Freitag, 29. März 2024
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VGMS: Drastisch steigende Kosten lassen sich nicht einfach «wegstecken»

Berlin. (vgms / eb) Die Preise für Weizen, vor allem Hartweizen, aber auch Hafer sind seit der Ernte 2021 drastisch gestiegen. Das Statistische Bundesamt hat die hohe Dynamik jetzt noch einmal bestätigt. Unter den aktuellen Umständen zu suggerieren, die bekannte Dynamik könne keine Auswirkungen auf die Lebensmittelpreise haben, ist nicht richtig. Das herangezogene Argument der tendenziell «geringfügig» zu bewertenden Rohstoffkosten stammt aus einer Vergangenheit mit eher zarten Preisschwankungen.

Seither hat sich die Welt verändert. In einigen Regionen hat sich neuer Wohlstand herausgebildet, der jetzt zunehmend Weizenbackwaren statt Reis konsumiert und nach Getreide für sein liebes Vieh verlangt. Mit dieser neuen Nachfrage wird die Welt – eine Welt im Umbruch – kaum fertig. Angebot und Nachfrage müssen sich neu finden, während andererseits der Klimawandel voranschreitet. Während zum Beispiel Westdeutschland in diesem Sommer im Regen versank, brannten Südeuropas Felder und Plantagen aufgrund starker Hitze ungehemmt nieder. Selbst Skandinaviens Wälder brannten. Die Äcker Brandenburgs versteppen zunehmend. Wie der auftauende Permafrostboden in anderen Regionen dieser Welt nachhaltig zu bewirtschaften ist, ohne noch mehr Umweltschaden zu verursachen, steht noch in den Sternen. Den vielen offenen Zukunftsfragen stehen zunehmend nervöse Rohstoffmärkte gegenüber.

Ein Schelm wer unter diesen Bedingungen suggeriert, dies hätte keinen Einfluss auf die Preisentwicklung entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Hinzu kommt, dass der Rohstoffeinsatz von Sortiment zu Sortiment durchaus verschieden ausfällt. In Getreide verarbeitenden Branchen, wie zum Beispiel Mühlen, Teigwarenindustrie und Bäckerei, ist er kaum zu übersehen. Das bestätigt auch Dr. Peter Haarbeck, Geschäftsführer des Verbands der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft (VGMS) in Berlin: «Die Rohstoffkosten für Hartweizengrieß oder Mehl aber auch für Nudeln und Brot machen einen erheblichen Anteil an den Produktionskosten aus.» Besonders anschaulich lasse sich das am Beispiel Pasta verdeutlichen: Für ein Kilogramm Nudeln wird knapp ein Kilo Hartweizengrieß benötigt. Hartweizen wird an der Getreidebörse in Bologna aktuell mit 540 Euro pro Tonne notiert, 2020 lag der Preis im Mittel noch bei 280 Euro, 2019 bei 230 Euro die Tonne. Angenommen aus einem Kilo Hartweizen können 700 Gramm Grieß gewonnen werden, liegen allein die Rohstoffkosten für ein Kilo Hartweizengrieß aktuell bei gut 77 Cent. Vor einem Jahr waren dies noch 40 Cent und 2019 sogar nur 33 Cent.

Bäckerweizen notiert jetzt ein Drittel teurer

Eine ähnliche Preisentwicklung ist beim Weichweizen zu beobachten, dessen Preis in den letzten Monaten von unter 200 auf jetzt 300 Euro je Tonne stieg. Bei einer angenommenen Ausbeute von 78 Prozent liegt der Rohstoffkostenanteil für ein Kilogramm Weizenmehl bei 38,5 Cent je Kilo. 2020 lag er noch bei 25,5 Cent je Kilo. Haarbeck: «Der Getreidepreis macht bei Brot, Nudeln und anderen Lebensmitteln einen beachtlichen Teil des Endpreises im Einzelhandel aus.» Dass Verbraucher die Schwankungen auf den Getreidemärkten in der Regel weit weniger stark spürten, als dies ein Blick auf die Börsencharts nahelege, sei eine Leistung der Mühlenwirtschaft. Die plane ihre Rohstoffeinkäufe – in der Regel – entsprechend sorgfältig. Aufgrund der enttäuschenden Ernte 2021, der geschilderten allgemeinen Entwicklungen und den daraus resultierenden nervösen Preisausschlägen hätten die Mühlen und ihre Kunden, ob Teigwarenindustrie oder Bäckerei, derzeit nur kaum etwas in der Hand, um diese Nervosität zu beruhigen (Foto: pixabay.com).

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