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20170119-TKK-STUDIE

VSMK: Konferenz beschließt Nährwertkennzeichnung

Saarbrücken. (vsmk) Trotz der großen Bandbreite der Themen herrschte große Einmütigkeit bei der 14. Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) an der Saar. Die meisten der rund 60 Beschlussanträge wurden mit großer Mehrheit angenommen. Zufriedene Gesichter bei den Länderministern. Aber auch die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, Dr. Katarina Barley, zog eine positive Bilanz: «Die Impulse aus den Bundesländern sind wertvoll, denn hier zeichnen sich oft Entwicklungen ab, die wenig später das ganze Land betreffen können. Es wurden auf der VSMK erneut lebensnahe Themen wie die Langlebigkeit von Produkten, Probleme mit Schlüsseldiensten, aber auch der Umgang mit unseren Daten diskutiert. Ich freue mich über die Unterstützung der VSMK bei meinem Ziel, mehr Transparenz darüber herzustellen, wie Algorithmen Entscheidungen im Alltag der VerbraucherInnen beeinflussen. Das ist zu oft noch eine Blackbox. Damit Diskriminierung und Missbrauch ausgeschlossen werden können, brauchen wir mehr Transparenz».

Der amtierende Vorsitzende der Verbraucherschutzministerkonferenz, der saarländische Minister Reinhold Jost, zeigte sich sehr erfreut darüber, dass die Initiativen seines Hauses in der Konferenz breite Zustimmung fanden.

Maßnahmen gegen an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel

So unterstützten seine Amtskolleginnen und -kollegen den saarländischen Vorschlag, gegen an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel vorzugehen. Kinder und Jugendliche sind eine lukrative Zielgruppe für die Lebensmittelindustrie. Der Nachwuchs ist für Werbung besonders empfänglich. Untersuchungen weisen jedoch darauf hin, dass an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel zur Fehlernährung beiträgt. «Hier besteht Handlungsbedarf. Wir müssen gerade vor dem Hintergrund der hohen Zahl übergewichtiger Kinder in Deutschland mehr tun, um den Nachwuchs vor entsprechender Werbung zu schützen», sagte Jost.

Die Amtskollegen sahen das genauso. Sie stellten fest, dass die bislang geltende gesetzliche Regulierung und Selbstregulierung der Lebensmittelindustrie und Werbewirtschaft nicht ausreicht, um Kinder wirksam zu schützen. Sie fordern daher die Bundesregierung auf, zu prüfen, welche rechtlichen Maßnahmen gegen an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel ergriffen werden können. «Wo Selbstregulierung nicht funktioniert, steht der Gesetzgeber in der Pflicht, wirksame Maßnahmen zum Schutz der kindlichen Gesundheit zu ergreifen. Eine Möglichkeit ist ein gesetzliches Verbot von an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel», sagte Jost.

20180616-VSMK

Reduzierung von Zucker in Lebensmitteln und Getränken

Bei der VSMK 2018 in Saarbrücken haben sich die Verbraucherministerinnen und -minister der Länder zudem auf die Einführung einer farblichen, leicht verständlichen Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln verständigt. Der Beschluss geht zurück auf einen Hamburger Antrag. Auch in weiteren Punkten waren Initiativen aus der Hansestadt erfolgreich: So konnte sich Hamburgs Verbraucherschutzsenatorin Cornelia Prüfer-Storcks mit Anträgen für mehr Verbraucherschutz bei der Übertragung von Lebensversicherungen und der Regulierung von automatisierten Prozessen bei Kreditvergaben oder Versicherungsabschlüssen durchsetzen.

«Damit eine überlegte und bewusste Kaufentscheidung möglich ist, muss für Verbraucherinnen und Verbraucher schnell und einfach erkennbar sein, welche Nährwerte in dem Produkt stecken und wo versteckte Zucker, Fette und Salz lauern. Eine einheitliche, farbliche Kennzeichnung auf den Verpackungen ist ein erster wichtiger Schritt zu mehr Transparenz und Verbraucherschutz im Supermarkregal», sagte die Verbraucherschutzsenatorin.

Der Hamburger Antrag verfolgte das Ziel, dieses Kennzeichnungssystem als Ampel einzuführen. «Das Ampelsystem ist Verbraucherinnen und Verbrauchern seit Jahrzehnten vertraut, es wäre die beste Form der Kennzeichnung. Lebensmittelunternehmen – wie aktuell Danone – führen die Nährwertampel bereits freiwillig ein. Ich bedaure, dass sich die unionsregierten Länder nicht für die Ampel als Kennzeichnungssystem aussprechen wollten, sehe aber den Beschluss als deutlichen Fortschritt und Auftrag an die Bundesregierung, ein entsprechendes System zu erarbeiten und spätestens bei der nächsten VSMK darüber zu berichten», sagte Senatorin Prüfer-Storcks.

Die VSMK fasste folgenden Beschluss

  1. Die Ministerinnen, Minister, Senatorinnen und der Senator der Verbraucherschutzressorts der Länder betrachten mit Sorge, dass Deutschland bei der Umsetzung der 2007 von der Europäischen Kommission veröffentlichten Strategie zur Rezeptänderung (Reformulierung) von Lebensmitteln mit dem Ziel, den Zucker-, Fett- und Salzgehalt zu reduzieren, im Vergleich mit 22 Mitgliedsstaaten sowie Norwegen und der Schweiz das einzige EU-Land ist, das binnen zehn Jahren noch keine konkreten Reformulierungsmaßnahmen vorweisen kann.
  2. Vor diesem Hintergrund begrüßen die Verbraucherschutzministerinnen und – minister der Länder die Erarbeitung der nationalen Reduktionsstrategie für Zucker, Salz und Fett in Fertigprodukten einschließlich Getränken und die Festschreibung im Koalitionsvertrag als wichtigen verhältnispräventiven Baustein eines Maßnahmenpaketes zur Förderung einer gesunden Ernährungs- und Lebensweise. Sie bitten die Bundesregierung, im Rahmen ihrer Forschungsvorhaben zur Reduktionsstrategie auch die gesundheitliche Unbedenklichkeit der reformulierten Produkte zu bewerten und einer «Übersüßung» der Lebensmittel auch mit Austauschstoffen entgegen zu wirken. Die Länder bitten die Bundesregierung, das im Koalitionsvertrag für 2018 angekündigte Konzept zur Reduktionsstrategie mit «wissenschaftlich fundierten, verbindlichen Zielmarken» sowie dem zugehörigen «konkreten Zeitplan» nachdrücklich voranzutreiben.
  3. Die Ministerinnen, Minister, Senatorinnen und der Senator der Verbraucherschutzressorts der Länder bitten den Bund, zeitnah die vorhandenen Strategien zur Reduzierung von Gesundheitsrisiken im Zusammenhang mit Zucker- Fett- und Salzkonsum im Hinblick auf ihre Wirksamkeit zu prüfen und den Sachstand bei den EU-Staaten, die bereits Erfahrungen mit einer Zuckersteuer haben, zu erheben.
  4. Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und der Senator der Verbraucherschutzressorts der Länder halten die unterschiedliche Definition des Begriffes «Zucker» in der Nährwertkennzeichnung und in der Zutatenliste für wenig verbraucherfreundlich. Sie bitten den Bund deshalb, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, im Zutatenverzeichnis alle Zuckerformen mit dem Begriff «Zucker» aufzuführen, wobei eine detaillierte Nennung aller Zuckerarten in Klammern mit der jeweils speziellen Bezeichnung folgen sollte.
  5. Die Verbraucherschutzministerinnen und –minister der Länder bitten die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass die Maßnahmen und Finanzierungsansätze zur Ernährung im Rahmen des Präventionsgesetzes in Lebenswelten systematisch und strukturell abgesichert integriert werden.
  6. Sie bitten die Bundesregierung, zur nächsten VSMK über den Stand der Dinge zu informieren.

Protokollerklärung des Landes BY

Bayern sieht in dem Antrag mehrere ordnungspolitische Ansätze, die dem Verbraucherleitbild des selbstbestimmten, mündigen Bürgers entgegenstehen und keinen Mehrwert für den Verbraucher darstellen.

Protokollerklärung der Länder BE, BB, HB, HH, HE, RP, TH

Die genannten Länder halten eine zeitnahe Einführung eines Nährwertkennzeichnungssystems für verarbeitete und verpackte Lebensmittel in Form einer Nährwertampel für zwingend notwendig. Dieses soll eine vereinfachte, farbliche Visualisierung der Werte für Zucker, Fette und Salz enthalten. Sie halten die Prüfung der Änderungen des Besteuerungssystems für Lebensmittel und Getränke im Hinblick auf die Einführung einer Zuckersteuer für erforderlich (Foto: VSMK – Sebastian Bauer).

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