Bonn. (bzfe) Prinz Charles engagiert sich dafür und die niederländische Königin Maxima, Forschungseinrichtungen, Wirtschaftsprüfer und die Vereinten Nationen. Sie alle interessiert die Frage: «Was kosten unsere Lebensmittel wirklich, wenn man alles zusammenrechnet, auch die Auswirkungen auf Umwelt- und Gesundheit?» Solche Berechnungen sind komplex und die Ergebnisse können nur Abschätzungen sein. Sie werden jedoch immer genauer, weil sich mehr und mehr Forschungsgruppen damit beschäftigen, weiß das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) in Bonn.
Sicher ist: Unsere Lebensmittel sind in Wahrheit viel teurer, als das Preisschild vermuten lässt. Verbrauchende (m/w/d) bezahlen ihre Lebensmittel sogar zweimal, fand ein britisches Gutachten heraus: Einmal an der Ladentheke und ein zweites Mal indirekt, auf Wegen, von denen sie überhaupt nichts ahnen. Das sind zum Beispiel Gesundheitsschäden durch Stickoxide, der Verlust der Artenvielfalt, das Insektensterben, Grundwasserbelastung oder Klimawandel. «Diese Kosten stehen nicht auf dem Preisschild», heißt es in dem Gutachten «The Hidden Cost of UK Food», oder: «Die versteckten Kosten der britischen Lebensmittel». Es wurde vom Sustainable Food Trust in Auftrag gegeben, einer Stiftung, die sich für ein nachhaltiges globales Ernährungssystem einsetzt.
Was ist das Problem, wenn die wahren Kosten nicht sichtbar sind? Sie scheinen günstiger, als sie eigentlich sind. Wir kaufen automatisch mehr davon. So kommt es, dass immer mehr Lebensmittel produziert werden, die uns in Wahrheit teuer zu stehen kommen. Volkswirte sprechen in diesem Fall von Preis- und Marktverzerrungen.
Der «True-Cost Ansatz» wird auch von großen Konzernen befürwortet. So sagte Duncan Pollard, verantwortlich für Nachhaltigkeit bei Nestlé, bei der Veröffentlichung des britischen Berichts: «Die Einführung einer wahren Kostenberechnung in die Landwirtschaftspolitik könnte Unternehmen helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen, um die Wirkungen ihres Handelns zu bewerten und auch zu steuern.» Auch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften wie Deloitte, Ernst + Young, KPMG und Pricewaterhouse Coopers arbeiten an dem Thema. Sie haben festgestellt, dass eine Unternehmensbilanz nicht vollständig ist, wenn sie gesellschaftliche und ökologische Schäden ausblendet.
Sicher ist auch: Die Landwirtschaft allein kann die Transformation zu einem nachhaltigen Ernährungs- und Landwirtschaftssystem nicht bewältigen. «Es mag so wirken, als ob wir die Lebensmittelproduzenten kritisieren. So sollte dieser Bericht aber nicht verstanden werden», schreibt Patrick Holden, der Geschäftsführer des Sustainable Food Trust. «Das Lebensmittelsystem besteht aus Politikern, Gesetzgebern, Landwirten, Zulieferunternehmen, Wissenschaftlern, Pädagogen, Importeuren, Exporteuren, Professoren, Händlern und der Öffentlichkeit, sowohl Verbrauchern als auch Bürgern. Jeder kann mit seinem Finger auf den anderen zeigen, aber in Wahrheit sind wir alle schuldig.» Die Empfehlungen der Verfasser richten sich daher an alle gesellschaftlichen Aktiven. «Es gab schon viele landwirtschaftliche Revolutionen in den letzten 10.000 Jahren der Menschheitsgeschichte. Wir könnten uns inmitten einer neuen befinden und es könnte die wichtigste sein», schreibt Professor Jules Pretty, University of Essex, im Vorwort der britischen Studie.
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