Sonntag, 3. Dezember 2023
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Paris: Weshalb die Präfektur des Bäckers Urlaub regelt

Paris / FR. (div) Paris ohne Croissants und Petits Fours? Das klingt absurd. Doch so unwahrscheinlich ist diese Vorstellung gar nicht – zumindest nicht im August. Wenn im Hochsommer viele Pariser Metzgereien, Friseursalons und Apotheken über Wochen schließen und dies mit dem Schild «Jahresurlaub» kundtun, zieht es auch die Bäcker an den Strand oder in die Natur. Doch ein amtliches Dekret aus 1790 hindert sie am Kofferpacken nach Lust und Laune: Es besagt, dass jeweils im Juli und im August nur die Hälfte aller Pariser Bäckereien schließen darf. Diese Verordnung sollte die Brotversorgung in der französischen Hauptstadt auch in der Urlaubszeit sichern – wenn auch weite Reisen für das Volk zu jener Zeit noch undenkbar waren. Sie gilt noch heute in der Stadt, in der im Juli 1789 nicht zuletzt der hohe Brotpreis die Französische Revolution auslöste. «Die Behörden wollten keine Hungersnot riskieren in einer Epoche, wo Brot die Basis der Ernährung war», sagt Jacques Mabille, Präsident des Bäcker-Berufsverbands. Die Gefahr einer Hungersnot besteht heute in Paris zwar nicht mehr, doch immer noch werden die Bäcker und ihre Angestellten jährlich abwechselnd dienstverpflichtet – einmal im Juli und einmal im August. Aussuchen können sie sich das nicht. Wer ohne Genehmigung schließt, riskiert eine Strafe von elf bis 33 Euro je Tag. Die Präfektur von Paris verteilt die Urlaubsplanung für alle 1.200 Bäckereien der Stadt, damit jedes Viertel stets ausreichend versorgt ist. Auch wenn dies nicht mehr von so existenzieller Bedeutung ist wie im 18. Jahrhundert. Verzehrte ein Franzose damals im Schnitt 900 Gramm Brot am Tag, sind es heute nur noch 150 bis 250 Gramm.

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