Berlin. (bevh) Erstmals hat der E-Commerce allein mit Waren, die an Endverbraucher verkauft werden, in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Jahr 2020 ein konsolidiertes Volumen von mehr als 100 Milliarden Euro inklusive Umsatzsteuer erreicht. Der deutschsprachige E-Commerce setzt damit mehr um als jeder andere Sprachraum in Europa. Pro Kopf wurde in den drei Ländern im Mittel etwa für 1000 Euro im Jahr bestellt – deutlich mehr als zum Beispiel in Frankreich (67 Millionen Einwohner und etwa 46,4 Milliarden Euro vergleichbares E-Commerce-Volumen), aber noch erheblich weniger als in England (82,6 Milliarden Euro Marktvolumen, etwa 1233 Euro pro Kopf und Jahr). Zusammen bringen es die deutschsprachigen Märkte auf ein Viertel des E-Commerce-Warenumsatzes in den USA.
Prozentuales Wachstum in der Schweiz besonders stark
Prozentual am Stärksten fiel das Wachstum 2020 in der Schweiz mit einem Sprung um 27,9 Prozent aus, gefolgt von Österreich (+17,4 Prozent) und Deutschland (+14,6 Prozent). Der Anteil des E-Commerce am Einzelhandel steigt in allen drei Märkten weiterhin konstant an.
Dabei unterscheiden sich Deutschland, Österreich und die Schweiz im Einkaufsverhalten durchaus. Um die Unterschiede in den Ländern darzustellen, haben die Branchenverbände Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh), Handelsverband – Verband österreichischer Handelsunternehmen sowie Verband des Handelsverband.swiss die Zahlen verglichen.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher in der Schweiz kauften in 2020 Waren für 13,1 Milliarden CHF (umgerechnet 11,84 Milliarden Euro, +27.2 Prozent) online ein. Die Onlineeinkäufe haben sich somit innerhalb von sechs Jahren verdoppelt. Die Branche in Österreich konnte im Vorjahr erstmals mehr als 8,5 Milliarden Euro im E-Commerce erwirtschaften. Der über mobile Endgeräte generierte Umsatz hat sich um mehr als 50 Prozent erhöht – mehr als in Deutschland, wo das Volumen nur um 11,1 Prozent stieg. Allerdings liegt der Anteil des Mobile Commerce am gesamten E-Commerce-Umsatz hierzulande mehr als doppelt so hoch wie in Österreich. In Deutschland liegen die Online-Umsätze mit Waren für 2020 bei 83,3 Milliarden Euro. Dies ergibt einen prozentualen Anstieg von 14,6 Prozent gegenüber dem Jahr 2019.
E-Food große Chance, mit Regionalität zu überzeugen
Obwohl während der gesamten Corona-Krise in allen drei Ländern der Lebensmittelhandel nie geschlossen hatte, legte dieser im Onlinehandel überall prozentual am stärksten zu. Doch noch immer ist der E-Food-Sektor nirgends stärker als in der Schweiz: Mit 1,5 Milliarden Euro liegt er zwar deutlich unter dem deutschen Lebensmittel-Onlinehandel (2,3 Milliarden Euro, +43,75 Prozent). Aber bei annähernd vergleichbarer Bevölkerungsgröße ist er mehr als doppelt so hoch wie in Österreich (693 Millionen Euro, +20,9 Prozent). Pro Kopf gab jeder Deutsche wiederum nicht einmal 33 Euro für Lebensmittel im Internet aus (insgesamt 2,7 Milliarden Euro, +67 Prozent). In der Schweiz waren es mehr als 175 Euro, in Österreich immerhin mehr als 78 Euro.
«Der Onlinehandel hat 2020 in der Schweiz einen Dreijahressprung gemacht. Wir sind positiv beeindruckt wie Händler als auch die nachgelagerte Zustellung über Monate solche Leistungen auf hohem Niveau erbringen konnte. Selbst während der Weihnachtszeit hat alles fast perfekt funktioniert. Interessant zu beobachten war, dass insbesondere Omni-Channel Anbieter in den Schliessungsphasen Wachstumsquoten von Faktor 5 bis 10 absorbieren konnten», sagt Patrick Kessler, Geschäftsführer des Handelsverband.swiss.
Rainer Will, Geschäftsführer des österreichischen Handelsverbands: «Der Onlinehandel ist im Corona-Jahr 2020 in Österreich mit 17,4 Prozent so stark gewachsen wie nie zuvor. Damit hat die Pandemie den E-Commerce hierzulande noch weit stärker befeuert als in Deutschland. Mittlerweile shoppen alle Altersklassen im Internet und das wird auch nach Covid so bleiben. Der Trend zum regionalen Einkauf hält ebenfalls an – eine große Chance für die Webshops der DACH-Region, mit europäischer Qualität zu überzeugen.»
Die Gründe für das Wachstum on Line sind vielfältig
Während in Deutschland das Fashion-Segment trotz der anfänglichen Schwäche seinen Abstand auf die ehemals führende Haus- und Heimelektronik (Braune und Weiße Ware sowie Telekommunikation) ausbauen konnte, ist in der Schweiz genau der gegenteilige Effekt eingetreten. Erneut wurde in der Schweiz online deutlich mehr in der Kategorie Heimelektronik bestellt. Ein Umsatzvolumen von über 3 Milliarden CHF (+48 Prozent) macht diesen Bereich umsatzmässig zum beliebtesten Onlinehandels-Sortiment. In Deutschland erreichten die entsprechenden Sortimente ein konsolidiertes Volumen von 20,5 Milliarden Euro, 12,6 Prozent mehr als vor Jahresfrist. Bekleidung und Schuhe hingegen wurden in der Schweiz für 2,5 Milliarden CHF (+15 Prozent) online eingekauft. Die deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher haben online in 2020 für 21,2 Mrd Euro (+13,2 Prozent) Bekleidung und Schuhe gekauft.
Die großen Online-Pure-Player haben in der Schweiz auf hohem Niveau weiterhin hohe Wachstumsquoten von bis zu 50 Prozent erzielen können. In Deutschland wurde fast jeder zweite umgesetzte Euro in 2020 auf Onlinemarktplätzen und Plattformen getätigt. Hinter dem mit mehr als 20 Prozent besonders ausgeprägten Wachstum dieser Kategorie verbirgt sich ein Zuwachs an großen und kleinen Händlern. Dabei spielten auch Marktplätze wie Amazon, Mercateo, otto.de oder Zalando eine wichtige Rolle, indem sie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) den Einstieg in den Online-Handel erleichterten.
E-Commerce ist der Motor für den Handel
«Diese beeindruckenden DACH-Zahlen zeigen, dass – bei allen regionalen Unterschieden im Detail – E-Commerce überall der Motor für den Handel ist. Noch gar nicht enthalten sind hier zahlreiche online eingekaufte Dienstleistungen wie etwa Reisen oder Events; ebensowenig der viel größere E-Commerce zwischen Unternehmen. Die daraus resultierenden Chancen für die Wertschöpfung und das Wirtschaftswachstum gilt es vielfach noch zu heben, wie auch unsere jüngste Studie zur Bedeutung des E-Commerce für die deutsche Wirtschaft gezeigt hat», sagt Christoph Wenk-Fischer, Hauptgeschäftsführer des bevh.
Methodologischer Hinweis
Die Zahlen gründen auf Verbraucher- und Firmenbefragungen in den drei Ländern und wurden abgestimmt zusammengeführt, so dass nun sowohl ein direkter Ländervergleich als auch eine Betrachtung der gesamten Region möglich ist. Da die Werte auf Verbraucherwerten basieren, handelt es sich um Bruttowerte. Die Schweiz hat mit 8 Prozent einen deutlich niedrigeren Mehrwertsteuersatz als Deutschland (19 Prozent) und Österreich (20 Prozent), was sich im Gesamtvolumen widerspiegelt. Vergleichwerte für England, Frankreich und die USA wurden aufgrund der Darstellungen von ecommercedb.com errechnet (Foto: pixabay.com).
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