München / Dresden. (ck) Fünf Unternehmer-Generationen, 190 Jahre Handwerk und Tradition sowie ausgezeichnete Konditorei- und Backwaren: Das sind die Zutaten dieser besonderen Unternehmensgeschichte. Am 17. Oktober begeht die Conditorei Kreutzkamm, laut Stadtarchiv Dresden das älteste Familienunternehmen der sächsischen Landeshauptstadt, sein 190-jähriges Bestehen. Seit 65 Jahren ist das Unternehmen zudem in Bayern zuhause.
«Die Leistungen meiner Vorfahren und der seit fast zwei Jahrhunderten währende Erfolg sind mir jeden Tag aufs Neue Ansporn und Verpflichtung zugleich», sagt Elisabeth Kreutzkamm-Aumüller, die den Standort Dresden leitet. Ihrem Vater Fritz Kreutzkamm gelang es nach der Zerstörung seines Dresdner Cafés im zweiten Weltkrieg und seinem Weggang aus Sachsen, das Dresdner Traditionshaus in München wieder aufzubauen.
Seit Anfang der 1990er Jahre lenkt die heute 46-Jährige gemeinsam mit ihrer Mutter Friederike die Geschicke des Unternehmens – und führt die Konditorei-Dynastie somit bereits in fünfter Generation.
«Unsere Historie ist wie ein Schatz, ein Juwel, den man hüten muss», sagt Kreutzkamm-Aumüller. Ein Erfolgsgarant sei das in der heutigen Zeit aber noch lange nicht. «Wir sind uns unserer Wurzeln zu jeder Zeit bewusst», betont Kreutzkamm-Aumüller. «Jedoch konzentrieren wir uns bei allem Tun immer wieder auf das Wesentliche: ehrliche Handarbeit sowie Konditoreiprodukte und Backwaren von höchster Qualität».
Mit dieser Strategie gelang dem Unternehmen Bemerkenswertes: Die Conditorei Kreutzkamm wurde unter der Führung von Mutter und Tochter zu einem wettbewerbsfähigen, modernen Handwerksbetrieb, der heute von drei Standorten in Dresden, München und am Tegernsee aus agiert.
Ob New York oder Shanghai – die seit 190 Jahren bekannten Kreutzkamm-Spezialitäten wie die Dresdner Eierschecke oder der Kreutzkamm-Stollen gehen mit ungebrochenem Erfolg auch heute in alle Welt. Rund 60.000 Stollen nach alter Dresdner Kreutzkamm-Rezeptur wurden im letzten Jahr verkauft. Produktionsstandort der Konditoreiwaren und auch des Kreutzkamm-Stollens ist München. Hier werden fast alle Produkte hergestellt, die in den vier Cafés verkauft werden.
Heute beschäftigt das Unternehmen an den drei Standorten 75 Mitarbeitende.
Zum 190. Jubiläum am 17. Oktober 2015 wünscht sich die Junior-Chefin nur eines: «Ich habe vier Kinder. Es wäre einfach wundervoll, wenn eines von ihnen die Familientradition und das Unternehmen in die nächste Generation führen würde».
Bewegte Geschichte – erfolgreiche Gegenwart
Die Wurzeln des Cafés Kreutzkamm reichen bis ins Jahr 1825 zurück. Damals erhielt Jeremias Kreutzkamm im Alter von 25 Jahren die Konzession für ein «Conditorei-Geschäft» in Dresden, das die Familie seither zu einem ebenso traditions- wie erfolgreichen Handwerksbetrieb ausgebaut hat.
Mit Heinrich Julius Kreutzkamm übernahm die nächste Generation das Geschäft. Er eröffnete ein charmantes Café, das eine Dresdner Institution wurde. Seine Handwerkskunst brachte ihm zudem den Titel «Hofkonditor SKH» des Kronprinzen Albert und Prinz Georg, Herzog von Sachsen, ein. Kurz darauf wurde Kreutzkamm das Prädikat «Königlicher Hofkonditor» verliehen.
1890 ging das Geschäft mit Max Kreutzkamm in die dritte Generation. Mit dem «Dresdner Christstollen», der in besondere Blechkisten verpackt und verlötet erstmals auch ins Ausland verschickt wurde, erwarb sich das Unternehmen internationales Renommee. Das Café Kreutzkamm prägte die Dresdner Stollentradition so entscheidend mit. Noch heute wird der Stollen nach traditionellem Familienrezept zubereitet.
Die Geschichte des Familienunternehmens hält jedoch nicht nur Erfolge bereit: Im Zweiten Weltkrieg fällt die Traditionskonditorei am Dresdner Altmarkt dem Bombenangriff zum Opfer, der Dresden in der Nacht vom 13. zum 14. Februar 1945 verwüstet. Fritz Kreutzkamm, der in vierter Generation die Geschäfte führt und sich auf die Belieferung des Feinkosthandels konzentriert hatte, entscheidet sich nach vielen Stationen der Flucht und Gefangenschaft für einen Neuanfang – in Bayern.
So wird München ab 1950 zur zweiten Heimat der Conditorei Kreutzkamm und die Erfolgsgeschichte des Handwerksbetriebs nimmt erneut Fahrt auf.
Heute ist das Unternehmen in Sachsen und Bayern fest verwurzelt und wird weiterhin von der Familie geführt. An zwei Standorten in München (Maffeistraße 4 und Pacellistraße 5) sowie einem weiteren am Tegernsee (Hauptstraße 45), führt Fritz Kreutzkamms Witwe Friederike gemeinsam mit Geschäftsführer Frank Reiser die Konditorei und die Cafés.
Tochter Elisabeth Kreutzkamm-Aumüller kehrt nach der Wende an den Ursprungsort des Unternehmens, nach Dresden, zurück. Kreutzkamms eröffnen 1991 das Café am Altmarkt wieder und erwerben Teile des Dresdner Backwarenkombinats, heute Dresdner Backhaus. Im November 2011 kommen mit der Eröffnung des neuen Cafés Kreutzkamm am Altmarkt 25 Glanz und Caféhaus-Charme des vergangenen Jahrhunderts wieder nach Dresden zurück: Das Café und Ladengeschäft im denkmalgeschützten früheren Intecta-Gebäude wurden im Kreutzkamm-Stil des Jahres 1925 eingerichtet (Fotos: Conditorei Kreutzkamm).
