Offenburg. (eb) Große Aufregung im Südwesten: Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Landesbezirk Südwest, sorgt sich um die Zukunft der K+U Bäckerei GmbH. Das Unternehmen soll nach Informationen des Betriebsrats bis Ende 2023 zerschlagen werden. Gegründet 1919 von Franz Usländer in Freiburg, ist die heutige Bäckerei-Gruppe eine 100-prozentige Tochtergesellschaft von Edeka Südwest mit rund 3.500 Mitarbeitenden. Ebenfalls aufgelöst werden soll nach NGG-Angaben die K+U Tochter Bäckerhaus Ecker im Saarland mit 450 Beschäftigten. Deshalb wollen die Mitarbeitenden verschiedener Betriebe der Gruppe am 21. Februar in Baden-Württemberg und im Saarland auf die Straße gehen.
NGG Südwest malt den Teufel an die Wand
Wer in den letzten Jahren aufmerksam die Nachrichten aus Offenburg verfolgte, wird sich fragen, ob das Sinn macht. Ob das groß angekündigte Tamtam nicht vielleicht sogar kontraproduktiv ist. Jedenfalls ist es schade, wenn die NGG Südwest den Teufel an die Wand malt und ihr Landesbezirksvorsitzender Uwe Hildebrandt sagt: «Edeka Südwest ist drauf und dran, K+U und Bäckerhaus Ecker zu zerlegen. Die Filialen sollen den jeweiligen Edeka-Einzelhändlern zur Übernahme angeboten oder geschlossen werden. Das ist das Gegenteil von sozialer und unternehmerischer Verantwortung. Für die Beschäftigten droht eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, denn viele Einzelhändler sind weder tarifgebunden, noch haben sie einen Betriebsrat. Auch für die vier Produktionsbetriebe der Bäckerbub GmbH befürchten wir Auswirkungen, wenn die Verknüpfung von Produktion und Verkauf entfällt. Wir fordern Edeka Südwest auf, von diesen Plänen Abstand zu nehmen. Es ist ein wirtschaftlicher Irrweg. Das zeigt auch das Schicksal der Edeka-Tochter Schäfer Brot in Norddeutschland, die im Jahre 2013 bereits abgewickelt wurde.»
NGG Südwest stellt Fakten nicht korrekt dar
So lässt sich der NGG-Mann Hildebrandt zitieren. Vielleicht fürchtet er um den gewerkschaftlichen Einfluss. Das sollte ihn aber nicht dazu veranlassen, Fakten zu verdrehen und tatsächliche Entwicklungen derart stark zu verkürzen, dass sie missverstanden werden müssen. Zugunsten des Landesbezirksvorsitzenden der NGG Südwest gehen wir davon aus, dass ihm dieses Missverständnis versehentlich passiert ist. Dass er seine «Irrweg-Theorie» vielleicht noch mal überdenkt und gelegentlich richtig stellt.
Apropos «Schicksal» von Schäfer’s …
Der NGG-Mann aus Stuttgart sollte wissen, dass die Schäfer’s Brot- und Kuchenspezialitäten GmbH mit ihren aktuell fünf Betriebsstätten zu den stärksten Produktionsgesellschaften im Edeka-Verbund zählt. Angesiedelt unter dem Dach von Edeka Minden-Hannover zählt die traditionsreiche Großbäckerei eigenen Angaben zufolge 2.800 Mitarbeitende und 750 Filialen. Aus dem Geschäftsbericht 2020 der Edeka Minden-Hannover geht hervor, dass sich die Backshops und Bedientheken gut machen. Alles in allem betrug die Entwicklung der Backwaren in Bedienung im Konzern auf vergleichbarer Fläche plus 5,8 Prozent und liegen damit über dem Branchenschnitt. In diesem Umfeld entwickelte sich Schäfer’s Brot- und Kuchenspezialitäten marktkonform. Der Gesamtumsatz erhöhte sich 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 9,3 Prozent auf 178 Millionen Euro. Soviel zur «Edeka-Tochter Schäfer Brot in Norddeutschland», die nicht so sehr vom Schicksal gebeutelt scheint, wie es der NGG-Mann Hildebrandt darstellt. Im Gegenteil: Seit der Umstrukturierung 2012 hat sich die Produktionsgesellschaft zu einem profitablen Unternehmen mit besten Zukunftsaussichten gewandelt. Von der K+U Bäckerei GmbH wissen wir hingegen nur (Stand 11/2018), dass sie per Anno zwar um die 200 Millionen Euro umsetzt, andererseits aber Jahr für Jahr Verluste anhäuft.
Eine tiefgreifende Modernisierung ist längst überfällig
Ohne nennenswerte Kollateralschäden hat die Großbäckerei Schäfer’s in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Transformation hingelegt. Ausführlich nachzulesen ist das im Bericht «K+U Bäckerei: Eine tiefgreifende Modernisierung kündigt sich an» von November 2018. Jedenfalls schien uns eine Kurskorrektur innerhalb der K+U-Gruppe schon vor 27 Monaten unumgänglich. Wörtlich heißt es dort auch: «Ein Umbau der Bäckerei-Gruppe, ähnlich wie in Minden-Hannover erfolgreich vollzogen, ist für den Südwesten wahrscheinlich. Mit Blick auf die Zukunft auch wünschenswert.» Es geht nämlich nicht nur darum, dass ein Unternehmen gewinnbringend arbeiten muss, um sich selbst und seine Strukturen finanzieren zu können. Es geht auch um den Erhalt von vielen Arbeitsplätzen, mit denen noch mehr Existenzen verknüpft sind. Daran sollte auch die NGG Südwest denken (Foto: Edeka Verbund).
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