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Vegan: nur eine neue Marketing-Lüge?

Frankfurt / Main. (tr) Mit der aktuellen Studie «vegan – Die neue Marketing-Lüge» will die targeted! Marktforschung dem Vegan-Hype einen Kontrapunkt entgegensetzen. Wobei targeted! eine junge Agentur ist, allerdings mit erfahrenen Marktforschern. Die wollen zuerst (O-Ton) «Results for better sales» abliefern und fragen zudem nach, wie sich teure Flops vermeiden lassen. These: Die Kennzeichnung «vegan» bedeutet nicht zwingend mehr Abverkauf für Kategorien im FMCG-Bereich. Sogar das Gegenteil kann der Fall sein. Beispiel: «Unsere Frage nach veganem Bier stieß allgemein auf große Abneigung», sagt Markenexpertin Birgit Kühne-Hellmessen. «Dazu kommt, dass Menschen heute das Ursprüngliche, Unverfälschte suchen. Wird durch die vegane Variante dieses Natürliche verändert, wird das Produkt im Markt floppen». Bier und gutes Brot liegen in ihrer Unverfälschtheit nah beieinander, so dass wir noch mal nachgefragt haben. targeted! Research hat uns daraufhin eine Zusammenfassung überlassen wir folgt:

 

Untersuchung: Vegan – die neue Marketing-Lüge

Der vegane Markt wächst. Supermärkte und Restaurants mit veganem Anstrich sprießen in deutschen Großstädten wie Pilze aus dem Boden, Voll-Sortimenter bieten vegane Theken und die Lebensmittel-Konzerne arbeiten an Konzepten wie sie an diesem Trend partizipieren können. Ob vegane Wurst oder veganes Olivenöl – alles wird auf einmal vegan und wird von der Fachpresse in den höchsten Tönen gelobt.

Der vegane Markt

1,2 Millionen aller Bundesbürger (1,5 Prozent) ernähren sich heute vegan, das heißt komplett ohne tierische Produkte (YouGov 2014). 2008 waren dies laut Nationaler Verzehrstudie II des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz nur 0,1 Prozent der Bundesbürger (nur Frauen). In den letzten sechs Jahren stieg der Anteil der Veganer in Deutschland also um das 15-fache. Elf Prozent aller Bundesbürger sind generell am Thema vegane Ernährung interessiert (YouGov 2014). Der Umsatz veganer Lebensmittel lag 2013 bei 630 Millionen Euro (gegenüber dem Vorjahr plus 20 Prozent. (biovista, 2013). Zum Vergleich: Der deutsche Lebensmittel- Einzelhandel erwirtschaftete 2014 übergreifend über alle Vertriebsformate einen Umsatz in Höhe von 165,1 Milliarden Euro (Statista 2015).

Birgt der vegane Markt wirklich das erhoffte Absatzpotenzial?

Mit der aktuellen Studie «Vegan – die neue Marketing-Lüge» setzt targeted! dem Hype einen Kontrapunkt entgegen. Denn die Kennzeichnung «vegan» bedeutet nicht zwingend mehr Abverkauf für Kategorien im FMCG-Bereich. Sogar das Gegenteil kann der Fall sein. «Unsere Frage nach veganem Bier stieß allgemein auf große Abneigung», sagt Markenexpertin Birgit Kühne-Hellmessen. «Dazu kommt, dass Menschen heute das Ursprüngliche, Unverfälschte suchen. Wird durch die vegane Variante dieses Natürliche verändert, wird das Produkt im Markt floppen», ist Kühne-Hellmessen überzeugt. targeted! untersuchte in einer qualitativen Befragung vegan-affiner Personen unter anderem folgende Fragen:
Was sind die Gründe, Veganer zu werden?
Was spricht dagegen, einen veganen Lebensstil zu führen?
Wann würden Sie sich dem veganen Lebensstil öffnen?

Es zeigte sich: Eine Diskussion über vegane Lebensweise ist oft explosiv und polarisierend. Die die starke mediale Präsenz zeichnet sich eine Überstrapazierung des Themas ab. Naturschutz, Ethik und Gesundheit werden als Hauptgründe für einen veganen Lebensstil angeführt. Die Stellungnahmen zu den Barrieren oder Kontras sind gewichtig. Auszug:
«Alternativen wie Sojamilch sind geschmacklich sehr gewöhnungsbedürftig»
«Es ist anstrengend etwas zu kochen, was ohne Fleisch, Eier oder Milch zubereitet ist»
«Ich finde vegetarische Wurst schon bedenklich. Warum denn Wurst? Oder in Wurstform? Nennt es eben Bratling oder Brotbelag. Aber doch nicht Wurst!»

Wichtige Anhaltspunkte für Produktentwicklung und Marketing

Veganismus führt zu Reaktanzen (komplexem Abwehrverhalten), wenn
die ursprüngliche – ideologische – Motivation zum Veganismus nicht mehr gewährleistet ist, sondern darin nur eine neue/teure Vermarktungsstrategie gesehen wird,
ein Mehrwert bei einem veganen Produkt nicht erkennbar ist,
Produktinnovationen paradox erscheinen,
vegane Produktvarianten einem natürlichen, unverfälschten/authentischen Produkterlebnis entgegenwirken und
wenn das Miteinander von Veganern und Nicht-Veganern durch Intoleranz geprägt ist.

Einstellung zum Kauf veganer Produkte

In einem zweiten Schritt untersuchte targeted! mittels Online-Befragung die Einstellungen zum Kauf veganer Produkte vier definierter Branchen: Körperpflege, Bier, Wurstwaren, und Schokolade. Körperpflege lassen wir an dieser Stelle mal aus. Ergebnisse:
Laut Reinheitsgebot enthält deutsches Bier nur pflanzliche Inhaltsstoffe, das heißt Bier ist per se vegan. Dennoch wird die Bezeichnung «veganes Bier» abgelehnt. Bei 80 Prozent kommt der Kauf einer veganen Variante dieses Produktes nicht in Frage.
87 Prozent der Befragten lehnen den Kauf vegetarischer Wurst ab (hier wurde nur die vegetarische Variante abgefragt, weil die Probanden in der Diskussion nicht ausreichend zwischen vegan und vegetarisch unterscheiden konnten. Zudem hatte der erste große Markenhersteller eine vegetarische Variante auf den Markt gebracht). Nur fünf Prozent würden eine vegetarische Wurstsorte bestimmt kaufen, drei Prozent äußern sich unentschlossen. Insgesamt wurden 13 Wurstmarken untersucht.
Es wurden insgesamt 31 Süßwarenmarken mit Schokoladenanteil (Tafel Schokolade, Pralinen, Riegel, Schoko-Snacks, Schoko-Bonbons) untersucht. Nur zwei Prozent der Probanden würden eine vegane Variante bestimmt kaufen, 80 Prozent lehnen einen Kauf ab.

Fazit der Betrachtung

Vegan ist zu teuer: Für einen durchschnittlichen Wocheneinkauf zahlt ein Veganer bis zu 50 Prozent mehr als ein Non-Veganer (vgl. FAZ 30.06.2014). Ein veganer Lebensstil scheint nur für Großverdiener erschwinglich.
Vegan ist intransparent: Wo fängt vegan an – wo hört vegan auf? Vegane Ernährung oder veganer Lebensstil? Eine Flut unterschiedlicher Symbole und Deklarationen erschweren den Verbrauchern die Orientierung und verunsichern.
Vegan verschreckt Verbraucher: Eine vegane Produkt-Variante muss nicht natürlicher sein. Künstliche Geschmacksverstärker ersetzen oft die tierischen Inhaltsstoffe. Und es gibt aktuell keinen Nachweis, dass bei veganen Produkten auf Pestizide verzichtet wird.
Vegan gefährdet den Markenkern: Weisen die veganen Produktvarianten Defizite hinsichtlich Authentizität, Geschmack und Natürlichkeit auf, kann dies negativ auf den gesamten Markenkern wirken und Marken unglaubwürdig machen.
Vegan verdrängt geliebte non-vegane Varianten: Die zunehmende Regalfülle veganer Produkte führt zwangsweise zur Auslistung altbewährter non-veganer Produkte. Das irritiert Kunden, die ihr geliebtes Produkt im Regal nicht mehr finden (Bild und Text: targeted!).

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