Bonn. (fei) Enzyme werden bei der Herstellung von zahlreichen Lebensmitteln eingesetzt: Sie ermöglichen die Dicklegung von Milch für die Käseherstellung, klären Fruchtsäfte und sorgen bei Brot und Brötchen für eine stabile Kruste, gute Teigeigenschaften und eine längere Frischhaltung. Bei Broten beruhen diese Wirkungen auf dem erhöhten Anteil an oberflächenaktiven Lipiden, die durch Lipasen freigesetzt werden. Ist jedoch Butter in der Rezeptur enthalten – wie bei Rühr- und Sandkuchen sowie einer Vielzahl von weiteren Feinen Backwaren – können Lipasen kurzkettige Fettsäuren wie Buttersäure freisetzen, die ein ranziges Fehlaroma hervorrufen, berichtet der Forschungskreis der Ernährungsindustrie (FEI) und leitet damit sein «Thema des Monats» ein, denn: Was nicht ist, kann ja noch werden.
Oder anders formuliert: Der Einsatz von Backlipasen bei der Herstellung von Feinen Backwaren ist aus vorgenanntem Grund bislang nicht möglich. Wünschenswert wäre dies jedoch, um eine hohe Produktqualität sicherzustellen – und zwar ohne den Einsatz von Zusatzstoffen wie Emulgatoren, die bislang zumeist verwendet werden und mit den entsprechenden E-Nummern deklariert werden müssen. Da Enzyme durch das Backen inaktiviert werden und somit keine technologische Funktion mehr erfüllen, erfüllen sie die Kriterien für Clean-Label-Produkte und müssen als Verarbeitungshilfsstoffe im Zutatenverzeichnis nicht aufgeführt werden.
Wie bei der Herstellung von Feinen Backwaren die positiven Eigenschaften von Backlipasen hinsichtlich Teigstabilität sowie Volumen, Textur und Frischhaltung des Produkts genutzt und zugleich Fehlaromen minimiert werden können, steht im Fokus eines Projekts der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) des FEI: Ein Forschungsteam am Karlsruher Institut für Technologie will gezielt solche Lipasen identifizieren, die über die geforderten Eigenschaften verfügen. Die Forschungsarbeiten umfassen dabei Backversuche mit verschiedenen Lipasen, rheologische Untersuchungen sowie Sensomics- sowie Lipidomics-Analysen der Backwaren.
Mit den erwarteten Ergebnissen wird bei Feinen Backwaren die Herstellung von hochwertigen Clean-Label-Produkten ermöglicht. Zudem können durch den Einsatz von Backlipasen auch fettärmere Produkte ohne Verlust der Geschmacks- und Textureigenschaften hergestellt werden – ganz im Sinne der Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie der Bundesregierung.
In handwerklichen Betrieben sowie in der Industrie wurden laut statista.com im Jahr 2019 knapp 760.000 Tonnen Feine Backwaren mit einem Wert von über zwei Milliarden Euro produziert. Um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, sind vor allem kleine und mittelständische Unternehmen auf Forschungsergebnisse aus der IGF angewiesen, da sie selbst über keine eigenen Ressourcen für Forschungsaktivitäten verfügen. Durch die Erweiterung der Einsatzmöglichkeiten von Lipasen sind auch steigende Umsätze für die Biotechnologie-Branche zu erwarten, die in Deutschland zu den Wachstumsbranchen mit steigenden Beschäftigtenzahlen gehört.
Weitere Informationen zum IGF-Projekt AiF.20771.N «Charakterisierung der Substratspezifitäten von Backlipasen für den Einsatz in Feinen Backwaren» gibt es auf dem FEI-Server(Foto : pixabay.com).
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