Sonntag, 6. Oktober 2024
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Verschiebungen von Absatzvolumina und andere Folgen

Bremerhaven. (eb) Auf der Suche nach dem Absatzvolumen, das die Handwerksbäcker im Kalenderjahr 2022 noch nicht wieder erzielen konnten (siehe Handwerk auf dem Weg der Erholung), hat backnetz:eu natürlich zuerst bei Großbäckereien und den im Lebensmittelhandel integrierten Backbetrieben geguckt. Verwertbare Zahlen, wenn überhaupt, sind ganz unterschiedlich zu lesen und abhängig von der Spezialisierung respektive den Vertriebskanälen zu interpretieren. Nicht zu vergessen: Das erste Halbjahr 2022 (H1) stand noch sehr unter dem Eindruck der Corona-Pandemie, während im H2-2022 der Überfall Russlands auf die Ukraine im Fokus stand und sich die Folgen daraus abzuzeichnen begannen.

  • Großbäckereien, die eng mit der Quick-Service-Branche zusammenarbeiten, haben das Geschäftsjahr 2022 von vorne bis hinten kaum als Erlösung empfunden. So hat zum Beispiel der Lebensmittelsektor der schwedischen Lantmännen-Gruppe sein Ergebnis gegenüber 2019 nahezu halbiert. Allerdings war 2022 für Lantmännen Unibake auch ein Jahr der großen Investitionen.
  • Zur Politik der Schweizer Aryzta AG gehörte schon sehr früh, die Preissteigerungen weiterzugeben. Der Umsatz stieg um 24,2 Prozent auf 1.037,1 Millionen Euro. Das Ebitda stieg auf 129,1 Millionen Euro und die Ebitda-Marge auf 12,5 Prozent. Für den Konzern war es in seiner Stellungnahme wichtig zu betonen, dass es in der Hauptsache von einer konsequenten Kostenkontrolle profitiert habe.
  • Die Bäckereien der Fazer-Gruppe hat es 2022 schwer getroffen. Die Aufgabe des Russlandgeschäfts wird noch nachhallen. Geplante Neubauten stehen unter dem Eindruck einer neuen Zeit zur Disposition und das Shop-in-Shop-Bäckereigeschäft in Finnland wird eingehend geprüft. Einerseits erlebt die Gruppe deutlich, wie sich das Konsumverhalten ändert. Andererseits hat sich die ehemalige Großbäckerei und Großkonditorei längst breiter aufgestellt auf ihrem Weg zum Lebensmittelkonzern.
  • Immerhin sei es gelungen, in 2022 das Absatzvolumen stabil zu halten, schoben die Rudolf Ölz Meisterbäcker im März hinterher. Da meldeten die Österreicher ein Umsatzplus von 12,8 Prozent. Angesichts der bekannten Kostensteigerungen bei Energie und Rohstoffen ist davon auszugehen, dass die Dornbirner darauf verzichteten, die tatsächlichen Kosten 1:1 weiterzugeben.
  • Nicht mehr nur 99 Cent, sondern stolze 1,40 Euro kosten heute die Croissants bei Back-Factory. Seit 2021 eine Marke der Valora Food Service Deutschland GmbH, geht das ehemalige Unternehmen der Harry Brot GmbH Zug um Zug im Format BackWerk auf. Mittlerweile ist auch die schweizerische Valora Holding AG nicht mehr nur Valora, sondern seit 2022 eine Tochter der Femsa Fomento Económico Mexicano S.A.B. de C.V. mit Sitz in Monterrey, Mexiko.
  • Und Harry-Brot? Den Verkauf der mitten in der Pandemie defizitären Bäckerei-Cafe-Kette finden Einheimische natürlich schade. Doch war/ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht kaum zu erklären, weshalb die Schenefelder Großbäcker an ihr hätten festhalten sollen. Harry-Brot konzentriert sich heute aufs Kerngeschäft und traut sich auch, Preissteigerungen weiterzugeben. Eine Scheibe Vital+Fit-Brot kostet jetzt 22 Cent. Der Gesamtumsatz 2022 stieg auf 1.215 Millionen Euro (2020: 1.031 Millionen Euro). Deutschlands Branchenprimus zählt heute zehn Produktionswerke, insgesamt 4.875 Mitarbeitende und 35 Vertriebsstellen in den Regionen Nord, Mitte, West, Nord-Ost und Süd-Ost. Ein bisschen Export nach Österreich, Italien, Dänemark, Frankreich und in die Schweiz ist ebenfalls dabei. Für 2023 haben die Großbäcker bereits weiteres Wachstum angekündigt.

Die in den Lebensmittelhandel integrierte Backwarenproduktion wäre noch genauer zu beleuchten. Doch zeigen die genannten Beispiele schon jetzt recht deutlich, wohin es die Konsumenten zieht und wo sie heute ihr Brot und Gebäck kaufen. Derweil tüfteln die Coolbacks, Bonbacks und Schäfers dieser Welt immer neue Wege aus, das Beste ihrer Kunden zu wollen. Erst die Branchenvergleiche 2023 werden zeigen, ob sich die eingangs erwähnten Absatzvolumina nur temporär oder dauerhaft verschoben haben.