Samstag, 27. Juli 2024
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EU-Öko-Verordnung: Neue Beschlüsse bergen Risiken

Berlin. (boelw) Als unterm Strich enttäuschend beurteilt Felix Prinz zu Löwenstein, Vorstandsvorsitzender des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), die neue, vom EU-Agrarministerrat beschlossene EU-Öko-Verordnung: «Nach anderthalb Jahren zäher Verhandlungen wurden nur wenige Verbesserungen erreicht, dafür enthält die neue Verordnung ein paar schwerwiegende Fehler», sagt Löwenstein. Er greift besonders die Regelung an, nach der bei Nichtverfügbarkeit in Bio-Qualität chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und Stoffe, die mit Hilfe von gentechnisch veränderten Organismen hergestellt wurden, eingesetzt werden dürfen. «Der Verzicht auf solche Stoffe bildet einen Grundpfeiler der ökologischen Lebensmittelwirtschaft. Sollte es eines Tages tatsächlich zur Aufnahme solcher Stoffe in die Anhänge der Vorordnung kommen, wäre nur noch Verbandsware, die solche Ausnahmeregelungen weiter kategorisch ausschließt, ein Garant für echte Bio-Qualität. Die im BÖLW organisierten Verbände werden ihre strengen Richtlinien konsequent weiter entwickeln».

Positiv wertet der BÖLW, dass künftig auch Fischzucht und die Weinherstellung mit der Verordnung geregelt werden. Bei Öko-Wein war bislang nur die Verwendung von Öko-Trauben vorgeschrieben, ohne dass der Keltereiprozess geregelt war. Die Außer-Haus-Verpflegung findet stärker als bisher Berücksichtigung.

Allerdings könne die neue Öko-Verordnung erst dann abschließend beurteilt werden, wenn die dazugehörigen Durchführungsbestimmungen erlassen sind. Auf deren Ausgestaltung müsse deshalb jetzt besonderes Augenmerk gelenkt werden.

Die Debatte über einen eigenen Grenzwert für Bio-Produkte bei gentechnischen Verunreinigungen führt nach Löwenstein am Kern der Problematik vorbei: «Es geht ohnehin nicht darum, durch einen Sondergrenzwert die Schäfchen des Ökolandbaus ins Trockene zu bringen. Der Anspruch, weiterhin und auf Dauer ohne Gentechnik wirtschaften zu können, muss für die gesamte Landwirtschaft gelten».

Der eigentliche Skandal bestehe darin, dass die Bundesregierung den Kennzeichnungs-Grenzwert von 0,9 Prozent missbrauchen wolle. Dieser sei nur für den Fall gedacht, dass es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zu Kontaminationen kommt. Bundesminister Seehofer aber wolle ihn zu einer allgemeinen Verschmutzungslizenz und zu einem Ausschlusswert für die Haftung der Verschmutzer machen. «Dagegen werden wir uns mit allen Kräften wehren, denn dadurch würde das Ende der Wahlfreiheit für Verbraucher und Landwirte eingeläutet», befürchtet der BÖLW-Vorstandsvorsitzende.