Freitag, 17. Mai 2024
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ZDH: Ausweitung der Tachographenpflicht ist herber Schlag

Berlin. (zdh) Am 04. Juni hat der Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments die Ausdehnung der Pflicht zum Einbau eines digitalen Tachographen auf Fahrzeuge zwischen 2,4 und 3,5 Tonnen beschlossen. Dazu erklärt Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH):

«Die Ausdehnung der Pflicht zum Einbau eines digitalen Tachographen auch auf Fahrzeuge zwischen 2,4 und 3,5 Tonnen ist ein herber Schlag für kleine und mittlere Handwerksbetriebe. Diese Entscheidung bedeutet für unsere Betriebe zusätzliche bürokratische Belastungen und konkrete Einschränkungen in ihrer Mobilität. Die EU-Abgeordneten sollten mehr Sinn für die Realität und betriebliche Notwendigkeiten von Handwerksbetrieben beweisen».

Wenn Europa es ernst meine mit seinem Versprechen, für weniger Bürokratie und mehr Bürgernähe zu sorgen, müsse das Abstimmungsergebnis im Plenum korrigiert werden. Denn mit dem Beschluss vom 04. Juni sei die Politik im wahrsten Sinne über den Wirtschaftsbereich hinausgeschossen, auf den die Regulierung zielt. Schwannecke: «Wenn die Politik den Güter- und Personenferntransport besser kontrollieren will, müssen die Regulierungen dann auch von Anfang an gezielt auf diese Branche beschränkt werden und nicht andere Wirtschaftsbereiche belasten».

Das deutsche Handwerk erkenne die Notwendigkeit der Regulierung und Kontrolle von Lenk- und Ruhezeiten im Personen- und Güterfernverkehr zum Schutz der dort beschäftigten Berufskraftfahrer und anderer Verkehrsteilnehmer ausdrücklich an. Deshalb sei es natürlich richtig, Spediteure und andere Logistikunternehmen zum Einbau digitaler Tachographen zu verpflichten. Völlig inakzeptabel aber ist laut Schwannecke, dass solche Regelungen dann auch andere Branchen massiv belasten.

«Im Handwerk stellt sich die Situation ganz anders dar als im Transportgewerbe. Um zu einer Baustelle zu gelangen oder die Brötchen an Backfilialen und Geschäfte auszuliefern, werden keine Berufsfahrer eingestellt, sondern die Handwerker setzen sich selbst hinters Steuer. Sie fahren also direkt zum Ausführungsort und erledigen dort den Auftrag – die Lenkzeiten spielen dabei eine völlig untergeordnete Rolle. Diese Dachdecker, Bäcker und Tischler wollen die Europaabgeordneten mit ihrer Entscheidung genauso wie Berufskraftfahrer im Fernverkehr behandeln, indem sie die Tachographenpflicht auf Fahrzeuge ab 2,4 Tonnen ausdehnen wollen».

Zwar soll jetzt in Reaktion auf die Kritik des Handwerks nach dem Vorschlag des Verkehrsausschusses die Geltung der Tachographenpflicht im unteren Gewichtsbereich auf Internationale Transporte beschränkt werden. Aber gerade in den Grenzgebieten nach Dänemark, Belgien, den Niederlanden, der Schweiz und Österreich gehört grenzüberschreitende Tätigkeit auch im Handwerk zur normalen beruflichen Praxis in einem zusammenwachsenden Europa, womit sie nach aktueller Bewertung von den Änderungen betroffen wären. Aus Sicht des Handwerks wäre mit der vorgeschlagenen Änderung zudem nur der erste Schritt zu späteren weiteren Ausweitungen auch auf innerstaatliche Transportvorgänge im unteren Gewichtsbereich getan.

Dann wären allein in Deutschland in diesem Gewichtsbereich potenziell rund 2,5 Millionen zusätzliche Fahrzeuge betroffen. Viele davon sind im Handwerk und ähnlichen Branchen außerhalb des Fernverkehrs unterwegs. Für einen Betrieb fallen damit erhebliche Kosten an: Ausgaben von rund 1.500 Euro für den Einbau eines Tachographen, die Anschaffung von Kontrollkarten für das Unternehmen und seine Mitarbeiter, der Kauf von Software zur Datenverwaltung sowie regelmäßige Wartungs- und Auslesungspflichten.

Zwar soll die bisherige Handwerkerausnahme innerhalb eines Radius von 100 Kilometern bleiben. Allerdings muss hier jeweils im Einzelfall geprüft werden, ob die komplexe Handwerkerausnahme tatsächlich angewendet werden kann. Nach den bisher gemachten langjährigen Erfahrungen gibt es stets eine große Anzahl von Konstellationen im Betriebsalltag, die nicht unter die Ausnahme fallen. Auch diese Rechtsunsicherheit sei nicht zu akzeptieren, schreibt der ZDH.