Samstag, 20. April 2024
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ZMP: Getreidepreise auf langjährigen Höchstständen

AbbildungBonn. (zmp) Vor dem Hintergrund weltweiter Verknappung erreichten die Getreidepreise zuletzt neue langjährige Höchststände. Sehr stark ausgeprägt ist diese Entwicklung bei Futtergerste, die Mitte September rund 110 Prozent mehr als 2006 kostete. Aber auch bei Weizen, Roggen, Braugerste und Triticale tendieren die Erzeugerpreise nahezu doppelt so hoch wie vor zwölf Monaten. Für eine Tonne Brotweizen wurden im Bundesdurchschnitt zuletzt 237 Euro je Tonne, für eine Tonne Braugerste gut 250 Euro je Tonne verlangt. Die Preise für Bio-Getreide stiegen zum Vorjahr um 50 bis 70 Prozent. Triebfeder der jüngsten Kurssprünge ist vor allem der rasche Abbau der globalen Getreidebestände, berichtet die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle (ZMP) aus Bonn. Nach Schätzungen des US-Landwirtschaftsministeriums schrumpfen die Welt-Weizenbestände bis Ende Juni 2008 auf das niedrigste Niveau seit 27 Jahren. So steigt der Getreidebedarf vor dem Hintergrund der wachsenden Weltbevölkerung, höherer Einkommen in den Schwellenländern, dürrebedingter Ertragsausfälle in vielen Importländern sowie des wachsenden Rohstoffbedarfes des Bioenergiesektors seit Jahren stetig an. Diese Entwicklung trifft nun – besonders bei Weizen – mit einer bereits zum zweiten Mal in Folge enttäuschenden weltweiten Ernte zusammen. Die internationalen Terminmärkte reagierten auf diese Entwicklung in den vergangenen Wochen mit einem regelrechten Kursfeuerwerk. An der Börse Chicago, der weltweit wichtigsten Leitbörse für Weizen, legten die Notierungen von Anfang April bis Mitte September um rund 95 Prozent zu, am europäischen Terminmarkt Matif in Paris kam es im gleichen Zeitraum sogar zu einem Anstieg um bis zu 190 Prozent. Neben der erneut unterdurchschnittlichen EU-Getreideernte spielt dabei auch die flotte Nachfrage in und außerhalb der EU eine entscheidende Rolle.

Weitere Marktentwicklung unsicher: Ob sich dieser Kursanstieg weiter fortsetzt, ist indes sehr unsicher, zumal ein Teil des Anstieges sicherlich auch auf starke spekulative Einflüsse zurückzuführen ist. Angesichts der Marktentwicklung dürften weltweit viele Landwirte zu einer Ausdehnung der Weizenfläche motiviert werden. Günstige Vegetationsbedingungen vorausgesetzt, könnte im kommenden Jahr eine deutlich höhere Weizenernte und am Markt somit wieder eine gewisse Entspannung erreicht werden. Gleichwohl spricht aufgrund der stetigen Nachfrageentwicklung und der begrenzten Steigerungsmöglichkeiten auf der Produktionsseite vieles dafür, dass sich die Getreidemärkte in einem Wandel befinden, der mit einem dauerhaft höheren Preisniveau als in den Vorjahren verbunden ist.

Landwirte profitieren sehr unterschiedlich: Trotz der für die Ackerbaubetriebe positiven Entwicklung konnten aufgrund der unterschiedlichen Vermarktungsstrategien längst nicht alle Landwirte von dem Preisanstieg profitieren. Insbesondere Betriebe, die aufgrund fehlender Liquidität oder Lager- beziehungsweise Aufbereitungsmöglichkeiten ihre Ware bereits frühzeitig nach der Ernte verkaufen mussten, konnten an dem Preisauftrieb der vergangenen Wochen nicht teilhaben. Aufgrund der Betriebsstrukturen wird traditionell vor allem in Süddeutschland früh vermarktet. Bundesweit verkauften die Erzeuger in den vergangenen Jahren im Zeitraum Juli/September gut ein Drittel der Weizenernte. Darüber hinaus haben in diesem Jahr viele Landwirte Vorverträge zu Preisen abgeschlossen, die sich deutlich unter dem derzeitigen Niveau bewegen.

Herstellungskosten für Brot steigen anteilig: Bezogen auf ein 1.000-Gramm-Weißbrot, für dessen Herstellung etwa 900 Gramm Weizen benötigt werden, verteuern sich die Kosten für den Rohstoff Weizen bei einem durchschnittlichen Großhandelspreis von rund 257 Euro je Tonne franko Mühle gegenüber dem Vorjahr um rund zehn Cent auf etwa 23 Cent.

Die hohen Getreide- und Rohstoffpreise verleihen auch den Mischfutterkursen starken Aufwind und belasten damit die Kalkulation der Veredelungswirtschaft. Da zuletzt teils drastische Verteuerungen zu beobachten waren, halten sich Milchviehhalter und Mäster mit Käufen stark zurück. Langfristige Kontrakte werden zurzeit nicht abgeschlossen, zu unsicher ist die derzeitige Preisentwicklung. Häufig steht eine kurzfristige Bedarfsdeckung im Vordergrund.

Preissicherheit wird wichtiger: Angesichts der starken Preisbewegungen werden aktuelle und objektive Marktinformationen für die Akteure an den Getreidemärkten immer wichtiger. Darüber hinaus erhalten Strategien wachsende Bedeutung, die mit labilen Preisen verbundene Risiken in Grenzen halten. Dies kann neben einer Streuung der Verkaufszeitpunkte auch die direkte oder indirekte Preisabsicherung an den Warenterminbörsen sein (Quelle).

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