Freitag, 26. April 2024
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Einzelhandel: fordert Eindämmung von Steuerbetrug ohne Zusatzbelastung für die Wirtschaft

Berlin. (hde) Die Länder planen, gegen Steuerbetrug durch Manipulationen von Registrierkassen vorzugehen. Besonders der vorgesehene technische Manipulationsschutz ist aus Sicht des Handels problematisch, schreibt Jochen Bohne, Steuerexperte beim Handelsverband Deutschland (HDE).

Dass die Finanzverwaltung gegen Steuerbetrug mit Registrierkassen vorgeht, ist allerdings richtig. Steuerbetrüger verschaffen sich finanzielle Vorteile zulasten des Fiskus und der Steuer-ehrlichen Wettbewerber. Allerdings wenden wir uns dagegen, dass der erforderliche Kontrollaufwand der Finanzverwaltung in Form unverhältnismäßiger Kassenaufrüstungsverpflichtungen quasi auf die Wirtschaft ausgelagert wird.

Die Umrüstungsmaßnahmen müssten von den Unternehmen bezahlt werden – ob Steuerhinterzieher oder gesetzestreuer Steuerzahler. Für das von den Ländern präferierte Konzept «Insika» erwartet der HDE derzeit Erstinvestitionskosten von etwa 150,00 bis 300,00 Euro pro Kasse. Für den Einzelhandel mit seinen mehr als eine Million Kassen bedeutet das einen Investitionsaufwand von 150 bis 300 Millionen Euro. Darüber hinaus rechnet der HDE mit einem laufenden jährlichen Aufwand. Dieser kann in sehr vielen Fällen rund 200 Euro pro Kasse betragen. Kleine Händler, die Kassen einfacher Bauart einsetzen, werden vor dem Problem stehen, dass für ihre Kassen eine Aufrüstung technisch nicht möglich oder unwirtschaftlich ist.

Die vom Finanzministerium Nordrhein-Westfalen genannten Steuermindereinnahmen durch Kassenmanipulationen von fünf bis zehn Milliarden Euro pro Jahr beruhten auf keiner fundierten Schätzung, schreibt der HDE. Zugrunde gelegt wurde, dass durchschnittlich über alle barintensiven Branchen 25 Prozent der Umsätze unterschlagen werden. Dabei berufe sich das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen auf eine Studie der kanadischen Provinz Quebec. Allerdings gingen die Steuerbehörden in Quebec selbst nur von durchschnittlich 16 Prozent Umsatzverkürzung aus. Zudem betreffe die Studie den Gastronomiesektor und sei nicht ohne weiteres auf den Handel übertragbar. Der Handel besteht zu einem Großteil aus Unternehmen, die keine Anfälligkeit für betrügerische Erlösverkürzung aufweisen – sei es wegen des Eigeninteresses des handelnden Personals an hohen Umsätzen oder wegen der aus betrieblichen Gründen erforderlichen professionalisierten Kassen- und Warenwirtschaftssysteme.

Abgesehen von der «Fragwürdigkeit der Methodik» suggerierten die von Nordrhein-Westfalen genannten Steuerausfälle, man brauche nur einen technischen Manipulationsschutz und der Fiskus könne sich über milliardenschwere Mehreinnahmen freuen. Dem sei aber nicht so. Ein Manipulationsschutz schaffe das Problem der Steuerhinterziehung im Barzahlungsbereich nicht aus der Welt.

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