Bremerhaven. (usp) Wer als Kunde denkt es sei selbstverständlich, dass sein Bäcker gängige Klassiker beherrscht und anbietet wie etwa Streuselschnecken, Quarktaschen, Apfelkämme, Puddingbrezel oder Mohnstriezel – der weiß gar nicht, wie gut er es hat. Oder Blechkuchen: Wo sind nur all die vielen schönen gedeckten Apfelkuchen, Eierschecken, Butterkuchen, Pflaumenkuchen und Kirschstreusel hin?
Nicht diese trockenen Wagenräder, die mit einer kleinen und feinen Steuselschnecke nur wenig gemein haben. Nicht dieser halbgare Butterkuchen oder klatschnasse Pflaumenkuchen. Nicht dieser befremdliche Nachgeschmack bei Croissants, die offensichtlich aus Kuchenteig gezogen wurden. Nicht diese Rosinenschnecke, die eigentlich ganz okay ist, über die sich aber die halbe Straße echauffiert, weil sie die rohen Mandelhobel auf dem Fondant-Topping nicht einordnen kann.
Dort, wo das Angebot schmaler wird und/oder Dimensionen annimmt, die Klassiker «neu erfindet», sucht man nach Alternativen. Zum Beispiel die Rosinenschnecke aus Kindheitstagen, deren Geschmack und Konsistenz sich so tief eingeprägt haben, dass wir gar nicht anders können, als sie «gut» zu finden – finden wir heute bei Aldi. Auch die Quarktasche: Auf die Weise, wie wir sie als Lehrlinge gelernt haben zu füllen und zu falten, gibt es sie heute ebenfalls eher bei Aldi. Die kleine Streuselschnecke, auf die wir seit Jahrzehnten geprägt sind, bekommen wir mit etwas Glück beim Netto Marken-Discount. Den gedeckten Apfel-Blechkuchen und den Streuselkuchen unserer Kindheit finden wir bei Kaufland. Den Butterkuchen machen wir lieber selbst. Statt Karlsbader kaufen wir heute Croissants, und die von Bonback oder Harry. Die besten Brötchen Deutschlands kommen, statistisch verbürgt, seit Jahren tiefgekühlt von Coppenrath und Wiese.
Die Vielfalt, die sich unser Geruchs- und Geschmackssinn vor vielen Jahren einprägte, gibt es heute kaum mehr dort, wo wir sie erwarten würden. Sowohl für Bäckereien als auch Bäckerkunden setzt ein Prozess der Entfremdung ein. Denn wo sich Erwartungen nicht erfüllen, gehen die Leute nicht mehr hin. Wo Kunden ausbleiben, streicht man das Sortiment noch enger zusammen. Kunden weichen noch zahlreicher aus in den Lebensmittel-Einzelhandel. Klassische Bäckereien werden zunehmend Bäckerei-Cafés und sind heute Quick-Service-Spezialisten. Das geht so lange gut, wie die benachbarte System- und Handelsgastronomie braucht, um aufzuholen. Beide sind dynamisch unterwegs und lernen schnell. Und dann?
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