Wiesbaden. (eb) Vor zwei Wochen stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) die jahrelange Arbeitsweise der deutschen Schufa Holding infrage. Demnach ist die automatisierte Erstellung einer Bewertung über die Fähigkeit einer Person, einen Kredit zu bedienen, ein Profiling im Sinne der DSGVO und damit illegal. Das stellte der EuGH in einem Rechtsgutachten des Generalanwalts Priit Pikamäe fest in der Rechtssache C-634/21 | Schufa Holding u.a. (Scoring) und in den verbundenen Rechtssachen C-26/22 und C-64/22 Schufa Holding u.a. (Restschuldbefreiung). Zur Erinnerung: Die Speicherdauer der von der Auskunftei gesammelten und verwendeten Daten betrug satte drei Jahre und widerspricht damit sowohl dem europäischen Datenschutzgrundverordnung als auch der deutschen DSGVO, die dafür nur sechs Monate vorsehen (siehe »Schufa-Scoring verstößt gegen DSGVO und EU-Recht« vom 17. März).
Das Geschäftsmodell funktioniert künftig nur eingeschränkt
Die Schufa dürfe Daten aus öffentlichen Verzeichnissen – wie zum Beispiel die Register der Insolvenzgerichte – nicht länger speichern als das öffentliche Verzeichnis selbst. Mit dem Urteil, das der Argumentation des Generalanwalts folgen könnte, wird erst in einigen Monaten gerechnet. Dieser Entscheidung ist jetzt die Schufa Holding zuvorgekommen, indem sie ihre Arbeitsweise insofern von sich aus ändert, dass sie ihre Daten künftig rechtskonform erheben will. Der Schufa Holding ist zugute zu halten, dass sie mit ihrer Ankündigung eine deutliche Abkürzung nimmt. Wollte man auf die Gerichte warten, wäre nicht nur das EuGH-Urteil abzuwarten, sondern auch eine Rücküberweisung der Sache an den Bundesgerichtshof, der seinerseits seine Rechtsprechung hätte anpassen müssen. Von dort aus wäre die Angelegenheit zurück an das Verwaltungsgericht Wiesbaden gegangen und so weiter und so fort. So kooperativ sich die Schufa jetzt gibt, bleibt unter dem Strich dennoch festzustellen, dass die Macht – und damit das Geschäftsmodell – der Auskunftei künftig eingeschränkt ist. Und dass Europa deutlich verbraucherfreundlicher agiert als es der Bundesgerichtshof den Deutschen zugestehen will.
Das Entgegenkommen der Auskunftei im Wortlaut
Wiesbaden. (sch) «Der Bundesgerichtshof hat verkündet, dass er zur Frage «Wie lange darf ein Eintrag zur Restschuldbefreiung gespeichert werden?» das EuGH-Urteil abwarten will. Um Klarheit und Sicherheit für die Menschen im Land zu schaffen und nicht den langen Instanzenweg abzuwarten, hat sich die Schufa Holding entschlossen, die Speicherdauer der Restschuldbefreiung auf sechs Monate zu verkürzen.
«Ole Schröder, Schufa-Vorstandsmitglied und verantwortlich für Recht: «Mit unserer Entscheidung schaffen wir Klarheit und Sicherheit für die Verbrauchenden. Wir ermöglichen so den Restschuldbefreiten einen schnellen wirtschaftlichen Neustart. Die kürzere Speicherdauer für die Restschuldbefreiung ändert nichts am Geschäftsmodell der Schufa. Auch hat die Anzahl der Personen (rund 250.000), die hiervon berührt sind, keine grundlegenden Auswirkungen auf das Schufa-Scoreverfahren und seine Aussagekraft.»
«Der Generalanwalt des EuGH hat sich am 16. März für eine verkürzte Speicherung der Restschuldbefreiung ausgesprochen. Ob das Gericht der Empfehlung folgt, wird sich erst in seinem Urteil zeigen. Mit einer Entscheidung rechnet die Auskunftei im Sommer 2023. Selbst wenn der EuGH den Ausführungen des Generalanwalts des EuGH folgt, muss zunächst das VG Wiesbaden den zugrunde liegenden Einzelfall entscheiden und danach wäre auch noch der abschließende Instanzenzug – im Zweifel bis zum Bundesverwaltungsgericht – abzuwarten. Das will die Schufa verhindern, weil es nach ihren Angaben noch Jahre dauern könnte, um hier eine eindeutige Klärung herbeizuführen.
«Konkret heißt das: Die Auskunftei wird alle Einträge zu einer Restschuldbefreiung, die zum Stichtag 28. März 2023 länger als sechs Monate gespeichert sind sowie alle hiermit verbundenen Schulden nach sechs Monaten rückwirkend zu diesem Datum löschen. Diese Löschung erfolgt automatisch, die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich nicht hierum kümmern. Die technische Umsetzung des Verfahrens wird zirka vier Wochen in Anspruch nehmen.»
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