Düsseldorf. (pwc) Die Verunsicherung im deutschen Maschinen- und Anlagenbau ist mit Händen zu greifen. Seit Jahresbeginn hat sich der Anteil der Pessimisten in den Führungsetagen wieder erhöht. Rund vier von zehn Entscheidungsträgern blicken besorgt auf die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland. Dieses Stimmungsbild spiegelt sich auch in der Umsatzprognose für die Gesamtbranche wider: Die ist nach einem Anstieg zu Beginn des Jahres wieder ins Minus gedreht. Positiver zeigt sich die exportorientierte Branche bei der Erwartung an die Weltwirtschaft, wie das aktuelle Maschinenbau-Barometer der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers Deutschland (PwC) zeigt.
Umsatzprognose dreht ins Negative
Die Umsatzerwartung für die Gesamtbranche unterstreicht die schwankenden Entwicklungen der letzten Monate und schlägt nach dem positiven Anstieg im vorherigen Quartal wieder ins Minus um. Im Durchschnitt liegt die Umsatzerwartung für das laufende Jahr bei minus 0,5 Prozent – ein Rückgang um 1,7 Prozentpunkte im Vergleich zum Jahresbeginn. Die Prognose der Umsatzentwicklung für das eigene Unternehmen ist ebenfalls unter Druck geraten: Jeder dritte Maschinenbauer erwartet eine rückläufige Entwicklung. Im Schnitt rechnen die Manager und Managerinnen mit einem Wachstum von 2,0 Prozent. Während das Vertrauen in die deutsche Wirtschaft schwankt, identifizieren die Befragten positive Signale auf dem Weltmarkt. Deutlich wird dies auch in Anbetracht der abnehmenden Bedeutung globaler Krisen für das Geschäft. Nur jeder Vierte glaubt noch an eine negative Entwicklung, der Anteil derjenigen, die in den politischen Entwicklungen im Ausland ein Wachstumshindernis sehen, ist ebenfalls stark rückläufig.
Greifende Effizienzmaßnahmen mindern Kostendruck
Der Anteil der Entscheidungsträger, die in den nächsten Monaten mit steigenden Gesamtkosten rechnen, liegt bei 49 Prozent. Das entspricht einem Rückgang um 29 Prozentpunkte im Vergleich zum Jahresbeginn. Damit pendelt sich die Prognose nach einem starken Anstieg in den Corona-Jahren wieder auf einem Niveau wie zuletzt vor dem Ausbruch der Pandemie ein. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Auswirkungen des Ukrainekriegs auf die deutschen Unternehmen: Vier von zehn Maschinenbauern nennen steigende Energie- und Rohstoffpreise als Folge des Kriegs für ihr Unternehmen – ein deutlicher Rückgang im Vergleich zum Vorquartal um 14 respektive 15 Prozentpunkte. Neben der regulatorischen Stabilisierung der Energiepreise, lassen diese Ergebnisse auch Rückschlüsse auf greifende Kostensenkungs- und Effizienzmaßnahmen in den deutschen Betrieben zu. Trotz der rückläufigen Entwicklungen bleiben die Kosten in der Branche herausfordernd: 82 Prozent der befragten Entscheidungsträgern nennen den steigenden Kostendruck weiterhin als Wachstumshindernis für ihr Unternehmen. Die Maßnahmen im deutschen Maschinen- und Anlagenbau stehen insgesamt deutlich im Zeichen der Stabilisierung: Vier von zehn der Befragten beabsichtigen, ihre Kosten im kommenden Quartal stabil zu halten.
Ein Blick auf die Investitionsbereitschaft der Branche zeigt ebenfalls, dass stabilisierende Maßnahmen im Vordergrund stehen. Sechs von zehn Entscheidungsträgern beabsichtigen, ihre Investitionen im kommenden Quartal konstant zu halten. Rund jeder vierte Befragte plant sogar, Investitionen zu senken. «Kontinuität in schwierigen Zeiten ist sicherlich ein wichtiges Signal», sagt Bernd Jung, Leiter Praxisgruppe Industrielle Produktion bei PwC Deutschland. «Allerdings bietet der derzeitige Handlungsrahmen auch viel Raum für wegweisende Initiativen, gerade im Hinblick auf Innovationen und Geschäftsmodelle. Getreu dem Motto «Never waste a good crisis» ist nun auch Kreativität gefragt – dies spiegelt sich in unserer aktuellen Umfrage zu wenig wider.»
Künstliche Intelligenz auf dem Vormarsch
Unter den wesentlichen Innovationstreibern sind besonders digitale Technologien von entscheidender Relevanz für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau, gerade im Hinblick auf den internationalen Wettbewerb. Die Digitalisierung hat mittlerweile viele Unternehmensbereiche erfasst, doch schreitet sie je nach Segment mit unterschiedlichem Tempo und Intensität voran. Die überwiegende Mehrheit der befragten Entscheidungsträgern (57 Prozent) gibt an, dass die Beschaffung in ihrem Unternehmen bereits stark digitalisiert sei. Ebenso seien die Bereiche Marketing (55 Prozent) und Vertrieb (55 Prozent) stark digitalisiert. Der größte Bedarf an Digitalisierung besteht nach wie vor im Bereich Produktion und Montage. Nur 37 Prozent der befragten Entscheidungsträgern geben an, dass diese Bereiche stark digitalisiert seien. Dieser Wert hat sich seit der letzten Befragung vor zwei Jahren nicht verändert. «Die digitale Transformation ist ein Marathon und kein Sprint», resümiert Jung. «Dass sich beim Thema Digitalisierung der Produktion allerdings so wenig getan hat, ist alarmierend. Von Smart Factories als Regelfall sind wir jedenfalls weit entfernt. Die Potenziale der Digitalisierung sind längst noch nicht erschöpft.»
Vor allem der Einsatz künstlicher Intelligenz weckt hohe Erwartungen in der Branche: 45 Prozent der befragten Unternehmen nennen KI als wesentliche Zukunftstechnologie, die Potenzial hat, die Branche nachhaltig zu verändern. Gegenüber der letzten Befragung im Jahr 2021 ist die Relevanz von KI nochmals um 9 Prozentpunkte gewachsen und bewegt sich damit an der Spitze der genannten Technologien. Beachtenswert ist auch die wachsende Bedeutung von Robotics (44 Prozent) und 3D-Druck (41 Prozent). Zudem haben die Bereiche Big Data (34 Prozent), Cyber Security (19 Prozent) und Digital Twins (15 Prozent) an Bedeutung für die Branche gewonnen. Hinten angestellt bleibt das Potenzial von Drohnen und Blockchain. Nur 1 respektive 2 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass diese Technologien einen nachhaltigen Effekt auf die Branche haben werden. Sie bleiben ein Nischenthema.
Das PwC Maschinenbau-Barometer ist das Ergebnis einer vierteljährlichen Panelbefragung unter Führungskräften des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus. Neben einer Einschätzung der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung spiegelt die Studie die Unternehmenserwartungen hinsichtlich zentraler Kennzahlen wie Kosten, Preise und Investitionsvolumina. Zudem werden in jeder Ausgabe wechselnde Themen vertieft (Foto: Anja Heidsiek).
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