Samstag, 23. September 2023
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VDMA: sieht Maschinenbau «nicht in Feierstimmung»

Köln. (gtai) Die globalen Trends bei Lebensmitteln und Getränken stellen die Ernährungswirtschaft vor neue Herausforderungen. Auch wegen steigender Rohstoff- und Energiepreise sind innovative Techniken gefragt. Mit gedämpften Erwartungen gehen die deutschen Hersteller von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen in das Jahr 2009. Die Branche, die rund 80 Prozent ihrer Umsätze im Export erzielt, hofft auf eine rasche Beruhigung der Finanzmärkte. Sie beobachtet bei ihren ausländischen Kunden vermehrt Probleme bei der Kreditbeschaffung, berichtet Germany Trade and Invest, Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing.

Verhalten optimistisch gab sich die Nahrungsmittel- und Verpackungsbranche demnach auf der internationalen Fachmesse Anuga FoodTec, die Mitte März in Köln stattfand. Das Jahr 2008 brachte für die deutschen Hersteller wieder ein Rekordergebnis, wenn auch ein moderates: Sie schlossen mit einem nominalen Umsatzplus von fünf Prozent ab.

Finanzierungsprobleme bremsen Auslandsgeschäft

Die Branche sei, so der Fachverband Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen des VDMA, dennoch nicht in Feierstimmung. Der Grund dafür liegt in den schlechten Auftragseingängen des vierten Quartals 2008. Ein Minus von mehr als 20 Prozent führte für das Gesamtjahr zu einem um fünf Prozent niedrigeren Auftragseingang. Sehen müsse man dies aber auch vor dem Hintergrund der für die Branche ungewöhnlich hohen Zuwächse in den beiden vorhergehenden Jahren.

Vor allem geringere Bestellungen aus dem Ausland macht Prof. Dr. Herbert J. Buckenhüskes, Fachgebietsleiter für Lebensmitteltechnologie der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG), für das äußerst schwache Quartalsergebnis verantwortlich. Besonders in osteuropäischen Ländern und Russland sei es derzeit für Kunden schwierig, Projekte zu finanzieren. Deshalb würden Vorhaben ausgesetzt.

Sollten sich die Finanzmärkte im ersten Quartal 2009 wieder beruhigen, gebe es dennoch eine Chance, das gute Umsatzergebnis aus dem Jahr 2008 zu halten. Der Zwang zu expandieren, automatisieren und modernisieren bestehe ungebrochen. Im Moment sei alles eine Frage der Investitionsmittel. Unternehmensvertreter bestätigen diese Einschätzung: Hohe Zinsen oder fehlende Kreditmöglichkeiten führen zu Kaufzurückhaltung im Osten.

Bereits bei der Fachmesse ProSweets, die im Februar in Köln stattfand, hatte sich gezeigt, dass es bei größer dimensionierten Projekten zu Verzögerungen kommt. Kleinere Investitionen zur Effizienz- und Leistungssteigerung im Umfang von 1,0 bis 1,5 Millionen Euro waren hingegen kein Thema.

Innovationspotenzial nach wie vor hoch

Hoffnung schöpft die Branche aus ihrem hohen Innovationspotenzial. Mit effektiveren Produktionsprozessen und einer verbesserten Ressourceneffizienz könne der Output optimiert werden, sagt DLG-Experte Buckenhüskes. Hinzu kämen eine bessere Ausnutzung der Rohstoffe und ein deutlich reduzierter Wasser- und Energieverbrauch. Mögliche Einsparpotenziale liegen beispielsweise in der energieintensiven Konservierung von Lebensmitteln, wo mit Temperaturen von annähernd 120 Grad Celsius gearbeitet wird.

Besondere Herausforderungen an die Branche stellt unter anderem die anhaltend starke Nachfrage nach «Minimally Processed Products». Dabei handelt es sich um Convenience-Erzeugnisse mit möglichst natürlichem Geschmack und langer Haltbarkeit. Das bedingt auch optimalen Schutz durch zuverlässig verschlossene Verpackungen, womit das Problem der Dichtigkeit ins Spiel kommt.

Weiteres zentrales Thema ist die Sicherheitstechnik. Um die Gesundheit der Verbraucher weder durch schädliche Mikroorganismen noch durch Reste von Reinigungsmitteln oder Maschinenschmierstoffen zu gefährden, müssen Maschinen und Produktionsabläufe nach hygienegerechten Standards ausgelegt sein. Nach Ansicht von Branchenkennern liegt hier bei einzelnen kritischen Baugruppen in Anlagen und Prozessen noch ein großes Optimierungspotential.

Besonders wichtig für den Verbraucherschutz ist auch die Erfassung von Fremdkörpern, sei es aus der Natur, sei es aus dem Verarbeitungsprozess, zur Vermeidung von teuren und rufschädigenden Rückrufaktionen großen Stils. Professionelle Inspektionssysteme, die in den Gesamtprozess integriert sind, bieten ein aussichtsreiches Geschäftsfeld.

Die Anuga FoodTec gilt als wichtigstes Schaufenster in die Zukunft der Branche. Augenfälligstes Beispiel dafür: Die Sonderschau «Robotik-Pack-Line» als gemeinsames Projekt von mehr als 30 Technologiefirmen unterschiedlicher Größe. Am Beispiel eines Mini-Hamburgers wurde die sichere, schnelle und hygienische Herstellung, Verarbeitung und Verpackung auf vollautomatischem Weg demonstriert.

Anuga FoodTec mit Ausstellerrekord

Auf der branchenübergreifenden Fachmesse, sagt Sabine Loos, Geschäftsbereichsleiterin Technologie und Umwelt der Koelnmesse, waren alle Bereiche der Lebensmittel- und Getränkeproduktion vertreten, von der Herstellung über Verpackung, Hygiene und Lagerung bis hin zur Distribution. Im Detail informierte sie über Prozess- und Verpackungstechnik, Automatisierung, Lebensmittelsicherheit und Qualitätsmanagement, Umwelt- und Informationstechnik, Biotechnologie, EDV, technologische Hilfsstoffe, Ingredienzien und Dienstleistungen.

Nach Angaben der Veranstalter – Koelnmesse und DLG – stieg in diesem Jahr die Zahl der Anbieter mit fast 1.200 auf Rekordhöhe. Etwa die Hälfte der Aussteller kam aus dem Ausland. Bei den fast 40 vertretenen Ländern lag der Schwerpunkt auf Italien, den Niederlanden, Frankreich, Dänemark und der Schweiz (Germany Trade and Invest).

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