungsgemäß deutlich überproportional zur Marktentwicklung gesteigert werden.
Die Umsätze von Oediv lagen im Geschäftsjahr 2022 erheblich über dem Niveau des Vorjahres; damit konnten die Erwartungen erneut deutlich übertroffen werden. Dies ist besonders auf die erfreuliche Entwicklung im Geschäft mit Drittkunden zurückzuführen. Außer von einem Wachstum bei Neukunden profitierte Oediv auch von einer gesteigerten Nachfrage bestehender Kunden nach zusätzlichen, bisher nicht genutzten Dienstleistungen aus dem Leistungsportfolio. Aus Kundensicht besonders gefragte Services waren Microsoft 365, Security-Lösungen, SAP S/4HANA und hybride respektive Cloud-Leistungen.
Die beiden Hotels konnten zusammen ihre Umsätze erheblich gegenüber dem von der Corona-Pandemie beeinträchtigten Vorjahr steigern. Damit hat sich der Geschäftsverlauf deutlich besser entwickelt als ursprünglich prognostiziert. Besonders stark ausgeprägt war das Wachstum im Hôtel du Cap-Eden-Roc. Das Hotel erfreute sich von der Saisoneröffnung im April bis zum Saisonende einer hohen Nachfrage, vor allem bei nordamerikanischen Gästen. Hinzu kam eine erfreuliche Entwicklung der Durchschnittsrate pro Nacht. Im Brenner’s Park Hotel entwickelten sich die Umsätze plangemäß deutlich über dem Vorjahresniveau. Nachdem das erste Quartal aufgrund der Corona-Maßnahmen zunächst von einer geringeren Nachfrage geprägt war, profitierten seit April vor allem die Logiserlöse von der wiederkehrenden internationalen Nachfrage. Beide Hotels konnten das Vorkrisenniveau aus dem Jahr 2019 übertreffen. Die Ausgaben für Investitionen waren im Jahr 2022 höher als im Jahr zuvor, bedingt durch Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen in der Hotelgruppe.
Vermögens- und Finanzlage der Oetker-Gruppe
Die Konzernbilanzsumme zum 31. Dezember 2022 reduzierte sich gegenüber dem Vorjahresstichtag um 401 Millionen Euro auf 5.695 Millionen Euro. Der Rückgang auf der Aktivseite resultierte in erster Linie aus der Abnahme liquider Mittel, unter anderem infolge von Investitionen und Darlehenstilgungen, sowie aus Veränderungen im Anlagevermögen.
Das immaterielle Anlagevermögen ist gegenüber dem Vorjahr um 297 Millionen Euro auf 818 Millionen Euro gesunken. Ursächlich hierfür sind vor allem die Abschreibungen in Höhe von 322 Millionen Euro, davon entfiel der überwiegende Teil planmäßig auf Geschäfts- und Firmenwerte und Markenrechte aus früheren Akquisitionen.
Der Buchwert des Sachanlagevermögens betrug zum Bilanzstichtag 1.540 Millionen Euro und lag damit geringfügig unter dem Wert des Vorjahres (1.554 Millionen Euro). Den Zugängen von 212 Millionen Euro standen Abschreibungen von 208 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2022 gegenüber.
Die gesamten Zugänge bei den Sachanlagen und immateriellen Anlagewerten beliefen sich auf 235 Millionen Euro (Vorjahr: 301 Millionen Euro). Hiervon entfielen 4 Millionen Euro auf Akquisitionen (Vorjahr: 24 Millionen Euro). Die laufenden Investitionen betrugen 231 Millionen Euro, dies entspricht 3,6 Prozent (Vorjahr: 4,7 Prozent) des Konzernumsatzes. Der Großteil betraf Grundstücke und Gebäude sowie technische Anlagen, Anlagen im Bau und geleistete Anzahlungen für den Geschäftsbereich Nahrungsmittel. Im Vergleich zum Vorjahr (276 Millionen Euro) waren die Ausgaben für Investitionen um 45 Millionen Euro niedriger, im Wesentlichen aufgrund geringerer Investitionsausgaben in der Biersparte (- 34 Millionen Euro). Regional betrachtet lag der Fokus erneut auf Investitionen in Inlandsgesellschaften, wobei der Anteil der Auslandsgesellschaften an den laufenden Investitionen mit 33,2 Prozent (Vorjahr: 24,7 Prozent) gestiegen ist.
Das Festkapital der Dr. August Oetker KG blieb mit einem Buchwert von 1.125 Millionen Euro unverändert. Die Eigenkapitalquote liegt wie im Vorjahr bei 40,0 Prozent. Der Anstieg der Rückstellungen resultierte in erster Linie aus Veränderungen bei den sonstigen Rückstellungen und höheren Verpflichtungen für Pensionen. Die Pensionsrückstellungen betrugen zum Bilanzstichtag 401 Millionen Euro und haben sich im Vergleich zum Vorjahr um 24 Millionen Euro erhöht. Der Anstieg ist besonders der im Jahr 2022 stark gestiegenen Inflation durch höhere Rententrendannahmen bedingt. Die sonstigen Rückstellungen umfassten am Bilanzstichtag vor allem Beträge für ausstehende Rechnungen, für Pfandguthaben aus dem Brauereibereich, für Erlösschmälerungen besonders im Nahrungsmittelbereich sowie Rückstellungen für den Personalbereich, unter anderem bedingt durch die Schließung des Dr. Oetker Standorts Ettlingen. Insgesamt erhöhten sich die sonstigen Rückstellungen um 43 Millionen Euro auf 903 Millionen Euro.
Ausblick auf das Geschäftsjahr 2023
Die Gruppenleitung der Oetker-Gruppe geht in ihrer Prognose für das Geschäftsjahr 2023 davon aus, dass geopolitische Spannungen nicht eskalieren und die Engpässe in den Liefer- respektive Versorgungsketten zurückgehen werden. Auf einem stabilen Fundament aufbauend wird die Oetker-Gruppe den eingeschlagenen Wachstumspfad auch künftig erfolgreich beschreiten. Für 2023 beruht die Umsatzplanung in erster Linie auf organischem Wachstum, das um vereinzelte Akquisitionen ergänzt wird. Nach einem starken Zuwachs im abgelaufenen Geschäftsjahr werden die Umsatzerlöse erneut deutlich steigen. Signifikante Wachstumsimpulse erwartet die Gruppenleitung vor allem bei den neuen digitalen Geschäftsmodellen, besonders Flaschenpost. Auch die zwei Konsumgütersparten Nahrungsmittel sowie Bier und alkoholfreie Getränke rechnen mit wesentlichen Umsatzsteigerungen, die überwiegend durch Preiseffekte getrieben sein werden. Die Preisanpassungen bei den Produkten und Dienstleistungen der Oetker-Gruppe werden die erheblichen Kostensteigerungen auf der Beschaffungsseite nur teilweise abfedern können, was auch im kommenden Geschäftsjahr weitere Kostensenkungsinitiativen und Effizienzverbesserungen innerhalb der Gruppenfirmen erfordern wird. Das Investitionsbudget (ohne Erstkonsolidierungen) für 2023 liegt signifikant über dem des vergangenen Jahres und bildet den Grundstein für künftiges Wachstum. Das Investitionsbudget ist Teil eines groß angelegten Investitionsprogramms über mehrere Jahre, mit dessen Hilfe Innovationen sowie der Ausbau von Digitalkompetenzen und Nachhaltigkeitsaktivitäten weiter vorangetrieben werden. Der Großteil entfällt auf den Geschäftsbereich Nahrungsmittel.
Anmerkung: Die im Konzernlagebericht und Konzernabschluss enthaltenen Prozentzahlen beziehen sich auf die exakten Beträge, nicht auf die gerundeten Beträge. Aufgrund von Auf- oder Abrundung ist es möglich, dass sich einzelne Zahlen (Euro, Prozent und so weiter) nicht genau zur angegebenen Summe aufaddieren lassen (Foto: Oetker Gruppe).
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