Bonn. (bzfe) Die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs sind eine wichtige Orientierungshilfe fürs Backgewerbe und seine Kundschaft. Fachleute aus Wirtschaft, Verbraucherschaft, Lebensmittelüberwachung und Wissenschaft beschreiben darin gemeinsam, was unter Brot und Kleingebäck zu verstehen ist – im Allgemeinen und im Besonderen mit über 50 Leitsätzen in der jetzt veröffentlichten Neufassung 2021.
Eine neue Getreidesystematik erfasst nunmehr auch die trendigen Pseudogetreide wie Buchweizen, Amaranth und Quinoa, die somit künftig als bei uns übliche Brotzutaten gelten können. Dadurch wird zeitgemäß eine bisherige Lücke geschlossen, besonders für ihre Verwendung bei der Herstellung von glutenfreien Broten oder Mehrkornbroten respektive -brötchen, ordnet Dr. Heiko Zentgraf für das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) in Bonn die Neufassung ein.
Was die Bäckerkundschaft erwarten kann, wenn von «traditioneller» Herstellung oder/und Rezeptur die Rede ist, wurde konkret formuliert. Lebensmittelzusatzstoffe und zugesetzte Enzyme werden nicht verwendet. Ausgenommen sind nur solche, die üblicher Bestandteil eines zusammengesetzten Lebensmittels sind, das als Zutat verwendet wird, (zum Beispiel Rieselhilfsstoff in Speisesalz) oder für den Produktcharakter (zum Beispiel Natronlauge bei Laugengebäck) oder aus technologischen Gründen (zum Beispiel Ascorbinsäure) unabdingbar sind.
Zudem gelten drei Kennzeichen für den Traditionsbegriff: Die Herstellung erfolgt «in einem durchgehenden, nicht durch Tiefkühlung oder andere Verfahren zum Zweck der Haltbarmachung unterbrochenen Prozess im selben Unternehmen, die Formgebung erfolgt nicht rein maschinell und der Backprozess im Ofen wird nicht unterbrochen».
In den Beschreibungen des vielfältigen Sortiments ist differenziert festgelegt, welche Mindestmengen bei einem Produkt üblich sind, wenn in seiner Bezeichnung darauf hingewiesen wird: 20 Prozent für Gebäcke mit Pseudocerealien oder anderen Getreidearten (wie zum Beispiel Amaranth oder Quinoa, Hafer oder Hirse). Bei Ölsaaten, Nüssen oder Leguminosen (wie Leinsamen oder Kürbiskernen, Hasel- oder Walnüssen respektive Sojabohnen oder Lupinen) sind es jeweils mindestens acht Prozent. Die Angaben für Milch und Milchprodukte wurden an europäische Rechtsnormen angepasst und dafür sind ganz unterschiedliche Zutatenmengen vorzusehen, die in den Leitsätzen differenziert gelistet sind.
Brot und Kleingebäck bleiben schon durch die erste Leitsatzregel hinsichtlich Fett und Zucker ernährungsphysiologisch günstig: «Die Zugabe an Fett(en) und Zucker(n) liegt in der Regel in der Summe nicht über 10 Prozent, bezogen auf den Getreideanteil.» Bei höheren Gehalten zählen die Produkte zu den «Feinen Backwaren», für die eigene Leitsätze gelten. Und Vollkorn bleibt Vollkorn – in der ganzen Getreidekette: Vollkornerzeugnisse enthalten die gesamten Bestandteile der gereinigten Körner einschließlich des Keimlings. Wird ein Brot oder Kleingebäck als Vollkornbrot oder -brötchen bezeichnet, so sind mindestens 90 Prozent des Getreides als Vollkorn enthalten.
Neben allgemein geltenden Begriffsbestimmungen wie zum Beispiel für Teiglinge, Sauerteig, Speisekleie oder Backmittel sowie Misch- und Mehrkornbrote liefern die Leitsätze nun weitere Verbraucherorientierung bei den Spezialbroten respektive -brötchen: Zusätzlich zu Klassikern wie Toastbrot, Knäckebrot, Pumpernickel oder Laugengebäcken haben neuartige Backwaren Einzug gehalten, besonders zu «eingebürgerten» ausländischen Bezeichnungen wie Tortilla, Baguette, Ciabatta oder Bagel. Darüber hinaus gibt es jetzt auch einen Rahmen für spezielle Herstellungsverfahren, wie zum Beispiel für gegersterte Brote (kurz vor dem Backen mit offener Flamme abgeflämmt) sowie Backwaren aus Holz- und Steinöfen oder dem Extruder – und erstmals wird für Verbraucherinnen und Verbraucher beispielhaft beschrieben, wie Brot eigentlich hergestellt wird – schließt Dr. Heiko Zentgraf für das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) seine Betrachtung.