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20161026-WASSERTROPFEN

Wasservernebelung: Können Asthmatiker aufatmen?

Mannheim. (bgn) Mehlstaub mit fein zerstäubtem Wasser niederschlagen und so für eine staubarme Luft in der Backstube sorgen: Das ist das Prinzip einer neuen Technik, die Bäckern mit Mehlstauballergie dabei helfen soll, weiter in ihrem Beruf arbeiten zu können.

Aus mehreren Sprühdüsen im Deckenbereich senkt sich ein feiner Wassernebel Richtung Backtisch, Kneter und Silowaage. Ein Teil der Tröpfchen bindet direkt den in der Luft befindlichen Mehlstaub. Die restlichen verdunsten und erhöhen dadurch die Luftfeuchtigkeit. Auch das bindet den Staub. Die Arbeitsflächen unter den Düsen bleiben trocken.

So funktioniert das neue Verfahren der Wasservernebelung. Aus Österreich, den Niederlanden und Belgien kommen einzelne positive Berichte, dass es Bäckern mit Mehlstauballergie den Verbleib im Betrieb ermöglicht. Seit Kurzem wird die Wasservernebelung auch in Deutschland angeboten. Erste Nachfragen erreichen die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN).

Seit April 2015 testen zwei handwerkliche Bäckereien im Auftrag der BGN die neue Technik. Zusammen mit den Beschäftigten der beiden Bäckereien – darunter Bäcker mit Mehlstauballergie – sollen die Eignung des neuen Verfahrens geprüft und die Vor- und Nachteile herausgefunden werden. Die Tests laufen noch bis Ende dieses Jahres. Danach werden Ergebnisse vorliegen.

Bisherige Erfahrungen

  • Mehlstaubreduktion: Messtechnisch konnte eine Verringerung des Mehlstaubs in der Luft bislang noch nicht nachgewiesen werden. Die Bäcker berichten von weniger Staub auf den Maschinen und mehr Staub auf dem Boden.
  • Gesundheitliche Auswirkungen: Die Symptome der Mehlstauballergie werden subjektiv teilweise spürbar vermindert. Je nach Jahreszeit begrüßen die Bäcker die kühlende Wirkung des Sprühstrahls. Sie beklagen aber auch schon mal einen unangenehmen Zug. Er entsteht, weil die Sprühdüsen eine hohe Luftgeschwindigkeit verursachen.
  • Hygiene: Die Wasserverdüsung führt zu mehr Feuchtigkeit. Dadurch nehmen das Keimwachstum und somit auch die Biostoff-Belastung zu. Es muss – abhängig von der Luftfeuchte, die sich einstellt – mit zusätzlichen Hygieneproblemen und dann mit einem höheren Reinigungs- und Desinfektionsaufwand gerechnet werden.

Aktuell arbeitet die BGN mit einem Hersteller an der Verbesserung des Systems. Die Zugprobleme sollen abgestellt, die Wassermenge begrenzt werden. Die BGN begleitet diese Entwicklung weiterhin mit Messungen.

Test-System mit Zweistoff-Wasserverdüsung

Die beiden Test-Bäckereien setzen ein System mit Zweistoffdüsen ein. Eine Düse versprüht 0,5 bis 1 Liter Wasser pro Stunde und wird mit 2 bar Druckluft betrieben. Der Abstand der Düsen zu den Beschäftigten beträgt 1 bis 1,5 Meter. Die von den Düsen verursachte Luftgeschwindigkeit beträgt dort noch ca. 1 m/s. Das komplette System besteht aus

  • Drucklufterzeugung durch Schraubenverdichter mit angebautem Kältetrockner und Druckluftbehälter.
  • Kombination aus Submikronfilter und Aktivkohlefilter, um technisch ölfreie Druckluft zu erzeugen und eine hygienisch einwandfreie Luftqualität zu gewährleisten.
  • UV-Sterilisation, die das Wasser aus dem Trinkwassernetz aufbereitet. Bei Bedarf kann zusätzlich eine weitere Reinigungsstufe mit Umkehrosmose nachgeschaltet werden.
  • Eingebaute Hygienemaßnahmen: Das System wird mindestens täglich gespült. Die Wasserdüsen werden beim Abschalten mit Druckluft trocken geblasen.

Haben Sie Erfahrungen mit der neuen Technik? Teilen Sie diese der BGN gerne mit. E-Mail bitte an: peter.rietschel@bgn.de – Telefon 0621/4456-3450 (Foto: pixabay.com).

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