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20170221-KNOEDEL

«Zu gut für die Tonne!»: BMEL nominiert auch Bäckereien

Berlin. (bmel) Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat die Nominierungen für den Bundespreis 2017 für Engagement gegen Lebensmittelverschwendung – «Zu gut für die Tonne!» – bekannt gegeben: 14 Projekte aus ganz Deutschland können sich bei der Preisverleihung im April Hoffnung auf eine Auszeichnung machen. Die Projekte reduzieren Lebensmittelabfälle auf unterschiedlichste Art und Weise. Sie widmen sich unter anderem der wirtschaftlichen Nutzung nicht vermarkteter Obst- und Gemüsesorten, bieten Bildungsangebote für Groß und Klein zur Wertschätzung von Lebensmitteln oder nutzen Lebensmittel effizient für die Gastronomie, in der Produktion und im Handel. Zur Nominierung sagt Bundesminister Christian Schmidt: «Ich bin beeindruckt von den vielen guten Projekten und freue mich, die Gewinner am 05. April 2017 auszeichnen zu dürfen».

Für den Bundespreis 2017 nominiert sind:

Kategorie Handel

  • Edeka Handelsgesellschaft Südwest, Projekt «Warenbörse» (Offenburg)
  • Junge Die Bäckerei., Projekt «BrotRetter» (Lübeck)
  • tegut… gute Lebensmittel GmbH + Co. KG (Fulda)

Kategorie Gastronomie

  • App «Too Good To Go» (Dänemark/Berlin)
  • LWL Klinik (Münster)
  • Restaurant Restlos Glücklich (Berlin)

Kategorie Produktion

  • Conditorei Coppenrath + Wiese (Osnabrück)
  • Knödelkult (Konstanz)
  • Ökodorf Brodowin GmbH + Co. Vertriebs KG (Chorin)

Kategorie Gesellschaft + Bildung

  • Das Geld hängt an den Bäumen gGmbH (Hamburg)
  • Plattform Ernährung und Bewegung, Projekt «Lecker tafeln!» (Berlin)
  • Regionales Umweltbildungszentrums Hollen, Projekt «Wirf mich nicht weg!» (Ganderkesee)

Kategorie Förderpreis

  • Dörrwerk GmbH (Berlin)
  • ShoutOutLoud, Projekt Foodtruck «Resteküche» (Frankfurt am Main)

Das BMEL verleiht den Bundespreis im Rahmen der Initiative Zu gut für die Tonne! 2017 zum zweiten Mal. Er zeichnet vorbildliches Engagement gegen Lebensmittelverschwendung aus. Rund 170 Vereine, Initiativen, Unternehmen, Bildungsträger und Privatpersonen haben sich mit Beiträgen daran beteiligt. Die Jury unter Vorsitz von Prof. Dr. Dr. Klaus Töpfer hat davon 14 Projekte in den Kategorien Handel, Gastronomie, Produktion sowie Gesellschaft + Bildung nominiert. Unter diesen wird je Kategorie ein Projekt mit dem Bundespreis ausgezeichnet, hinzukommt ein Förderpreis für ein innovatives Projekt in der Start- oder Entwicklungsphase. Die Gewinner werden am 05. April 2017 in einer feierlichen Preisverleihung in Berlin durch Bundesminister Christian Schmidt und die Jurymitglieder bekannt gegeben.

Projektbeschreibung Conditorei Coppenrath + Wiese

Zwischen 60 und 80 Tonnen Äpfel verarbeitet Europas größter Hersteller tiefgekühlter Torten und Kuchen pro Tag für tiefgekühlte Kuchen, Torten, Strudel und Desserts. Bis vor einigen Jahren konnten bis zu 25 Prozent davon nicht verwendet werden, vor allem Schalen und kleine Stücke, die für die Weiterverarbeitung in Kuchen und Torten zu klein waren. Diese Teile verarbeitet das Unternehmen heute zu Apfelmark weiter, das für spezielle Füllungen benötigt wird. Das reduziert wiederum Transport- und Einkaufskosten, da Rohstoffe nicht ins Werk transportiert werden müssen. Die Gewinnung des Apfelmarks war so effektiv, dass in einem Folgeprojekt nach weiteren Anwendungsmöglichkeiten gesucht wurde und Coppenrath + Wiese mit der Herstellung eigener Konfitüre begann. So konnten die Schälabfälle von 25 auf fünf Prozent reduziert werden. Das Projekt deckt den jährlichen Bedarf an Apfelmark von etwa 900 Tonnen vollständig ab. Beide Rohwaren – Apfelmark und Konfitüre – müssen heute nicht mehr extern zugekauft werden.

Das Projekt wurde in Zusammenarbeit von Mitarbeitern aus Produktion und Technik durchgeführt. Sie erstellten innerhalb der Arbeitszeit zunächst ein Konzept für die benötigte Anlage zur Herstellung des Apfelmarks. Anschließend wurde die Anlage gebaut und begleitet von umfangreichen Versuchen in Betrieb genommen. Die größten Herausforderungen waren dabei die Erfüllung der mikrobiologischen Anforderungen, da sowohl Apfelmark als auch Apfelkonfitüre für eine gewisse Mindesthaltbarkeit bis zur internen Weiterverwendung sicher erwärmt werden müssen. Sowohl Projektbearbeitungszeit als auch die Inbetriebnahme lagen bei mehreren Monaten, wobei die Anlage parallel zur laufenden Produktion im Apfelschälbetrieb in Betrieb genommen werden musste.

Projektbeschreibung Junge Die Bäckerei

Die von Junge Die Bäckerei. entwickelte und umgesetzte BrotRetter-Idee gibt nicht nur Broten vom Vortag, sondern auch sozial benachteiligten Menschen eine zweite Chance.

In vielen Fällen landen Brote und Gebäck vom Vortag im Müll oder der Biogasanlage. Das an 175 Standorten tätige Familienunternehmen Junge Die Bäckerei. verkauft diese in zwei eigenständigen BrotRetter-Läden zu günstigeren Preisen. Das Besondere: Im Laden arbeiten ehemalige Obdachlose. Partner des Projekts sind die Lübecker Vorwerker Diakonie und das Obdachlosen-Magazin Hinz+Kunzt aus Hamburg. Sie kümmern sich um die Menschen in Notsituation, geben ihnen nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern auch Halt. Die BrotRetter erhalten einen festen Arbeitsvertrag und so die Chance auf einen Weg zurück ins normale Leben. Überschüsse aus dem BrotRetter-Geschäft kommen ausschließlich den Partnern zugute. Zugleich reduziert Junge mit jedem so verkauften Brot die Ware, die vorher an die Tierfutterverwertung gegangen wäre.

Als Unternehmen stellt Junge die Immobilie, die Einrichtung, die Ausstattung, die Ware und die frischen Zutaten für – zum Beispiel – Snacks sowie das Vertriebs-Know-how. Ebenso übernimmt die Bäckerei das Training und den überwiegenden Teil des Personals und die Bezahlung und Bekleidung der Mitarbeiter von Hinz+Kunzt und der Vorwerker Diakonie – pro Geschäft ein mittlerer fünfstelliger Betrag.

Vom Projekt profitieren dabei nicht nur die Bedürftigen. Kunden, die preisgünstig einkaufen können oder müssen, finden bei den BrotRettern ein entsprechendes Angebot, ebenso Kunden, die etwas Gutes tun möchten.

Projektbeschreibung Knödelkult

Jedes Jahr werden unzählige Tonnen Brot weggeworfen. Nicht weil es schlecht ist, sondern weil es den Ansprüchen der Verbraucher nicht mehr genügt. Knödelkult macht aus gerettetem Brot, das von Bäckereien nicht verkauft werden konnte, Knödel im Glas. Das Brot kauft das aus vier Gründern bestehende Team den Bäckereien gegen einen kleinen Betrag je Kilogramm ab. Dieser Betrag ist jedoch nicht so hoch, dass er die Bäckereien zu einer achtlosen Überproduktion verleitet. Aus dem alten Brot entsteht ein eigenständiges und lang haltbares Lebensmittel, das schnell und einfach zubereitet ist. In jedem Knödelglas zu 350 Gramm stecken etwa 250 Gramm gerettetes Brot. Allein durch die ersten 3’000 bestellten Gläser konnte Knödelkult eine Tonne Brot vor dem Wegwerfen bewahren.

Darüber hinaus lädt das Team mit einfachen, aber kreativen Rezepten zum «Selberknödeln» ein, damit auch zu Hause weniger Brot weggeworfen, sondern weiterverarbeitet wird. Die Rezepte zum «Do-it-yourself-Knödel» werden mit den Bestellungen versendet und online veröffentlicht.

Die Idee zu Knödelkult entstand im April 2016. Seither wurden Rezepturen entwickelt und regionale Bäckereien als Partner gewonnen. Eine Crowdfunding-Kampagne lieferte das Startkapital für den Aufbau der Produktion. Für die Zukunft plant das Team weitere Einstellungen in den Bereichen Produktion, Logistik und Marketing.

Weitere Projektbeschreibungen

Weitere Projektbeschreibungen, die nicht unbedingt mit Brot und Gebäck zu tun haben, alle auf ihre Weise jedoch sehr interessant sind, gibt es on Line auf zugutfuerdietonne.de (Foto: pixabay.com).

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